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  Es war einmal der grösste und glaubwürdigste «Gastro-Führer» Guide Michelin. Dieser beerdigt derzeit seine Glaubwürdigkeit – nicht nur mir der Herabstufung von Paul Bocuse und seinem Werk - Brodmann schnauzt

 

Das Restaurant l’Auberge du Pont de Collonges bei Lyon von Paul Bocuse ist eine Institution. Guide Michelin war eine Institution, bis der Verlag das Restaurant von Bocuse entwertete.

 

Zu Lebzeiten von Bocuse wurden dessen Bewertung nicht angetastet. Zu gross war das Risiko einen gehörigen Reputationsschaden zu erleiden, denn Bocuse war mächtiger als alle Gastroführer zusammen. Jetzt, nach dessen Tod, glauben sich die selbstgerechten Bewertungsfürsten in Sicherheit und stufen das Restaurant herunter, ohne dass sich die Leistung, die während der letzten 55 Jahren erbracht wurde, verändert hätte. Im Gegenteil, es gibt kaum ein Restaurant, dass die Leistung über Jahrzehnte derart konstant auf dem gleichen Niveau hält.

Was man hätte tun können, wäre einfach gewesen. Der Guide Michelin hätte die l’Auberge du Pont de Collonges ganz aus der Bewertung herausnehmen und als Instituion einstufen und als «Fenster für den Blick zurück» einordnen können. Das ist es nämlich tatsächlich. Wer dort isst, erlebt die Geschmäcker von «anno dazumals» und das wäre als kulinairsch-historisches Erbe von grosser Bedeutung. Das wäre ein einfaches gewesen, es hätte nichts gekostet und alle hätten gewonnen. Hätten, wären, könnten.

Bedauerlicherweise ist der einst grosse Verlag unter Führung von Mutlosen zur Bedeutungslosigkeit verkümmert. Das demonstrierte der Guide Michelin letztes Jahr unter anderem mit der Herunterstufung vom Mark Haeberlin von der Auberge de l’Ill. Die Giftspritze hat sich der Verlag aber selbst intravenös gesetzt – nämlich mit der Partnerschaft zu TripAdvisor und TheFork, der vorher das Tischreservationssystem Bookatable übernommen hat.

Das geschah Ende 2019 und es ist ein Signal: Mit dieser Beziehung zu Tripadvisor tauscht der Guide Michelin seine eigenständige Urteilsfähigkeit  - mindestens teilweise - gegen die Meinung des «Pöbels» aus. Und mit dem Interesse an einem Reservationssystem entsteht im Mindesten der Verdacht, aus den durch Kritiken verursachten Gästeströmungen Kapital zu schlagen. Letzteres ist so ziemlich das Verwerftlichste, was unabhängige Kritiker tun können.

Schade um den Guide Michelin. 

Link: daspaulimagazin.ch