Der Flussbarsch wird im Schweizer Jargon Egli genannt und heisst am Bodensee Kretzer. Der beliebte Speisefisch ist, um das vorneweg zu nehmen, laut der Weltnaturschutzunion IUCN nicht gefährdet. Es sind im Frühling und Sommer Schonzeiten die zu beachten, aber ansonsten darf der Egli das ganze Jahr gefangen werden. Das Problem dabei: Im Winter bei kalten Temperaturen setzt sich der Egli auf den Boden und wartet, ohne zu fressen. Erst ab Ende Februar, Anfang März steigt er für die Laichablage langsam auf. Und erst danach beginnt er wieder zu fressen.

Woher der Begriff im Zusammenhang mit dem Flussbarsch kommt, ist schwerlich nachvollziehbar. Nach dem Namensforschungsportal.de kommt Kretzer aus dem Mittelhochdeutschen und meint den Abgang und Abfall bei der Metallbearbeitung, z.B. die Schlacke im Schmelzofen oder der Esse. Dem Fisch näher kommt das ebenfalls aus dem Mittelhochdeutschen verwendete kretzen für Kratzen. Die Stacheln der Rückenflosse des kleinen Kerls und die Schuppen sind wahrlich stachelig. Das könnte passen.

Mit Kretzer wird am Bodensee allerdingst nicht nur der Fisch als solches bezeichnet, sondern auch die Zubereitungsart: am Stück schwimmend gebacken bzw. Frittieren im Öl.

Früher gab es rund um den Bodensee mehr als die heute gegen 130 patentieren Berufsfischer. Vor allem gab es, wie früher üblich, keinen Abfall, alles wurde verwertet, auch die kleinen Fisch, die sich vermutlich auf dem Markt weniger gut verkaufen liessen. Eine der Möglichkeiten für die (zu) kleinen Flussbarsche: Am Stück frittieren. Dabei werden nicht nur Haut und Fleisch knusprig, sondern auch Kopf, Gräten und Schwanz. Der «Nichtkenner» ahnt es spätestens jetzt: Die Einheimischen bzw. die Alten am Bodensee essen den Frittierten Egli von Kopf bis Schwanz – das ist eine ausgesprochen knusprige Sache. Die lästigen Gräten werden so also zur Spezialität.

Viele Gastronomen, die auf der Karte deklarieren, die Egli Filets stammten aus der Schweiz, müssen sich an der Nase nehmen. So viel Schweizer Egli wie auf den Speisekarten erscheinen, kann es in der Schweiz gar nicht geben. Da die Fischindustrie und der Engros-Handel vom Egli lediglich die Filets importieren, wird der im Ganzen frittiert Kretzer also ganz einfach zu einem wahrlichen Zeichen des Lokalen Fangs.

Das Frittieren am Stück ist nicht auf den Bodensee begrenzt. Das kennt man auch am Neuenburgersee (Perchettes) oder dem Genfersee (Perchots)

Es gibt übrigens keinen Grund, importierte Eglis nicht zu verwenden. Sie sind genauso gut und bei Fischen bedeutet das Tiefkühlen nicht automatisch eine Qualitätsminderung. Die Flussbarsche aus lokaler Fischerei, machen auch mehr oder weniger zehn Prozent des Egli-Verbrauches aus. Der Marktbedarf könnte also den Markt nie und nimmer aus einheimischen Gewässern gedeckt werden

Zu hohe Sauberkeit der Schweizer Gewässer bedeutet gleichzeitig auch ein Rückgang der Nährstoffe – die Fische bleiben in der Folge klein. Es ist immer wieder die Diskussion bzw. die Forderung der Berufsfischer, in den Schweizer Seen die Phosphatwerte steigen zu lassen in dem aus den Abwässern weniger Phosphat herausgefiltert wird. Das würde zu einer vermehrten Planktonbildung, zu mehr Futter und letztendlich zu mehr und grösseren Fischen führen. Aber auch damit könnt der Markt nicht gesättigt werden.

geschuppt und am Stück ausfrittiert

Zuerst einmal das: Der Egli ist ein kleiner Kampfpanzer. Neben den Stacheln verfügt er über ein widerborstiges Kettenhemd aus gut verankerten und elastischen Schuppen, das gilt vor allem für die rund um die Rückenflossen angelegte Schuppen. Wer vom Angler frisch gefangenen Kretzer bekommt oder sogar selber fängt, der Fisch muss zuerst geschuppt werden. Man packt am besten den Schwanz mit einem Tuch an der Schwanzflosse und fährt mit dem Messer von hinten unter die Schuppen. Immer hin und her bewegen, dass die Schuppen fliegen. Das geht übrigens besser, wenn der Fisch noch nicht ausgenommen ist. Wer den Egli vom Berufsfischer bezieht, erhält ihn vermutlich bereits fertig geschuppt.

Die Zubereitung ist einfach. Den Fisch in Milch wenden und abtropfen, dann Salzen und fein bzw. mit wenig Mehl bestäuben, abklopfen. Es braucht keine sonstigen Gewürze, der Fisch schmeckt von alleine. In die 180°C heisse Frittüre legen, goldbraun und knusprig ausbacken. Herausheben und auf einem Küchenpapier abtropfen lassen. Den Fisch allenfalls vor dem Servieren mit einem Pinselstricht leicht gebräunter Butter bestreichen und mit solcher servieren. Oder ebenfalls passend: eine frischem hausgemachte Sauce Tartar, mit Betonung auf frisch und hausgemacht. Abgesehen von Salzkartoffeln passt auch ein Lattich oder Kopfsalat, angemacht mit viel Vinaigrette, die sich auch über den Fisch träufeln lässt.

Last but not least

Wenn Beziehungen zu einem Berufsfischer hat, der die Flussbarsche filetiert und nicht weiss, was er mit den Gräten und Köpfen vom Egli machen soll: Daraus lassen sich hervorragende, feine Fischfonds, Fischhfumets und Suppen zubereiten.