Um die Betriebserlaubnis einer eidgenössischen höheren Fachschule zu erhalten, sind vom Bund klare Bedingungen zu erfüllen. Zwingend gilt es eine repräsentative Trägerschaft nachzuweisen, eine sogenannte OdA (Organisation der Arbeitswelt). Damit sind primär die repräsentativen Branchenverbände gemeint. Für uns unverständlich und nicht nachvollziehbar stehen Hotelleriesuisse und GastroSuisse nicht hinter diesem Projekt – und dies trotz dem allgegenwärtig präsenten Fachkräftemangel.

Obwohl die explizite Unterstützung des Vorhabens durch die „Gilde der etablierten Köche“, den Verband der „Jeunes Restaurateurs“ sowie mehrerer nam- haften Köche der Schweiz nachgewiesen werden konnte, hat eine Beantragung einer HF Kuli- narik beim SBFI unter diesen Umständen keine Chance. Im Nachhinein müssen wir selbstkri- tisch sagen, der berufspolitische Meinungsbildungsprozess wurde unterschätzt.

Die Exponenten von Hotelleriesuisse und Gastrosuisse bezweifeln unter anderem, ob die Nach- frage nach einer HF Kulinarik in der Branche gegeben sei. Unserer Meinung nach, besteht klar ein grosses Bedürfnis. Die Branche ruft nach mehr Fachkräften. Der Markt für ausgewiesene Fachkräfte ist extrem ausgetrocknet. Externe Untersuchungen und Umfragen belegen, dass einer der Gründe weshalb viele Berufsabgänger unsere Branche verlassen, fehlende Karriere- perspektiven sind.

Nicht jeder Koch will eine Hotelfachschule absolvieren oder eine HFP machen, um dann als Hoteldirektor oder Gastronomieleiter nicht mehr seiner Passion, dem Kochen, nachgehen zu können. Ergo, auch in Bezug auf die Fachausbildung und Fachkarriere sollte ein Weg aufgezeigt werden können, was übrigens in anderen Branchen üblich und selbstverständ- lich ist.

Umfragen zeigen klar auf, dass ein grosser Wunsch nach „vermehrten, vertieftem Handwerk“ besteht. Dies bestätigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Und genau die Förderung des Hand- werkes, quasi der „allumfassende Koch“, genau das war eine der Zielsetzungen der höheren Fachschule Kulinarik. Übrigens, weit mehr als 3000 Stunden handwerkliche Weiterbildung wa- ren/sind im Rahmenlehrplan vorgesehen.

Der Rahmenlehrplan ist vom Schweizer Kochverband bereits bis ins Detail erarbeitet. Es wäre schade und dem Handwerk Koch nicht dienlich, dieses Wissen ungenutzt zu lassen. Es gilt nun zu prüfen, in wie weit die Themen dieses Rahmenlehrplanes umgesetzt werden können. So erstellt die Hotel Gastro formation bis im Spätherbst eine Synopse, um zu analysieren, in wel- cher Form die Inhalte verwendet werden können. Die Möglichkeiten einer Berufsprüfung Kuli- narik wird geprüft. Auch kann man sich gut vorstellen, dass der Schweizer Kochverband einen spezifischen Lehrgang zu Themen, welche heute noch nicht abgedeckt werden, anbieten könnte. 

Ist die HF Kulinarik nach den aktuellen Entwicklungen endgültig vom Tisch, kann man sich fragen. Wie bereits erwähnt, der Rahmenlehrplan ist erarbeitet und kann jederzeit aus der Schublade genommen werden um dem SBFI einzureichen. Die Hotel & Gastro Union ist über- zeugt, dass der Kochverband der Zeit voraus ist. Die Branche bräuchte diese Innovation auf dem Bildungsmarkt dringend. Nur eine Sache die man aufgibt ist wirklich verloren. Aus der Geschichte wissen wir, und so lange ist es gar nicht her, «...auch das Frauenstimmrecht brauchte mehrere Anläufe, ...und schlussendlich mussten die Appenzeller noch zu ihrem Glück gezwungen werden...».

Tatsache ist, dass uns das umliegende Ausland längst bezüglich kulinarischen Ausbildungen und Konzepten überholt hat. Für uns ein hervorragendes Beispiel und quasi ein Vorbild der konzi- pierten HF Kulinarik ist das Culinary Center in San Sebastian. Ein klassisches, sehr erfolgreiches PPP (public-private-partnership) Projekt. Wir fordern unsere Partner und Zweifler auf, sich die Zeit zu nehmen das Konzept dieser Institution zu prüfen und ggf. besichtigen.

Die Hotel & Gastro Union setzt sich für den Stellenwert der Berufe unserer Branche ein. Das Nichtrealisieren dieses eidgenössischen Lehrganges ist klar eine verpasste Chance. Schade. 

 

Thomas Nussbaumer

Präsident Schweizer Kochverband 

 

Urs Masshardt

Geschäftsleiter Hotel & Gastro Union