Sicher ist: Hinter dem Begriff Kunstfleisch wartet das grosse Geschäft. Seit drei Jahren prophezeit dies Das Pauli Magazin – die wenigsten hören zu. Damals beim Quorn war es irgendwie dasselbe. Als dieses Produkt, ein durch das Myzel eines Schlauchpilzes im Stahltank fermentierte Traubenzuckerlösung, durch die britische Company «Quorn Foods» Ende der 80er-Jahre zuerst in England und dann in den 90ern in der Schweiz auf den Markt gebracht wurde, glaubte hierzulande noch kein Mensch daran, dass sich diese cholesterinarme Proteinbombe durchsetzen würde.

Heute ist Quorn in der Ernährung nicht mehr wegzudenken. In Bezug auf Kunstfleisch ist hier das Deutsche Handelsblattzu zitieren:

«Es sieht aus wie Fleisch und schmeckt so – ist aber keines: Mit hunderten Millionen Euro Risikokapital stellen Start-ups in den USA künstliches Fleisch her. Deutsche Unternehmen drohen nach dem E-Auto den nächsten Umbruch zu verschlafen.»

Hier kommt eine Grössenordnung auf uns zu, die diejenige von Quorn um ein Vielfaches übertreffen wird. Von den Firmen mit Namen wie Mosa Meat, Impossible Food und dergleichen, kommen Aussagen wie: «Gelingt die Kunstfleisch-Revolution, wäre es die grösste Umwälzung in der Ernährungsgeschichte der Menschheit. Das Ende der Massentierhaltung, der Wasser-Energieverschwendung, das Ende der heutigen Fleischindustrie.»

Daran glaubt jetzt offensichtlich auch die Migros. Mitte Mai 2019 hat sich die Migros-Industrie am israelischen Start-Up-Unternehmen Aleph Farms beteiligt. Coop beteiligte sich über Bell bereits im Sommer 2018 an der führenden holländischen Firma für «in-vitro-Fleisch», Mosa Meat. Das ausgesprochene Ziel von Bell und Mosa Meat: markttaugliche Produkte bis 2021.

An dieser Stelle ist ein weiteres Zitat angebracht. Eines aus einem Focus-Artikel mit dem sinnigen Titel «Stall der Zukunft» - inklusive einer Churchill-Aussage : «Wir werden von dem Aberwitz abkommen, ein ganzes Huhn zu züchten, um die Brust oder den Flügel zu essen, und diese stattdessen in einem geeigneten Medium züchten, prophezeite der Staatsmann Winston Churchill bereits 1931. Biotechnologiefirmen in Israel, den USA, Japan und den Niederlandenarbeiten längst an der Umsetzung dieser Vision.»

Die heutigen sehenswerten, essbaren und geschmacklich hervorragenden Resultate addiert mit den Investitionstätigkeiten zeigen, dass das Kunstfleisch kommen wird. In diesem Sinne geht es selbstverständlich um viel mehr als über Beteiligungen den Produzenten und Lieferanten zu finden, der das Kunstfleisch liefert, das dann im Supermarkt verkauft werden soll.

Hier geht es um Lizenzen der Produktionsmethoden. Wer diese zusammen mit dem Know how in der Hand hält, wird die Wertschöpfungskette sowie den Markt beherrschen. Verlieren werden sicher diejenigen, die das Kunstfleisch mit Getreide und Hülsenfrüchten füttern müssen. Weil die Bauern und ihre Verbände heute noch eisern an der Tierzucht von gestern festhalten, werden sie morgen um ein paar Rappen pro Kilo mehr betteln müssen.

Allerdings, die Frage, ob Fleisch verschwindet, ist klar mit nein zu beantworten. Gerade Rindviecher können etwas, das technisch (noch) nicht lösbar ist: Gras und Heu in Fleisch und Milch verwandeln. «Richtiges Fleisch» dürfte aber mehr und mehr zu einem gehobenen Produkt mit angemessenem Preis werden, was eine artgerechte und faire Haltung und Fütterung nach sich ziehen muss.

Letztendlich noch das passende Zitat zu Brodmanns unerschütterlichem Glauben an Kunstfleisch kommt von Pink Panther Pauli: «Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder, kein Frage.»