Einig ist sich der Vorstand des Wirteverbands mit der Regierung, dass die Wohnsitzpflicht und die Anwesenheitspflicht aufgehoben werden sollten. «Es ist weltfremd zu glauben, die Bewilligungsinhaber könnten zu allen Hauptbetriebszeiten und zu sämtlichen störungsanfälligen Zeiten im Betrieb zu sein», sagt Maurus Ebneter, Vorstandsdelegierter des Verbands. Gerade Kaderleute stünden zudem oft unregelmässig im Einsatz.

Ebneter würde eine Aufhebung der Anwesenheitspflicht auch begrüssen, weil es dann den Gastronomen möglich würde, in mehr als nur einem Betrieb Bewilligungsinhaber/in zu sein.

Bei den Gründen, die zu einer Bewilligungsverweigerung führen können, ist der Wirteverband mit der Regierung uneins. Das Gastgewerbe unterscheide sich von anderen Branchen durch eine überdurchschnittliche Konkursrate und eine hohe Fluktuation. Vor diesem Hintergrund seien die praktizierten Bewilligungsverweigerungen angebracht. «Sie leisten einen Beitrag, Debitorenverluste bei den Sozialversicherungen und der Mehrwertsteuer nicht weiter anschwellen zu lassen», so Ebneter.

Äusserst skeptisch steht der Wirteverband der Absicht gegenüber, Kleinbetriebe von der Bewilligungspflicht auszunehmen. Die heutige Regelung für Detailhandelsgeschäfte sei vernünftig, doch bei Lokalen mit bis zu 80m2 Fläche werde das «Wirten im Bagatellbereich», wie die Regierung es bezeichnet, definitiv verlassen. «Andere Kantone wie Baselland haben hier bessere Lösungen gefunden», findet Ebneter.

Der grösste Knackpunkt ist der Vorschlag der Regierung, das Wirtepatent abzuschaffen. «Der Fähigkeitsausweis hilft mit, einen minimalen Qualitätsstandard im Gastgewerbe sicherzustellen», schreibt der Wirteverband in seiner Stellungnahme. Das sei im Interesse der professionellen und seriösen Betreiber, aber auch der Arbeitnehmer/innen und Konsument/innen.

Der Verband bezeichnet den Fähigkeitsausweis als «Prävention im besten Sinne». Es sei der falsche Weg, sinnvolle Massnahmen abzuschaffen und gleichzeitig den teuren staatlichen Kontrollapparat auszubauen.

«Der gleiche Kanton, der einen erfahrenen Wirt in einen zweiwöchigen Kurs und ein dreimonatiges Praktikum schicken wollte, nur weil er in einem Becken ein paar Fische hält, will selbst völlig unqualifizierten Leuten einfach so erlauben, ein Restaurant zu eröffnen und Gäste zu verpflegen», kritisiert Maurus Ebneter.

Noch in den 1990er Jahren gab es in Basel-Stadt sehr hohe Markteintrittshürden. Verlangt wurde beispielsweise der Besuch eines dreimonatigen Kurses, und es gab zwei schriftliche und neun mündliche Prüfungen. Diese Hürden wurden schrittweise bis 2005 stark abgebaut.

«Basel-Stadt hat einen guten Mittelweg beschritten und beschränkt sich auf polizeirelevante Inhalte, an denen die Öffentlichkeit ein Interesse haben muss, sei es zum Schutz der Volksgesundheit, zum Konsumentenschutz, aber auch zum Schutz der Arbeitnehmenden», schreibt der Wirteverband.

Dennoch gebe es Verbesserungsmöglichkeiten beim Fähigkeitsausweis. Dem Wirteverband schwebt eine Reduktion von momentan drei auf zwei Prüfungsfächer («Konsumentenschutz» und «Arbeitnehmerschutz») vor. Zudem sollen die Direktzulassungen zu den Prüfungen sowie die Anerkennung anderer Abschlüsse grosszügiger als bisher gehandhabt werden. Der Verband fordert zudem das Recht, den Fähigkeitsausweis in mehr als einem Betrieb des gleichen Eigentümers einzusetzen. 

 

DIE STELLUNGNAHME DES WIRTEVERBANDES BASEL-STADT IM DETAIL

1. Eine Teilrevision des Gesetzes über das Gastgewerbe (Gastgewerbegesetz) vom 15. September 2004 ist ...

nötig eher nötig eher unnötig unnötig

Die Gesellschaft, die Wirtschaft und somit auch das Gastgewerbe befinden sich in einem beschleunigten Wandel. Eine Revision des Gastgewerbegesetzes ist aus unserer Sicht nicht dringend nötig, doch kann es nicht schaden, die Bestimmungen wieder einmal zu durchforsten. Wir sehen durchaus Optimierungsmöglichkeiten, auch beim Fähigkeitsausweis.

2. Unterstützen Sie die Aufhebung der Anwesenheitspflicht (S. 1 ff. Kurzbericht zur Teilrevision des Gastgewerbegesetzes)?

Ja Nein

Die Anwesenheitspflicht, so wie sie heute im Gesetz steht und leider übertrieben angewendet wird, ist zu lockern oder aufzuheben. Die Aufenthaltsdauer der Bewilligungsinhaberin oder des Bewilligungsinhabers sagt nur sehr beschränkt etwas darüber aus, ob die Verantwortlichen «für eine einwandfreie und ordentliche Geschäftsführung Gewähr bieten», so wie es § 17 Abs. 1 GGG vorschreibt.

Zwar ist es nachvollziehbar, dass die Bewilligungsinhaber/innen auch vor Ort anwesend sein sollen. Allerdings ist es weltfremd zu glauben, sie könnten zu allen Hauptbetriebszeiten und zu sämtlichen störungsanfälligen Zeiten im Betrieb zu sein. Hinzu kommt, dass gerade Kaderleute oft unregelmässig im Einsatz stehen.

In Basel-Stadt wird momentan ein Gesuch nur behandelt, wenn eine verbindliche «Arbeitszeitaufstellung» vorliegt. Das gibt es unseres Wissens in anderen Kantonen nicht. Es kann doch nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein, Bewilligungsinhaber/innen während 42 Stunden (Normalarbeitszeit im Gastgewerbe) pro Woche im laufenden Betrieb anzutreffen – und schon gar nicht immer zu den gleichen 42 Stunden.

Gesuchsteller/innen sind praktisch genötigt, Angaben zu machen, von denen sie zum vornherein wissen, dass sie nicht stimmen (können). Die Probleme mit der jetzigen Regelung wurden bereits vor drei Jahren in der Interpellation Peter Bochsler betreffend «Anwesenheitspflicht des Bewilligungsinhabers in gastgewerblichen Betrieben» aufgezeigt. Der Regierungsrat hat damals sehr ausweichend geantwortet. Wir freuen uns, dass er die Lage nun anders beurteilt.

Eine Aufhebung der Anwesenheitspflicht würde es zudem ermöglichen, in definierten Fällen einer Person zu erlauben, in mehr als nur einem Betrieb Bewilligungsinhaber/in zu sein.

Mit der vorgeschlagenen Änderung von § 28 GGG und der Aufhebung von § 12 der Verordnung sind wir einverstanden. Wir regen darüber hinaus aus sprachlichen und inhaltlichen Gründen folgende Änderung von § 28 Abs. 1 Bst. c GGG an:

... der Betrieb wiederholt zu erheblichen Störungen der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit und wiederholt zur Gefährdung der Jugend geführt haben.
statt
... die Öffnungszeiten des Betriebs wiederholt zu erheblichen Störungen der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder wiederholt zur Gefährdung der Jugend geführt haben.    

3. Unterstützen Sie die Präzisierung der Verantwortlichkeit in § 29 Abs. 2 GGG (S. 2 f. Kurzbericht zur Teilrevision des Gastgewerbegesetzes)?

Ja Nein

Wir konnten diese Präzisierung im Kurzbericht des Regierungsrats nicht finden. § 29 Abs. 2 GGG verpflichtet die Inhaberinnen und Inhaber einer Betriebsbewilligung dafür zu sorgen, dass durch den Betrieb und die Gäste die Nachbarschaft nicht erheblich gestört oder belästigt werden. Ob das explizit so im Gastgewerbegesetz steht oder nicht, spielt an sich keine grosse Rolle, da Lärmklagen nach Umweltrecht behandelt werden.

Wirtinnen und Wirte sollen für Störungen, die unmittelbar und zweifelsfrei von ihrem Betrieb ausgehen, Verantwortung übernehmen. Sorge bereitet uns hingegen, dass der Sekundärlärm einer Lotterie gleichkommt: Derjenige Betrieb, der am meisten Gäste oder etwas längere Öffnungszeiten hat, droht für Emissionen verantwortlich gemacht werden, der nicht von ihm (allein) stammen. Gastronomen können ausserhalb ihres erweiterten Eingangsbereichs keine «polizeiartigen» Funktionen wahrnehmen.

Ob und wie stark in einem kantonalen Gastgewerbegesetz Einfluss auf die Beurteilung von Sekundärlärm genommen werden kann, ist leider fragwürdig. Das Bundesgericht hat schon früh Überlegungen angestellt, inwiefern Sekundärlärm eines Gastbetriebs nach Mitternacht in einer gemischten Wohn- und Gewerbezone mit der Empfindlichkeitsstufe III zu einer erheblichen Störung im Sinne von Art. 15 USG führt (BGE 126 III 223 E. 4b S. 229 f.). Diese Rechtsprechung hat es in einem ebenfalls bereits länger zurückliegenden Entscheid (1C_183/2009) erneut aufgenommen und dabei festgehalten, dass in einer ES III infolge eines zu erwartenden «Bar-Tourismus» Einschränkungen hinzunehmen sind. Ob ein solcher Bar-Tourismus vorliegt, ist stets im Einzelfall eine Frage der Lärmprognose bzw. einer nachvollziehbaren Erhebung. Diese Praxis wurde in weiteren Entscheiden bestätigt.

Das Problem ist vermutlich vor allem bei neu zu bewilligenden oder zu ändernden Betrieben relevant, wenn nämlich über eine Lärmprognose erstellt wird, ob auch der Sekundärlärm zu erheblichen Störungen führen könnte. In Basel fahren wir wahrscheinlich mit dem GASBI gar nicht so schlecht wie ursprünglich befürchtet. Die Lärmschutzfachstelle des AUE verlangt unseres Wissens bisher keine konkrete Lärmprognose betreffend Sekundärlärm. Das soll auch so bleiben.

4. STÄRKUNG DER UNTERNEHMERISCHEN SELBSTVERANTWORTUNG

4. 1 Befürworten sie die Aufhebung des Entzugs- bzw. Verweigerungsgrundes (§ 21 GGG) „Betreibungen in bedeutendem Umfang“ (praxisgemäss CHF 50‘000.00)?

Ja Nein
Begründung siehe Punkt 4.2.

4.2 Befürworten sie die Aufhebung des Entzugs- bzw. Verweigerungsgrundes (§ 21 GGG) im Falle von bestehenden „Verlustscheinen, die nicht älter sind als 5 Jahre“?

Ja Nein

Zunächst möchten wir darauf hinweisen, dass im Bericht der Regierung Angaben unseres Dachverbands GastroSuisse falsch interpretiert werden. Es ist nicht so, dass rund 92% der Betriebe den Liquiditätsgrad 2 erreichen, sondern dass diese sogenannte «quick ratio» im Durchschnitt der Branche 91.6% beträgt. Weil die flüssigen Mittel sowie die kurzfristigen Forderungen so hoch wie das kurzfristige Fremdkapital sein sollten, gilt beim Liquiditätsgrad 2 ein Sollwert von mindestens 100%. Da es Betriebe gibt, deren Kennzahl weit über 100% liegt, ist ein Durchschnittswert von 91.6% höchst bedenklich und ein Zeichen sowohl der schlechten Ertragslage als auch der mangelhaften Finanzierung sehr vieler gastgewerblicher Betriebe. 

Die Regierung nennt in ihrem Bericht als Vergleichsbranchen unter anderem das Frisörgewerbe und Physiotherapeutinnen. Das Gastgewerbe unterscheidet sich von diesen und anderen Branchen dadurch, dass es sehr viele Einsteiger/innen gibt, die oft nur geringe Qualifikationen mitbringen. Die Fluktuation ist enorm hoch: Viele Betreiber geben schon in den ersten ein, zwei Jahren auf – im Durchschnitt beträgt die Verweildauer auf einem Betrieb lediglich viereinhalb Jahre.

Das Gastgewerbe weist zudem extrem viele Insolvenzen auf: Bisnode D&B hielt für 2017 insgesamt 690 Konkurse bei gastgewerblichen Unternehmen fest. Im gleichen Zeitraum gingen beispielsweise im Einzelhandel 300 Unternehmen Konkurs. Die Insolvenzrate im Gastgewerbe ist 2.58 höher als im schweizerischen Durchschnitt, 2.8 Mal höher als im Einzelhandel und sieben Mal höher als in Branchen mit niedrigem Konkursrisiko. Nicht nur Lieferanten, sondern auch die Steuerverwaltungen und die Sozialversicherungen, ja sogar die Mitarbeitenden haben im Gastgewerbe ein enorm hohes Risiko, Forderungen abschreiben zu müssen.

Eine andere Zahl unterstreicht die finanziellen Probleme in der Gastronomie. Gemäss dem aktuellen Branchenspiegel von GastroSuisse weisen 19.3 Prozent der Betriebe selbst dann rote Zahlen aus, wenn sie keinen Unternehmerlohn und keinen Eigenkapitalzins verbuchen. Noch dramatischer sieht es nach Verbuchung von Eigenlohn und Eigenzins aus: Würden dies alle Betriebe tun, müssten 65.4% von ihnen einen Verlust ausweisen.

Die aktuelle Regelung, wonach denjenigen Gesuchsteller/innen die Bewilligung nicht erteilt wird, gegen die in den letzten fünf Jahren Verlustscheine ausgestellt wurden oder gegen die Betreibungen in bedeutendem Umfang vorliegen, scheint uns vor diesem Hintergrund angebracht. Sie leistet nicht zuletzt einen Beitrag, Debitorenverluste bei den Sozialversicherungsprämien und der Mehrwertsteuer nicht weiter wachsen zu lassen.

5. Unterstützen Sie die ersatzlose Abschaffung des „Wirtepatents“ (S. 4 ff. Kurzbericht zur

Teilrevision des Gastgewerbegesetzes)? Ja Nein

Der Fähigkeitsausweis hilft mit, einen minimalen Qualitätsstandard im Gastgewerbe sicherzustellen. Das ist im Interesse der professionellen und seriösen Betreiber, aber auch der Arbeitnehmer/innen und der Konsument/innen. Dennoch sehen wir Verbesserungsmöglichkeiten, auf die wir gegen Schluss dieses Abschnitts eingehen.

Die Hürden, sich selbständig zu machen, sind im Gastgewerbe vergleichsweise niedrig. Wir haben viele Einsteiger mit unrealistischen Vorstellungen. Es käme kaum jemandem in den Sinn, eine Metzgerei oder eine Schreinerei zu eröffnen, wenn er/sie nicht vom Fach ist. Im Gastgewerbe meint hingegen fast jede/r, er/sie könne wirten.

Wir erachten es als sehr wichtig, dass Gastronominnen und Gastronomen sich mit wichtigen rechtlichen Fragen beschäftigen, bevor sie ihren Betrieb eröffnen. Im Mittelpunkt stehen das Lebensmittelrecht, das Arbeitsrecht, Steuern und Abgaben sowie das Gastgewerbegesetz. Es geht um die Sicherheit von Konsumenten und Arbeitnehmern! Sinnvolle Massnahmen abzuschaffen und dann gleichzeitig den teuren staatlichen Kontrollapparat auszubauen, erachten wir als den falschen Weg.

Mit Arbeitssicherheit oder Brandverhütung sollte man sich nicht erst beschäftigen, nachdem ein Unfall oder Brand bereits passiert ist. Nicht zuletzt ist es wichtig, dass Gastronomen und Hoteliers Bescheid wissen über die Mehrwertsteuer, das Arbeitsgesetz, den Gesamtarbeitsvertrag und die Sozialversicherungen – und zwar nicht erst, nachdem sie Konkurs gegangen sind und niemand mehr die Steuern, Lohnausstände und Versicherungsbeiträge einkassieren kann.

Der Fähigkeitsausweis ist Prävention in bestem Sinne. Natürlich ist er allein aber keine Garantie, dass jemand ein guter Gastgeber und Unternehmer ist, doch darum geht es gar nicht. Wer eine Weinbar eröffnet und nichts von Wein versteht, ist selber schuld. Wer ein «Fressbeizlein» betreibt und niemanden zur Hand hat, der gut kocht, ebenso. Hat ein Gastronom jedoch keine Ahnung von Hygiene, Deklaration oder Arbeitsrecht, dann ist das eben nicht nur «Unternehmerrisiko». Nein, dann sind Konsument/innen und Arbeitnehmer/innen betroffen.

Die staatliche Wirtefachprüfung stellt sicher, dass angehende Restaurateure ihren Rucksack wenigstens dort auffüllen, wo es von allgemeinem Interesse ist. Das ist auch aus liberaler Sicht richtig. Die Prüfungen in der heutigen Form stellen keine nennenswerte Markteintrittshürde dar, sind gerade für die unerfahrenen Betreiber aber ein Lackmustest für ihre Projekte. Das erworbene Wissen kann sie vor teuren Fehltritten schützen, vor allem aber schützt es Konsumenten und Arbeitnehmer.

Die Regierung führt als Beispiele die Kantone Zürich und Zug auf, wo es offenbar problemlos ohne Fähigkeitsausweis läuft. Solche Auskünfte sind stets politisch geprägt. Wir hören von unseren Kolleginnen und Kollegen in den entsprechenden Kantonen anderes. Beispielsweise konnte der Hygienestandard in Zürich nur einigermassen gehalten werden, weil der staatliche Kontrollaufwand massiv hochgefahren wurde.

Es ist schlicht nicht plausibel, dass Personen, die ihre Kompetenzen zu polizeirelevanten Fragen bewiesen haben, lediglich gleich gut sein sollen als Betriebsinhaber, die ohne Vorkenntnisse einfach drauflos wirten.

In den Kantonen Obwalden, Solothurn, Waadt, Freiburg und Appenzell-Innerrhoden hatte man die Anforderungen an die Bewilligungserteilung stark heruntergefahren, aber aufgrund negativer Erfahrungen wieder erheblich verschärft.

Noch in den 1990er Jahren gab es in Basel-Stadt sehr hohe Markteintrittshürden. Verlangt wurde beispielsweise der Besuch eines dreimonatigen Kurses, und es gab zwei schriftliche und neun mündliche Prüfungen. Zunächst zaghaft, im Jahr 2005 dann deutlich, wurden diese Hürden abgebaut. Die grossen Liberalisierungsschritte liegen also bereits hinter uns!

Basel-Stadt hat einen guten Mittelweg beschritten, der von den Kantonen Aargau und Baselland grösstenteils übernommen wurde (zusätzlich verlangen diese Kantone noch Kenntnisse im Rechnungswesen). Basel-Stadt beschränkt sich strikt auf sogenannte polizeirelevante Inhalte, an denen die Öffentlichkeit ein Interesse haben muss, sei es zum Schutz der Volksgesundheit, zum Konsumentenschutz, aber auch zum Schutz der Arbeitnehmenden.

Dennoch sehen wir Verbesserungsmöglichkeiten beim Fähigkeitsausweis resp. bei den Wirtefachprüfungen.

Der Staat sollte die Prüfungen selbst durchführen, so wie das bis 2005 der Fall war. Natürlich sind wir gerne bereit, hier Unterstützung mit Experten zu leisten.

Wir könnten uns zudem vorstellen, dass anstelle der drei schriftlichen Prüfungen Lebensmittelrecht, Gastgewerberecht und Personalrecht neu nur noch zwei Prüfungen zu bestehen sind, nämlich «Konsumentenschutz» und «Arbeitnehmerschutz». Statt dreimal zwei Stunden könnte zweimal anderthalb Stunden geprüft werden, so dass die gesamte Wirtefachprüfung in einem halben Tag stattfinden kann!

Zudem sollten volljährige, handlungsfähige Personen bedingungslos direkt zur Wirtefachprüfung zugelassen werden, so wie das in Baselland und im Aargau der Fall ist. Sie können sich dann vorbereiten, wie sie wollen. Zwar ist auch in Basel-Stadt die Direktzulassung an die Prüfung möglich, jedoch nur, wenn jemand bereits drei Jahre in einem gastgewerblichen Beruf gearbeitet hat.

Nicht zuletzt könnten wir uns die grosszügigere Anerkennung oder Teilanerkennung anderer Ausbildungen und Abschlüsse vorstellen. Man kann sich beispielsweise fragen, ob jemand, der eine dreijährige Lehre in einem Lebensmittelberuf erfolgreich abgeschlossen hat, nicht von den Hygiene- Inhalten befreit werden könnte. Auch könnten wir uns vorstellen, dass keinen Fähigkeitsausweis benötigt, wer im Gastgewerbe zehn Jahr lang in leitender Stellung tätig war.

Es ist auch nicht einzusehen, weshalb Inhaber ausserkantonaler Fähigkeitsausweise sowie gleich- oder höherwertiger Abschlüsse in Basel-Stadt eine Ergänzungsprüfung Gastgewerbegesetz absolvieren müssen. Es würde in solchen Fällen genügen, wenn die Gesuchsteller/innen auf einem Formular schriftlich bestätigen, dass sie das basel-städtische Gastgewerbegesetz samt Verordnung dazu kennen.

Wir würden es sehr begrüssen, wenn Inhaber/innen eines Fähigkeitsausweises in mehr als nur einem Betrieb Bewilligungsinhaber sein könnten. Der Wegfall der Anwesenheitspflicht würde den

 

Weg für eine solche Lösung frei machen. Voraussetzung müsste sein, dass die Betriebe resp. die Betriebsgesellschaften dem gleichen Eigentümer gehören.

Es gibt eine wachsende Zahl professionell geführter Gastronomiegruppen und auch viele Individualwirte, die zwei Betriebe haben. Eine entsprechend qualifizierte Person kann in mehr als einem Betrieb Verantwortung übernehmen, wenn sie sich organisiert.

Sehr viele dieser Änderungen könnte der Regierungsrat durch Anpassungen der Verordnung zum Gastgewerbegesetz und des Prüfungsreglements umsetzen.

Beim Fähigkeitsausweis sollte folgender Grundsatz gelten: Für Leute vom Fach keine unnötigen Hürden, für Einsteiger mit geringen Qualifikationen einen Minimalstandard an Wissen über polizeirelevante Inhalte!

6. Erachten Sie im Falle der Abschaffung des Wirtepatents die Einführung eines obligatorischen Hygienekurses als diskussionswürdig?

Ja Nein

Zwar halten wir das Beibehalten des Fähigkeitsausweises resp. das Bestehen einer Prüfung für den weit besseren Weg als den Besuch eines obligatorischen Hygienekurses. Entscheidet sich der Grosse Rat jedoch für eine Abschaffung des «Wirtepatents», wäre die Einführung von Kompetenznachweisen sehr zu begrüssen.

Kompetenznachweise in den Bereichen Lebensmittelrecht, Hygiene und Deklaration würden nicht nur die Gefährdung der Volksgesundheit verringern, sondern auch dazu beitragen, dass Konsumentinnen und Konsumenten nicht getäuscht werden.

Darüber hinaus sollte der Staat im Interesse eines funktionierenden Konsumenten- und Arbeitnehmerschutzes bei angehenden und bereits tätigen Wirtinnen und Wirten weitere Kompetenzen sicherstellen, z.B. bei der Suchtprävention und dem Alkoholgesetz, der Brandverhütung, den Sozialversicherungen, dem Arbeitsrecht, dem Landes-Gesamtarbeitsvertrag und der Arbeitssicherheit.

Der einfachste und bewährteste Weg, all diese Kompetenzen sicherzustellen, ist der Fähigkeitsausweis. Er hat zudem den Vorteil, dass deren Inhaber/innen auch in anderen Kantonen problemlos Betriebe übernehmen könnten.

7. Erachten Sie die Regelung des bewilligungsfrei zulässigen Mini-Gastroangebots auf Gesetzesstufe als angebracht (S. 7 ff. Kurzbericht zur Teilrevision des Gastgewerbegesetzes)?

Ja Nein

Die jetzige Regelung ist sehr vernünftig. § 6 der Verordnung zum Gastgewerbegesetz sieht vor, dass Detailhandelsgeschäfte und namentlich selbst produzierende Bäckereien, Konditoreien und Confiserien maximal zehn Sitz- oder Stehplätze einrichten können, ohne der Bewilligungspflicht nach § 4 des Gesetzes zu unterstehen. Das Nebenangebot steht hier erkennbar hinter dem Hauptzweck des Geschäfts zurück (§ 6 Abs. 2 Verordnung). Sie haben sich zudem an die Ladenöffnungszeiten zu halten.

Auch reine Take-Aways unterstehen nicht dem kantonalen Gastgewerbegesetz. Es ist jedoch ein Unterschied, ob verzehrfertige Lebensmittel zum Mitnehmen verkauft werden oder ob ein Konsum an Ort und Stelle erfolgt.

Die von der Regierung ins Spiel gebrachte Idee, «Mini-Gastroangebote» von der Bewilligungspflicht auszunehmen, lehnen wir ab. Nach unserer Erfahrung sind es oft gerade die kleinen Betriebe, die die grössten Wissensdefizite aufweisen. In grösseren Restaurants hat es mehr Fachleute und meist auch mehr Management-Kompetenz.

Die Regierung spricht in ihrem Bericht von «Wirten im Bagatellbereich». Um hohe Kundenzahlen zu haben, braucht es nicht unbedingt viel Fläche, wie viele Take-Aways zeigen. Es gibt Bäckereien, die mit ihren zehn Plätzen – in der Praxis sind das zehn Plätze innen und zehn Plätze aussen – wesentlich mehr gastgewerblichen Umsatz erzielen als manch eine Café-Bar mit 40 Plätzen.

Bei einer Gesamtfläche von 80m2 wird der Bagatellbereich definitiv verlassen, selbst wenn ein allfälliger Aussenbereich mitgezählt würde. Je nach Konzept könnten dann mehr als 50 Sitz-, Theken- und Stehplätze angeboten werden. Von Bagatellbereich zu sprechen, mag vielleicht angehen, wenn ein Take-Away-Betrieb zwei Stehtischchen für den Sofortverzehr hat, nicht aber, wenn Dutzende von Gästen gleichzeitig an Ort und Stelle bewirtet werden können.

Im gelebten Alltag schauen die Behörden heute schon weg, wenn ein Imbissstand Tischchen aufstellt. Wer das nicht glaubt, soll sich nur einmal direkt vor dem Rathaus umsehen. Insofern wäre vielleicht das Festlegen einer Platzbegrenzung nichts anderes als das Eingestehen des mangelhaften bisherigen Vollzugs.

7.1 Bevorzugen sie die Definition des Mini-Gastroangebots auf Gesetzesstufe mit dem Abgrenzungskriterium „Anzahl Steh- und Sitzplätze“?

Ja Nein

Entscheidet sich der Gesetzgeber für nicht bewilligungspflichte Kleinstbetriebe, erachten wir die Anzahl Steh- und Sitzplätze als geeignetes Abgrenzungskriterium. Zudem sollte nicht nur darauf bestanden werden, dass kein Alkohol verkauft wird, sondern auch, dass die Ladenöffnungszeiten einzuhalten sind.

Im Kanton St.Gallen sind fünf Plätze bewilligungsfrei möglich, im Kanton Bern sechs. Im Kanton Baselland braucht es für Betriebe unter 10 Plätzen keinen Fähigkeitsausweis, jedoch eine Betriebsbewilligung. Das ist insofern vertretbar, als in solchen tatsächlich sehr kleinen Betrieben meist nur der Inhaber selbst beschäftigt ist, aber keine angestellten Mitarbeiter/innen.

7.2 Bevorzugen sie die Definition Mini-Gastroangebot auf Gesetzesstufe mit dem Abgrenzungs- kriterium „Fläche“?

Ja Nein

8 WEITERE ÄNDERUNGEN 8.1 Befürworten Sie die Ergänzung der „einschlägigen Vorschriften“ (§ 21 GGG) mit der Aufzählung „[...] insbesondere die lebensmittelrechtlichen oder umweltrechtlichen Vorschriften oder Vorschriften zum Schutz vor Passivrauchen [...]“
(S. 9 f. Kurzbericht zur Teilrevision des Gastgewerbegesetzes)?

Ja Nein

Für einen fairen Wettbewerb ist es unabdingbar, dass sich alle Marktteilnehmer an die gleichen Regeln halten. Unabhängig davon, ob wir alle lebensmittel- oder umweltrechtlichen Vorschriften resp. auch das strenge Rauchverbot in Basel-Stadt gut finden oder nicht, sind wir doch der Ansicht, dass Übertretungen Konsequenzen haben sollten, wenn sie wiederholt und schwerwiegend waren.

8.2 Unterstützen Sie die Aufhebung der Wohnsitzpflicht (§ 20)?

Ja Nein

Gemäss § 20 haben die Inhaberinnen und Inhaber einer Betriebsbewilligung ihren Wohnsitz so zu wählen, dass sie ihrer Pflicht zur verantwortlichen Betriebsführung nachkommen können. § 17 Abs. 1 GGG schreibt bereits vor, dass Bewilligungsinhaber/innen «für eine einwandfreie und ordentliche Geschäftsführung» Gewähr zu bieten haben. Wirtinnen und Wirte sollen unserer Meinung nach selber entscheiden, wie sie dies am besten sicherstellen. Die Zeiten der Wirtewohnung im ersten Stock sind vorbei.

7. Haben Sie weitere Bemerkungen oder Änderungsvorschläge zu einzelnen Paragrafen oder Themen im Gesetzesentwurf?

§ 33 Alkoholfreie Getränke

Wir beantragen, diesen Artikel zu streichen.

Es steht ausser Zweifel, dass die hohe Verfügbarkeit von günstigen alkoholhaltigen Getränken bis spätabends negative Auswirkungen auf den Alkoholkonsum Jugendlicher hat. Der «Sirup-Artikel» wirkt aber völlig überzogen, wenn man weiss, dass Tankstellenshops und Convenience-Stores bis spätabends günstiges Dosenbier und billigen Schnaps anbieten. An diesen Verkaufsstellen ist es aufgrund der fehlenden sozialen Kontrolle zudem viel schwieriger als im Gastgewerbe, den Jugendschutz sicherzustellen. Der oder die Älteste der Clique geht die Getränke besorgen und diejenigen unter dem Mindestalter 16 (bei Spirituosen 18) trinken dann einfach mit.

§ 34 Rauchverbot in Innenräumen

Wir beantragen, dass Wort «unbediente» ersatzlos zu streichen.

Zwar hat sich die Stimmbevölkerung von Basel-Stadt im Jahr 2012 sehr knapp (mit 212 Stimmen Vorsprung) dagegen entschieden, Raucherbetriebe gemäss Bundesgesetz zuzulassen. Unserer Meinung nach spricht hingegen nichts dagegen, die Bedienung der im kantonalen Gastgewerbegesetz erlaubten Fumoirs zu erlauben. Diese müssen eigens abgetrennt und mit eigener Lüftung versehen sein. Gemäss Bundesrecht dürfen sie zudem höchstens einen Drittel der gesamten Gastfläche einnehmen.

Ein Bedienungsverbot in Raucherräumen kennen nur gerade sechs Kantone. In elf Kantonen (u.a. im Aargau und im Jura) sind sogar Raucherbetriebe zugelassen. In Solothurn dürfen Raucherräume ebenso bedient werden wie in Baden-Württemberg und Frankreich.

Zum Abräumen betreten Mitarbeitende in Basel-Stadt schon heute die Raucherbereiche. Sie dürfen einfach keine Bestellungen aufnehmen und keine Waren an den Tisch servieren. Es ist ein relativ kleiner Schritt, auch diese Arbeitsvorgänge zu gestatten. Gemäss Bundesrecht müssen Mitarbeitende, die in Raucherbereichen eingesetzt werden, schriftlich zustimmen. Zwar haben wir keine Übersicht, wie viele unbediente Fumoirs es in Basel-Stadt momentan gibt, doch mehr als einige Dutzend (auf rund 900 Gastbetriebe) sind es bestimmt nicht.