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  Jetzt gräbt ArteTV (endlich) August Escoffier aus und plötzlich ist das Besinnen auf alte Werte von Guide Culinaire bis Pauli wieder en vogue. Brodmann schnauzt.

 

Gewisse Dinge sind gelinde gesagt schon komisch. Zum Beispiel, wenn ein in der Kochausbildung tätiger Herr sagt, man könne den Pauli eigentlich durch Chefkoch.de ersetzen. Chefkoch.de ist eine Jekami-Plattform für Krethi und Plethi und ohne jeden wissenschaftlichen, technischen und historischen Hintergrund.

Von: Romeo Brodmann

 

Jetzt, nachdem diese Woche die Arte-Sendung über Auguste Escoffier ausgestrahlt wurde, kam derselbe Typ und schwärmte von der klassischen Kochausbildung und dass dieser unbedingt in die Ausbildung eingebaut werden müsse. Also, Moment mal: HÄ?

Ich, und das darf ich mit Fug und Recht behaupten, schreibe seit bald 30 Jahren, nehmt endlich den Escoffier neben dem Pauli in die Hand. Das habe ich 1992 an der Hotelfachschule getan. Mein Pauli von 1982 aus der Lehre, den ersten 2-bändigen Pauli von 1992 und daneben Escoffiers Guide Culinaire.

Während die Hotelfachschule-Quereinsteiger aus dem KV dem Kochunterricht folgten, suchte ich als gelernter Koch im Kochunterricht währenddessen nach Veränderungen und Entwicklungen. Das half mir zu verstehen.

Gerade wir in der Schweiz haben etwas, das niemand hat. Den Pauli, Lehrbuch und Rezeptbuch der Küche, das ursprünglich auf dem Guide Culinaire basierte, dann jedoch während 90 Jahren bis heute mit dem Beruf, mit kochtechnischen Entfaltungen, didaktischen Entwicklungen, etc. mitgewachsen ist. Der Pauli wurde laufend überarbeitet und angepasst.

Der Pauli ist also nicht einfach das beste Werk, sondern gleichzeitig die einzige, vollständige Quelle um historisch vergleichend nachvollziehen zu können, wie sich Beruf, Handwerk und Technik gewandelt und entwickelt haben. Und das ist einzig drei Männern und ihrer unglaublichen Hartnäckigkeit, ihrer Liebe zum Beruf und dem Engagement für die Branche zu verdanken. Ernst, Eugen und Philip Pauli.

Wie war das? Der Pauli kann durch eine einfache Plattform ersetzt werden? Kaum. Diese sogenannten Plattformen, wie auch immer sie heissen, sind zwar zum Stöbern nett, doch können diese in Bezug auf eine ganzheitliche Ausbildung alle durchs Passe-vite gedreht werden. Der Pauli ist nämlich nicht einfach ein Buch, sondern der umfassendste analoge und digitale Ausgangspunkt für die Kochausbildung - und das auf dem neuesten didaktischen, technischen und digitalen Stand.

Es ist schon eigenartig. Jetzt gräbt ArteTV (endlich) August Escoffier aus und plötzlich ist das Besinnen auf alte Werte von Guide Culinaire bis Pauli wieder en vogue. Und das auch von Leuten, die bis gestern das Gegenteil behaupteten.