Seit Jahren beschäftigen sich die Steuerspezialisten des Bundes damit, wie Online-Plattformen, d.h. Unternehmen, die ihre Geschäfte - insbesondere aus dem Ausland - via Internet abwickeln, korrekt besteuert werden sollen. Und umgekehrt beschäftigen sich die Steuerspezialisten der Beratungsunternehmen damit, die Schlupflöcher zu finden, damit möglichst keine Steuern bezahlt werden müssen. Einerseits geht es um Gewinne, die solche Plattformen durch Umsätze in der Schweiz erzielen, andererseits um die Mehrwertsteuer, die auf den Lieferungen und Leistungen korrekt abgerechnet werden soll. 

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Händler im Ausland zum Teil wenig Interesse an unseren Steuervorschriften bekunden. Mit einer weiteren Anpassung des Mehrwertsteuergesetzes geht es nun darum, die modernen Formen des Handels steuerlich korrekt zu erfassen. Diese Änderungen haben jedoch auch Auswirkungen auf Leistungen, die Schweiz-intern abgewickelt werden, z.B. Essenslieferungen von Restaurants.

Internet-Plattformen, über die mit wenigen Clicks via Kurierdienst Esswaren bestellt werden, sind nicht erst seit dem Covid-Lockdown eine zunehmend üblichere Art, sich ein Morgen-, Mittag- oder Abendessen liefern zu lassen. Es kann sich dabei um eine direkte Lieferung vom Restaurant an die Kunden handeln, oder um einen Auftrag via einer Vermittlungsplattform. Bei einer direkten Lieferung, z.B. eine Pizza-Bestellung direkt auf der Website, per Mail oder Telefon beim Pizzaiolo meines Vertrauens, wird dieser wie bisher mit dem Fiat 500 die Pizza liefern und die MWST auf dem Gesamtwert der Lieferung abrechnen. 

Neu sind es ab 1.1.2025 aber auch die Vermittlungs-Plattformen, die für den gesamten Wert der Lieferungen die MWST abrechnen müssen. D.h. auch wenn z.B. weder Uber noch JustEat oder Mosi’s und wie sie alle heissen über eine Küche noch sonst eine Infrastruktur zur Herstellung von einem Menu verfügen, werden sie für die Lieferung dieses Menus vollumfänglich MWST-Pflichtig. Es handelt sich zwar um eine rein fiktive Lieferung, trotzdem wird in Zukunft die Plattform als Ertrag nicht mehr nur eine Kommission für die Vermittlung und Lieferung bei der MWST abrechnen können, sondern sie muss die Steuer auf den Gesamtpreis für den Verkauf dieser Essenslieferung bei der MWST abrechnen.

Die neue Abrechnungsart hat einen Einfluss auf die Abrechnung vom Restaurant an die Plattform: Auf dieser wird nach neuem Recht keine MWST aufgeführt werden müssen, weil es sich nun um eine von der Steuer befreite Lieferung handelt. Also wird dieser Teil des Umsatzes in Zukunft von den Restaurants auf deren MWST-Abrechnung vergleichbar mit einer Export-Lieferung ohne MWST aufgeführt werden. 

Weil nun das Restaurant selbst keine MWST mehr abrechnen muss, möchte der Staat trotzdem sicherstellen, dass er zu seinem Geld kommt. Deshalb haftet nun das Restaurant subsidiär für die Mehrwertsteuer, die die Plattform für den Gesamtwert dieser Lieferungen abliefern muss. Wenn also die Plattform in Konkurs ginge, würde das Restaurant gegenüber dem Staat für die MWST-Schuld der Plattform aufkommen müssen.

Was muss deshalb auf den 1.1.2025 hin an die Hand genommen werden?

Ein Restaurant wird in einem ersten Schritt sicherstellen müssen, dass die Plattform, über die seine Essenslieferungen an die Kunden verkauft werden, korrekt bei der MWST angemeldet ist. Im Entwurf zur Info 27 steht dazu: «…muss die Leistungen von einer eingetragenen (oder einzutragenden) Person…». Wer also mit einer Plattform arbeitet, die sich bei der MWST anmelden müsste aber dies nicht getan hat, riskiert, für deren MWST aufkommen zu müssen.

In einem zweiten Schritt wird die Umsatzverbuchung für solche Lieferungen angepasst. Die Umsätze werden ohne MWST erfasst. Neben den Preisen auf der Kasse, die auf der Speisekarte für die Kunden den Preis inkl. MWST ausweisen, braucht es nun noch eine separate Preisliste ohne MWST für Rechnungen an die Plattformen.

Der Verkauf von Esswaren ohne MWST führt dazu, dass hier bei einer MWST-Revision ein Nachweis erbracht werden muss, dass diese Lieferung via eine Plattform erfolgte. Dies lässt sich vergleichen mit einem Fall, bei dem heute ein befreiten Umsatz wg. Export geltend gemacht wird: Um steuerbefreit zu bleiben, muss eine Exportbescheinigung vorgelegt werden. 

Parallel zum zweiten Schritt lohnt es sich, mit der Plattform in Kontakt zu treten. Vorgesehen ist, dass die Plattformen den Verkäufern (also in unserem Fall dem Restaurant) eine Zusammenstellung abgeben, welche diese Plattform-Umsätze klar ausweist. Es könnte jedoch auch sein, dass das Restaurant mit Zustimmung der Plattform die Verkäufe weiterhin mit MWST abrechnen darf. Damit würde eine separate Abrechnung bei der MWST als befreite Lieferung hinfällig werden.

Weder bei der Vernehmlassungen zur Gesetzesänderung, noch vor wenigen Monaten bei der Vernehmlassung zur Verordnung, ging GastroSuisse auf diese Thematik ein. Sinnvoll wäre es, wenn der Verband mit den grossen Plattformen eine einheitliche Lösung über die Abrechnungsart entwickeln würde. Jedoch muss man hier William S. Burroughs zitieren: Time is runnig out. Es bleibt wenig Zeit, bis der erste Kunde am 1. Januar 2025 sein Frühstück via Handy im Bett liegend bestellen wird. Wie die MWST für diese Lieferung abgerechnet wird, ist dem Kunden egal. Für den Lieferbetrieb wird die Frage, wie rechne ich jetzt ab, ganz real.

Auf die Rechnungslegung hat diese MWST-Änderung auch einen Einfluss. Da das Restaurant nun subsidiär für die MWST-Schuld der Plattform haftet, ist eine Eventualverbindlichkeit im Anhang aufzuführen. Falls eine Zahlungsunfähigkeit der Plattform droht, wäre eine Rückstellung notwendig. Es wird spannend sein zu sehen, wie die Plattformen jeweils mitteilen werden, dass ihre MWST-Abrechnung bezahlt sei und wann die letzte MWST-Revision das Risiko einer Nachbelastung ausgeschlossen hat.

Ab 1.1.2025 sind aber auch positive Änderungen im Gesetz:
Neu können mehr als zwei Saldosteuersätze angewendet werden, dies kommt Betrieben mit gemischten Tätigkeiten und Umsätzen entgegen. Vereinfacht wird auch die Abrechnung selbst: Laufende à-conto Zahlungen während des Jahres und nur einmal pro Jahr eine Abrechnung erstellen, kann eine kleine administrative Erleichterung mit sich bringen.

Falls Sie diese Zeilen zu Hause lesen: Bestellen Sie sich ein Essen in ihrem eigenen Betrieb. So erhalten Sie eine heute gültige Abrechnung. Nächstes Jahr, bei der Lektüre eines anderen Artikels (vielleicht zum Thema Gutscheine und deren Bilanzierung?) können Sie mit einer weiteren Bestellung die Belege und Abläufe miteinander vergleichen.