Die britische Zentralbank rechnete 2017 damit, dass in Grossbritannien kurzfristig also in den nächsten Jahren 15 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen. Dazu passt ein Zitat von Bill Gates aus dem Jahr 1994: «Banking ist notwendig, Banken nicht.»

Der Britische Think Tank REFORM kam zu selben Zeit in einer Studie zum Ergebnis, dass 90 Prozent aller Arbeiten im öffentlichen Sektor so durchschnittlich und unbedeutend sind, dass sie unkomplizierten Robotern übertragen werden können und dass die Regierung damit 8 Milliarden Pfund einsparen könnte.

Ist dieser Arbeitsplatzverlust eingetroffen?

Industrie 4.0 ist nach wie vor ein aktives Projekt zur umfassenden Digitalisierung der industriellen Produktion und wird in Deutschland als führender Industriestandort weitgehend umgesetzt. Laut einer Studie des Bitkom-Digitalverbands aus dem Jahr 2021 nutzen 62 Prozent der deutschen Unternehmen Technologien und Lösungen im Zusammenhang mit Industrie 4.0 (Software, IT-Dienstleistungen und Hardware) (Quelle: German Trade and Invest GTaI). Die Visionen und Ideen der vierten industriellen Revolution sind weiterhin lebendig, und es gibt auch eine Diskussion über die nächste Generation der industriellen Revolution, Industry 5.0 (Quelle: Springer Link)

Industrie 5.0 ist eine transformative Vision für die europäische Industrie, die über Arbeitsplätze und Wachstum hinaus gesellschaftliche Ziele anstrebt. Sie stellt das Wohlbefinden der Arbeitnehmer ins Zentrum des Produktionsprozesses und nutzt neue Technologien, um Wohlstand, Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit zu fördern (Quelle: European Commission Research an Innovation)

Die Prognose der britischen Zentralbank aus dem Jahr 2017 bezüglich des Arbeitsplatzverlusts in Großbritannien ist interessant. Tatsächlich hat die vierte industrielle Revolution erhebliche Veränderungen in der Art und Weise mit sich gebracht, wie Unternehmen arbeiten. Nachfolgend einige Beispiele:

Industrie 4.0 im Überblick:

  • Industrie 4.0 repräsentiert die Verschmelzung fortschrittlicher Produktions- und Betriebstechniken mit intelligenten digitalen Technologien. Diese Kombination schafft ein digitales Unternehmen, das nicht nur vernetzt und autonom ist, sondern auch Daten analysieren und intelligente Maßnahmen in der physischen Welt ergreifen kann.
  • Es umfasst Technologien wie Robotik, Analytik, künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge, additive Fertigung und fortschrittliche Materialien. (Quelle: Deloitte Insights

Arbeitsplatzverlust und -gewinn:

  • Technologie hat sowohl zur Schaffung neuer Arbeitsplätze als auch zum Verlust von Arbeitsplätzen beigetragen.
  • In Grossbritannien wurden zwischen 2001 und 2015 z.B. 3.5 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen, während gleichzeitig 800.000 verloren gingen. (Quelle: Deloitte Insights)
  • Industrie 4.0 kann sowohl die Möglichkeiten als auch die Herausforderungen für Arbeitnehmer erheblich beeinflussen. Es ermöglicht effizientere Prozesse, kann aber auch zu Unsicherheit führen.

Automatisierung und Unsicherheit:

  • Automatisierungsprozesse könnten bestimmte Aufgaben übernehmen und damit Arbeitsplätze gefährden. Gleichzeitig entstehen jedoch neue Arbeitsmöglichkeiten, die weniger sichtbar sind und sich über verschiedene Sektoren und Regionen verteilen. (Quelle: Springer Link)
  • Die Auswirkungen von Industrie 4.0 auf die Arbeitswelt sind komplex und hängen von verschiedenen Faktoren ab.

Insgesamt ist es schwierig, den Arbeitsplatzverlust in Großbritannien direkt auf Industrie 4.0 zurückzuführen. Die Technologie hat sowohl Chancen als auch Risiken, und die Zukunft der Arbeit wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. (Quelle: McKinsey)

die Beratungsgesellschaft Korn Ferry lancierte 2016 unter 800 Spitzenmanagern (Chefs internationaler Grossunternehmen) eine Untersuchung. Das Resultat damals: 

  • Die Studie ergab, dass 63 Prozent der CEOs glaubten, dass Technologie in 5 Jahren die größte Quelle ihres Wettbewerbsvorteils sein würde.
  • 67 Prozent waren der Meinung, dass Technologie in der Zukunft mehr Wert schaffen würde als Menschen.
  • 44 Prozent glaubten, dass die Verbreitung von Robotik, Automatisierung und künstlicher Intelligenz Menschen in der Arbeitswelt weitgehend irrelevant machen würde. (Quelle: Korn Ferry)

Weltweit betrachteten also knapp zwei Drittel der Führungskräfte Menschen in erster Linie als ein Kostenfaktor und kein Vermögenswert und vertraten dabei die Meinung, dass Technologie in Zukunft mehr Ertrag schaffen würde als Humankapital.

Die Wahrnehmung von Führungskräften bezüglich des Wertes von Menschen im Vergleich zu Technologie hat sich allerdings seit der Studie von Korn Ferry im Jahr 2016 doch stark verändert – und das muss offensichtlich eng mit der sich entwickelnden Industrie 5.0 zusammenhängen. Nachfolgend einige wichtige Erkenntnisse:

Aktuelle Entwicklung:

  • In jüngsten Untersuchungen hat sich das Bewusstsein für den Wert von Humankapital erhöht. Unternehmen erkennen zunehmend, dass weiche Fähigkeiten wie Führung, Kulturmanagement und Kreativität entscheidend sind.
  • Die COVID-19-Pandemie hat die Bedeutung von Menschen in der Arbeitswelt hervorgehoben. Flexibilität, Empathie und Zusammenarbeit sind unverzichtbar geworden.
  • Das Korn Ferry Institute betont heute, dass Humankapital global betrachtet, 2.33 mal wertvoller ist als physisches Kapital. (Quelle: Korn Ferry)

Zukunftsaussichten:

  • Technologie bleibt wichtig, aber der Fokus verschiebt sich zusehends. Unternehmen erkennen, dass der Mensch ein Vermögenswert bilden, der Innovation, Kreativität und Wachstum vorantreibt.
  • Die Zukunft der Arbeit wird von einer ausgewogenen Kombination aus Technologie und menschlichem Potenzial geprägt sein.

Insgesamt hat sich die Wahrnehmung von Führungskräften weiterentwickelt, und der Mensch bleibt ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Unternehmen.

Nachfolgend eine Aufführung der Industriepochen:

Industrie 1.0 (ca. 1800): Mechanisierung durch Wasserkraft und Dampfmaschinen. Erste Eisenbahnen, Kohleabbau, Schwerindustrie, Dampfschifffahrt, Textildruck.

Industrie 2.0 (spätes 19. und frühes 20. Jahrhundert): Massenproduktion mit Fließbändern und Elektrizität. Automobilindustrie, Telekommunikation, spezialisierte Arbeitskräfte.

Industrie 3.0 (ab den 1970er Jahren): Einsatz von Computern und Informationstechnik. Automatisierung, höhere Effizienz, Personal Computer (PCs).

Industrie 4.0 (heute): Umfassende Digitalisierung der industriellen Produktion. Intelligente Vernetzung von Maschinen, Echtzeitentscheidungen, Smart Manufacturing.

Industrie 5.0 ist eine transformative Vision für die europäische Industrie, die über Arbeitsplätze und Wachstum hinaus gesellschaftliche Ziele anstrebt. Hier sind die Hauptpunkte:

  1. Mensch im Mittelpunkt:
    • Industrie 5.0 setzt das Wohlbefinden der Arbeitnehmer ins Zentrum des Produktionsprozesses.
    • Neue Technologien sollen Wohlstand schaffen, ohne die Grenzen des Planeten zu überschreiten.
  2. Nachhaltigkeit und Resilienz:
    • Es ergänzt die bestehende “Industrie 4.0” und betont Nachhaltigkeit, Menschlichkeit und Widerstandsfähigkeit.
    • Ziel ist eine nachhaltige, menschenzentrierte und widerstandsfähige europäische Industrie.
  3. Vorteile für alle:
    • Industrie 5.0 stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und zieht Talente an.
    • Kreislaufmodelle und effiziente Ressourcennutzung sind gut für unseren Planeten.
  4. Verknüpfung mit politischen Prioritäten:
    • Es unterstützt die Ziele der Europäischen Kommission, z. B. den “European Green Deal” und die digitale Transformation.
  5. Forschung und Innovation:
    • Industrie 5.0 basiert auf Forschung und Innovation, um eine zukunftsfähige Industrie zu gestalten.
Quelle: European Commission Research and Innovation.

 

Bisher gibt es keine offizielle Industrie 6.0, aber es gibt Diskussionen über zukünftige Entwicklungen. Mögliche Aspekte sind:

Biotechnologie und Nanotechnologie:

  • Die Integration von Biotechnologie und Nanotechnologie in die industrielle Produktion könnte eine neue Ära einleiten.
  • Maßgeschneiderte Materialien, fortschrittliche Medizinprodukte und nachhaltige Ressourcennutzung wären denkbar.

Quantencomputing und Künstliche Intelligenz:

  • Fortschritte in Quantencomputing und KI könnten die Produktionsprozesse revolutionieren.
  • Echtzeitoptimierung, prädiktive Wartung und personalisierte Produkte wären möglich.

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft:

  • Industrie 6.0 könnte sich auf umweltfreundliche und ressourceneffiziente Lösungen konzentrieren.
  • Kreislaufmodelle, erneuerbare Energien und nachhaltige Lieferketten wären im Fokus.

Globale Zusammenarbeit und Ethik:

  • Eine internationale Zusammenarbeit zur Lösung globaler Herausforderungen wäre entscheidend.
  • Ethik, Datenschutz und soziale Verantwortung müssten berücksichtigt werden.

Insgesamt bleibt die Zukunft der Industrie offen, und die nächste Revolution könnte von einer Kombination aus Technologien und menschlichem Engagement geprägt sein.