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  Dominic Bucher bloggt | Vision Kochberuf: Der «Koch der Zukunft»? Eine Situationsanalyse.

Die Vision des Kochberufs von Dominic Bucher ist ganz einfach logisch nachvollziehbar ... und schmerzhaft. Die neuen Bildungspläne für den Beruf des Kochs, die mit dem «Koch 2024» eingeführt wurden, haben einige Diskussionen ausgelöst. Bucher sagt, wäre der «Koch 2024», der ursprünglich «Koch 2020» hiess und mit vierjähriger Verspätung eingeführt wurde, bereits veraltet gewesen, auch wenn er termingerecht umgesetzt worden wäre. Bucher sagt, dass das, was heute Lernende laut Lehrplan können müssen, nicht den heutigen und schon gar nicht den morgigen Anforderungen entspricht. Bucher analysiert im folgenden Beitrag die Situatiuon.

Fortsetzung von: Dominic Bucher bloggt | Falsche Berufswahl durch falsche Erwartungen.

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Text: Dominic Bucher Optimierungen | Bild: Unsplash, Duane Mendes
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Photocredit: Unsplash, Duane Mendes | 

Meine Vision des Kochberufs ist, dass es in einer Küche der Zukunft pro Betrieb nur noch eine Person benötigt, die den Kochprozess und dessen Eigenschaften so versteht, wie es heute jedem Lernenden beigebracht wird. Aber, und das ist der Unterscheid, Koch oder Köchin wird jemand sein, der versteht, wie man Lebensmittel wirtschaftlich einkauft und lagert, wie man detaillierte Rezepte wann und wie vorproduziert. Der die Inhaltsstoffe kennt und der auch ganz exakt vorgibt, wie man einzelne Elemente anrichtet und fertigstellt. Im Idealfall versteht diese Person viel von Rückschub und Entsorgung, von Energieverbrauch und Nachhaltigkeit. Dazu ist sie ein Ass im Kalkulieren und hat auch marketingtechnisch die zukünftigen Entwicklungen auf dem Radar und kann gewinnbringend (in doppeltem Sinne) kommunizieren.

1. Aktuelle Situation

Gerade dieses Jahr wird die «neue» Bildungsverordnung in Kraft gesetzt.

Da er ursprünglich bereits im Jahr 2020 hätte eingeführt werden sollen, hat man also bereits vor über 10 Jahren angefangen zu überlegen, wie das Berufsbild 2020, oder halt jetzt 2024, aussehen könnte. Wenn ich also betrachte, was (auch) in Zukunft von Lernenden verlangt wird, könnten die Anforderungen nicht weiter von dem entfernt sein, was Betriebe benötigen, als das, was ausgearbeitet wurde. Provokativ gesagt wird dieses Jahr etwas eingeführt, das schon veraltet gewesen wäre, wenn man es vor 2 Jahren eingeführt hätte. Das, was Kochlernende gemäss Lehrplan können müssen, ist geschichtlich geprägt und hat mit den effektiven Anforderungen nicht sehr viel gemein.

2. Gründe für diese Feststellung(en)

Nicht nur, aber auch wegen Corona hat der Kochberuf ein neues Bild erhalten: 

  • Vorproduktion wurde wichtiger
  • Vertriebskanäle änderten sich
  • der Fachkräftemangel wurde noch ausgeprägter
  • Öffnungszeiten, aber auch Arbeitszeiten verschoben sich
  • Wertschätzung und Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf werden erwartet
  • und vieles mehr

Die Pandemie hat gezeigt, dass Fachkräfte Mangelware sind, aber auch, dass eigentlich viele Arbeiten nicht diejenigen Vorkenntnisse benötigen, wie allgemein immer geglaubt wird. Das heisst, sehr viele nicht gelernte Personen haben in Lebensmittel verarbeitenden Betrieben Aufgaben übernommen, von denen man dachte, nur eine gelernte Kochfachkraft kann diese ausführen. 

3. Was ist Kochen?

Kochen ist im Grunde genommen, genau wie bei einem Chemielaboranten, ein Vermischen von Zutaten mit oder ohne Hitzezufuhr. Dies basierend auf einem exakten Rezept und je höher die Qualität sein soll, auf einer immer kleineren Toleranzbasis, was Abweichungen anbelangt. Das heisst nichts anderes als, dass Kochen theoretisch jeder kann, der Mengenangaben in Rezepten lesen und abwägen kann, der versteht, was der Garprozess verlangt und der anschliessend hygienisch einwandfrei abkühlen, portionieren und lagern kann.

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Dominic Bucher bloggt regelmässig für Das Pauli Magazin.

Bucher ist ein etablierter Koch, Gastronom und Manager. Er ist unter anderem Diplomierter Küchenchef, Hotelier und eidg. dipl. Institutionsleiter. Die letzten 13 Jahre war er Heimleiter in Hasle-Rüegsau 2011 – 2018) und bis August Gesamtleiter des Seniorenzentrums in Schüpfen, bevor er sich als Unternehmensberater selbständig machte. Dominic Buchere hat einen EMBA in Leadership und Management.
2004 gewann Dominic Bucher die Schweizer Ausscheidung Goldener Koch, damals die Schweizer Selektion für den Bocuse d’Or. Im Finale 2005 erkochte er sich den 11. Platz. Über sich selber sagt er: «Ich bin der Wettkampf Typ. Druck macht mir wenig aus». Zuletzt coachte Bucher Christoph Hunziker, der es im Weltfinal des Bocuse d'Or 2023 auf den 10. Platz schaffte.
Dominic Bucher Optimierungen
Nüchternweg 10, 3038 Kirchlindach
Telefon 41 31 829 29 99, Mobile 41 79 687 13 25
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4. Ist das noch kreativ?

Die Frage stellt sich: "war der Kochberuf jemals wirklich kreativ?" Wie schon in meinem Blog-Beitrag "Falsche Berufswahl durch falsche Erwartungen" vom Juni 2024 erwähnt, hat die Kreativität im Beruf eine viel geringere Stellung, als ihr gemeinhin zugeordnet wird. Kreativ kann sein, dass man exakte Rezepturen miteinander kombiniert, oder dass man farblich und formentechnisch neue Wege beschreitet. Aber schmoren bleibt schmoren und 100 Gramm bleiben 100 Gramm. Ich bin überzeugt, dass wer den gesamten Prozess wie in der Vision beschrieben mitgestalten kann, hat viel mehr Möglichkeiten Kreativität einzusetzen als jemand, der Gerichte ausgarniert.

5. Fazit und Erkenntnis

Als gelernter, passionierter, ja leidenschaftlicher Koch, schmerzt es mich, diese Entwicklung des Kochberufs zu beschreiben. Doch in der heutigen Zeit, sind andere Fähigkeiten gefragt als noch vor 20 Jahren. Das von mir beschriebene Berufsbild würde es auch ermöglichen, auf die Nachteile des Berufsbildes (Arbeitszeiten, Stress) zu reagieren und so neue, interessierte Berufsleute nachzuziehen. Die Fachkraft «Koch» hätte aber in Zukunft auch einen ganz neuen Stellenwert.

Und ja, es wird sie immer geben, die Künstler, die einen überraschen und verzaubern. Ich könnte mir vorstellen, dass der Koch, wie er bis heute beschrieben wird, in Zukunft eine Weiterbildung darstellt, die mit dem Diplom im Sinne eines «Gourmet-Koches» oder ähnlich abschliessen würde.

Doch in über 80 Prozent der Gastronomiebetriebe geht es darum, gute Speisequalität zu vernünftigen Preisen mit optimierten Kosten anzubieten. Und gleichzeitig, dass Arbeitnehmende anständig entlöhnt werden und die Arbeitszeiten so sind, dass auch ein Leben neben dem Beruf möglich ist. 

Teilen Sie meine Meinung oder denken Sie das Gegenteil? Dann melden Sie sich. Sehr gerne komme ich mit Ihnen in den Austausch und versuche gemeinsam mit Ihnen herauszufinden, wie der wunderbare Beruf Koch weiterentwickelt werden kann, ja muss und gerade deswegen, wieder populär und zukunftsfähig bleibt.

 info@dominic-bucher.ch