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  Ernährungslehre: 77 + 23 = 113? Aber sicher doch! Eine Übersicht über Proteine und Aminosäuren.

Das, was wir in der Ernährung als Eiweiss bezeichnen, hat nichts mit dem Eiklar zu tun, sondern mit Proteinen. Diese Bausteine bestehen aus verschiedenen Aminosäuren, die durch Peptidbindungen miteinander verkettet sind.

Protein baut Muskeln bzw. Muskelfasern auf. So weit so gut. Doch das ist noch längst nicht alles.

Es ist wieder Badesaison und die Glanzzeit definierter Körper. Selbstverständlich ist auch die Bier-Wampe eine Definition des Körpers, die ist allerdings hierbei nicht gemeint. Im Ernst, immer mehr Gäste achten auf die Proteinzufuhr. Höchste Zeit also, sich damit auseinander zusetzen, damit man weiss, dass 77% Rindlfleisch plus 23% Kartoffeln eine Biologische Wertigkeit von 113 ergibt, vorbor Proteinkost auf der Karte angeboten wird.

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Text: Romeo Brodmann | Bild: Unsplash, CA Creative 
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Um Antikörper, Gewebe, Haare, aber auch Hormone oder Enzyme etc. zu bilden, dazu sind Aminosäuren notwendig. Aus Aminosäuren baut der Körper die Proteine, die er gerade benötigt.

Proteine benötigt der Körper nicht nur für den Aufbau der Muskelmasse, sondern eben auch für den Aufbau, Erhalt und Betrieb des gesamten Grundgerüstes des Bewegungsaparates. Dieser Proteinstoffwechsel verlangt nach stetigem Nachschub. 

Aber wieviel braucht der Körper denn jetzt und vor allem was?

Der Menschliche Körper benötigt 21 Aminosäuren.

Nicht essentiell
Nicht essentielle Aminosäuren kann der Körper selber herstellen.
Alanin – Beteiligt an Immunsystem, Blutzuckerspiegel und Stoffwechsel.
Asparagin – Beteiligt an Muskelaufbau, Förderung der Leistungskraft, Testosteronspiegel
Asparaginsäure – Beteiligt an Muskelaufbau, Förderung der Leistungskraft, Testosteronspiegel– Beteiligt an Muskelaufbau, Förderung der Leistungskraft, Testosteronspiegel
Glutamin – Verantwortlich für die Wassereinlagerung in Zellen, beliefert sich schnell teilende Zellen mit Energie, Förderung der Proteinbildung, Beteiligt an Nerven- und Darmfunktionen, stärkt das Immunsystem.
Glutaminsäure – Verantwortlich für die Wassereinlagerung in Zellen, beliefert sich schnell teilende Zellen mit Energie, Förderung der Proteinbildung, Beteiligt an Nerven- und Darmfunktionen, stärkt das Immunsystem.
Glycin -  Regulierung, Aufbau und Förderung von Stoffwechselvorgängen.
Prolin – Bildung von Kollagen.
Selenocystein – Beteiligt am Enzym, das den Zellen freie Radikale bzw. aktiver Sauerstoffspezies abbaut.
Serin – Unterstützt Produktion von Immunglobulinen und Antikörpern. Beteiligt an der Absorption von Kreatin, das Bestandteil für Aufbau und Erhalt von Muskeln ist.


Semi essentiell

Semi essentielle Aminosäuren kann der Körper nur bedingt und unter gewissen Umständen nicht bilden und müssen mindestens teilweise zugeführt werden.
Arginin – Bedeutsam für Bildung von Stickstoffmonoxid, der Blutgefässe weitet und Blutdruck. Senkt. Bei Mangel sind die Folge Durchblutungsstörungen, Bluthochdruck und Erektionsstörungen.
Histidin – Beteiligt am Gewebwachstum und Gewebereparatur, Beteiligt an der Funktion der Schutzhülle der Nerven (Myelinscheide). Wir zudem in den Botenstoff Histamin umgewandelt.

Für Kinder und Schwangere Essentiell

Cystein – Beteiligt an der Entgiftung von Bakterien, Diverser (medizinscher) Wirkstoffe und Alkohol. Acetylcystein hilft als Gegengift bei Paracetamolvergiftungen.
Tyrosin – Beteiligt an Bildung von Proteinen und Funktion der Nebennieren sowie diverser Drüsen und an der Produktion von Botenstoffen und Hormonen.

Essentiell

Essentielle Aminosäuren kann der Körper nicht bilden. Sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden.
Isoleucin – Reguliert den Blutzuckerhaushalt. Kommt hauptsächlich in den Muskeln vor und hilft, den Muskelaufbau zu fördern.
Leucin – Beteiligt am Erhalt und Aufbau von Muskelgewebe sowie an der. Proteinbiosynthese in Muskulatur und Lebern, hemmt Muskelproteinabbau und fördert Heilungsprozesse. Energielieferant für sich schnell teilende Zellen.
Lysin – Körperwachstum und Kollagenaufbau. Hält das Hornwachstum (Haare, Haut, Nägel etc.) geschmeidig.
Methionin – Harnsäuernde Wirkung, hemmt damit das Wachstum von Bakterien in den ableitenden Harnwegen.
Phenylalanin – Beteiligt an Schmerzlinderung sowie an der Synthese verschiedener Körpereigener Stoffe wie Melanin, Insulin, Thyroxin. Ist die Grundlage zur Bildung von Tyrosin, aus dem Neurotransmitter und Hormone entstehen.
Threonin – Beteiligt an der Bildung von Zahngewebe, Kollagen und Elastin in der Haut
Tryptophan - Beteiligt am Funktionieren des Nervensystems, an der Regelung des Fetthaushaltes und Leberfunktion. Ist an der Bildung des Glückshormons Serotonin betiligt und wird gerne auch als Gute-Laune-Aminosäure bezeichnet.

 

Was Wann Wo.

Die Versorgung mit ausreichend Protein ist für den menschlichen Körper also essentiell. Kohlenhydrate und Fette dienen bevorzugt als Energielieferant, Protein hauptsächlich als Baustoff. Aber Achtung, der Köper kann Protein auch als Energiequelle anzapfen.

Wichtig ist, es müssen mit der täglichen Nahrung genügend Proteine von hoher Qualität (siehe Biologische Wertigkeit) aufgenommen werden. Dieses sollte allerdings ausgeglichen auf die Mahlzeiten alle drei bis fünf Stunden verteilt sein. Idealerweise drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten. Eine Portion (Mahlzeit) sollte rund 20 bis 30 g Proteine enthalten

Wieviel Protein hängt vom Ziel und der Körpermasse ab.

Ganz allgemein für den täglichen Bedarf von Menschen mit genügend Bewegung werden 1.3 bis 1.8 g pro kg Körpergewicht und Tag empfohlen.

 

 

Kraftsport, Bodybuilding, Muskelaufbau

Unter Kraftsportlern werden Proteinzufuhren von um die 4g pro kg Körpergewicht und Tag kolportiert. Diese Zahl hat aber «weder Hände noch Füsse», sind also in keinen Wissenschaftlichen Erhebungen zu finden.

Die Empfehlungen reichen je nach Quelle von 1.4 bis 3.3g pro kg Körpergewicht. Es gilt die Faustregel: Je intensiver das Training, desto höher die Proteinaufnahme. Aber Achtung: Bis 2.6 g pro kg Körpergewicht kann der Körper das Protein in das Muskelwachstum investieren, bei allen Einnahmemengen über 2.6 g pro kg Körpergewicht konnte keine Studie eine zusätzliche Zunahme der Muskelmasse ausweisen.
Beim Bulking – also der Massephase beim Bodybuilding, währen der hohe Kaloriendosen notwendig sind, verringert die Aufnahme von Energie in Form von Proteinen die Fettzunahme (siehe unter Body Definition und Diät).

 

Body Definition

Wird dem Körper weniger Energie in Form von Kohlehydraten und Fett zugeführt als er benötigt (negative Energiebilanz), greift er auf Proteine als Energiequelle zurück. Proteine als Energielieferant haben noch weitere Effekte: Die Einnahme von Protein als Energielieferant zieht ein schnelleres Sättigungsgefühl nach sich als gleiche Energiemengen in Form von Fett und Kohlehydraten. Darüber hinaus benötig der Körper mehr Energie zur Verdauung und Umwandlung in Energie von Protein. Wird also die Gesamtenergiezufuhr durch Fett und Kohlehydraten reduziert, ist eine erhörte Proteinzufuhr angezeigt.

 

Gewichtsreduktion und Ernährungsformen

Auf den unter Body Definition beschriebenen Effekte bei Protein als Energielieferant bauen verschiedenen Reduktionsdiäten wie z.B, Low-Carb-Diät. Bei Reduktionsdiäten ist die Erhöhung der Energiezufuhr durch Protein wichtig, damit die fettfreie Körpermasse (Muskelmasse) besser erhalten bleibt bei gleichzeitiger Abnahme des Körperfettes, denn der Körper greift auch sehr schnell auf die Energiereserve Muskel zurück – er baut Muskeln ab um a) daraus Proteine für die Energieproduktion zu gewinnen und b) um den Unterhalt der Muskeln zu verringern und so Energie zu sparen.
Empfohlen wird bei sportlich aktiven Menschen Während einer Kalorienreduktion eine Menge von 1.8 bis 2.7 g Protein pro kg Körpergewicht, bei übergewichtigen und Fettleibigen Menschen ohne Bewegung 1.2 bis 1.5g pro kg Körpergewicht.

Hinsichtlich Vegetarischer und Veganer Ernährung muss ein genauer Blick, nicht nur auf die Menge an Eiweiss, sondern speziell auch auf die Zusammensetzung der Aminosäuren geworfen werden (siehe biologische Wertigkeit).


Alter und Krankheit

Muskelabbau ist ein normaler Vorgang in unserem Körper der ungefähr ab dem 30. Altersjahr einsetzt. Bis zu 10 Prozent Muskelmassen kann ein Mensch pro Jahr verlieren – was nicht gebraucht wird, rationalisiert der Körper weg. Was der Körper beim Abbau nicht in Energie umwandeln kann, wandelt er in Fett um.
Allein schon aus diesem Gesichtspunkt ist Sport bzw. die Aktivierung der Muskeln bei ausreichender Proteinzufuhr wichtig. 
Hinsichtlich reduzierter oder sogar ganz eingestellter Bewegung durch Krankheit, Verletzung, Bettlägerigkeit etc. ist eine angemessene Proteinzufuhr wichtig.

Für Menschen 60+ ist ganz generell eine Proteinzufuhr von 1.2 g+ pro kg Körpergewicht wichtig und das bei ausreichender Energiezufuhr also positiver Energiebilanz.

 

Biologische Wertigkeit

Die biologische Wertigkeit zeigt an, wie effizient Nahrungsprotein in körpereigenes Protein umgesetzt werden kann. Dies hängt von der Zusammensetzung der Essentiellen-Aminosäuren zusammen.

Es gilt das Minimumgesetzt – die knappste Ressource, also die Aminosäure, die im Verhältnis zu den anderen Aminosäuren am geringsten vorhanden ist, begrenzt die Aufnahme.

Als Referenzwert gilt Vollei mit einer biologischen Wertigkeit von 100. Wird ein Nahrungsprotein vom Körper schlechter als das Eiprotein verwertet, liegt die Biologische Wertigkeit unter 100 und wird es besser verweretet, liegt der Wert über 100.

Unterteilt wird auch in Vollständige Proteine (alle essenziellen Aminosäuren sind enthalten) und unvollständige Proteine (es sind nicht alle Essentiellen Aminosäuren enthalten, z.B. Gelatine). Unvollständige Proteine haben eine biologische Wertigkeit von 0.

Biologische Wertigkeit von Lebensmitteln

104      Molkenprotein
100      Vollei
96        Soja
92        Thunfisch
91        Sojamilch
90        Buchweizen
87        Rindlfeisch
88        Kuhmilch
85        Schweinefleisch
83        Quinoa
83        Reis
80        Roggenmehl
80        Huhn 
77        Casein
76        Kartoffeln
72        Bohnen
60        Hafer
60        Linsen
57        Weizenmehl


Kombinationen

136      65% Kartoffel, 35% Vollei
123      75% Milch, 25% Weizenmehl
122      60% Vollei, 40% Soja
122      71% Vollei, 29% Milch
114      77% Rindfleisch, 23% Kartoffeln
111      55% Soja, 45% Reis
103      55% Kartoffel, 45% Soja

 

BCAA

Branched-Chain Amino Acids ist der Englische Begriff für verzweigtkettige Aminosäuren. gemeint sind Valin, Leucin und Isoleucin. Diese Aminosäuren werden weniger in der Leber und mehr in Gewebe und Muskeln verstoffwechselt. Hat der Körper z.B. eine negative Energiebilanz, zieht greift er zur Energiegewinnung vorderhand auf diese Aminosäuren zurück und diese fehlen dann in der Aminosäuren-Bilanz. Die Idee von BCAA ist es also im Sport, diese unabhängig zu den anderen Aminosäuren separiert aufzufüllen und dem Körper zur Verfügung zu stellen. Das gilt auch als Therapie verschiedener Muskelerkrankungen. Die Wirkung ist nicht erwiesen. 

 

Quellen:

Proteine in der Ernährung des Menschen (2011), Eidgenössische Ernährungskommission, Mai 2011
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19057193
Hot Topic Protein im Sport Version 3.1, Swiss Sports Nutrition Society
The Effects of Overfeeding on Body Composition: The Role of Macronutrient Composition - A Narrative Review, Leaf A, Antonio J (2017)
A high protein diet (3.4 g/kg/d) combined with a heavy resistance training program improves body composition in healthy trained men and women--a follow-up investigation . Antonio J, (2015)
 

Alle Angaben, Facts & Figures sind ohne Gewähr. Die verschiedenen Quellen geben oft unterschiedliche Werte an.