Brodmann schnauzt: Ein Junger begabter Koch wurde von Dritten nackt mit nichts als einer Kochjacke in den Himmel katapultiert. Runter musste er alleine. Bumm.
Das tragische Stichwort der letzten Woche in der Presse war: «Schuldenkoch». Gemeint ist damit der hochgejubelte Joel Kraatz, dessen System zuerst explodiert und dann implodiert ist. Und es stimmt ziemlich vieles überein mit dem Fall Simon Adam. Das Stichwort hiess damals «gescheiterter Star-Gastronom» und das Prinzip war, die alten Schulden in neuen Schulden aufgehen zu lassen.
Die zwei bedauernswerten Fälle, und das ist das Brutale, sind leider nur die Manifestation des tatsächlichen Schadens für die Gastronomie und ihr Umfeld.
Jedes Jahr schliessen / öffnen zwischen 1500 und 2500 Gastronomiebetriebe. Das sind angesichts der vom Bundesamt für Statistik stabilen Zahl von gesamthaft 27'000 bis 28'000 Betriebe rund 5 bis 10 Prozent. Die Konkursquote lassen wir hier jetzt mal weg, da wird es einem flau im Magen.
Jedenfalls, zurück zu den beiden: Eine weitere Parallele ist, dass sie masslos hochgejubelt wurden. Kraatz wurde mit der Sendung «The Taste» nackt mit nichts als einer Kochjacke in den Himmel katapultiert. Der Absturz war entsprechend: Ungebremst. Tief. Bumm.
Erstaunlich ist das nicht. «The Taste» ist eine dieser vielen belanglosen Kochsendungen, in denen ein grosser Haufen Nichts mit viel warmer Luft noch grösser aufgeplustert wird. Zusammengehalten wird das Ganze von einer hauchdünnen Schale Glaubwürdigkeit, zusammengesetzt aus einigen super guten Köchen, die immer schön auf dem Boden bleiben. Kraatz hingegen musste irgendwie alleine gelassen wieder runter, und die Kochjacke als Rüstzeug ist noch lange kein Fallschirm.
Und damit diese Frage auch noch geklärt ist: Meiner Meinung nach die wohl beste Kochsendung ist «Kitchen Impossible» von und mit Tim Mälzer. Dieses Format hat Substanz, ganz einfach, weil es Kochen als bodenständiges Handwerk in seiner ganzen Pracht zwischen Erfolg und Versagen, Blut und Schweiss, Lachen und Tränen aufzeigt. Ich zolle jeder Köchin und jedem Koch, die oder der sich auf diesen Wettkampf einlässt, riesigen Respekt.
Freude hatte ich an der Nachricht, dass mit Tanja Grandits erneut eine Schweizer Köchin gegen Mälzer antritt. Ich mag ja den Mälzer inklusive seiner grossen Klappe. Genau weil er unseren Beruf ungeschönt, aber auch in seiner leidenschaftlichen Vielfalt zeigt und zelebriert. Hoffe aber natürlich, dass nach Meta Hiltebrand auch Grandits dem Hamburger Grossmaul Saures gibt.
Wie dem auch sei, um zurück zum Anfang zu kommen, Das Pauli Magazin hat das kostenlose «MERKBLATT FÜR GASTRONOMIE-NEUERÖFFNUNGEN / NEUE KONZEPTE / BETRIEBSÜBERNAHMEN» publiziert. Darin sind nicht nur für Fälle wie Joel Kraatz die wichtigsten Punkte und Fragen aufgeführt und kommentiert, die man sich im Falle einer gastronomischen Unternehmung mindestens stellen sollte.