Erntehelfer werden in der ganzen Schweiz weiter dringend benötigt. Wegen der Corona-Reiseverbote für Erntehelfer aus dem Ausland sei im Land eine Lücke von Helfern in der Landwirtschaft entstanden, bestätigt auch Beat Sätteli. Gezielt werden Menschen angesprochen, die sich durch die Coronakrise bedingt gerade in Kurzarbeit befinden. Obwohl sich bei ihm Helfer für die Spargelernte gemeldet hatten, werden noch weitere helfende Hände gesucht. «Es haben sich bei uns schon Studenten, Kellner, Köche und sogar ein Linienpilot gemeldet», freut sich Sätteli. Vier Leute hat er bereits eingestellt, 15 braucht die Spargelfarm Sätteli noch.
Die Zeit drängt, denn am 8. April beginnt in der Schweiz die offizielle Spargelsaison. Ein reibungsloser Einstieg in die Ernte dürfte nicht zu erwarten sein. «Spargelstechen kann man nicht so schnell lernen», gibt Beat Sätteli zu Bedenken. Das feine Gemüse sei mit blossem Auge gar nicht leicht zu erkennen. Und es brauche eine bestimmte Technik, um die weissen Stangen in der Erde nicht zu beschädigen. «Man muss freundlich zum Spargel sein, denn er ist empfindlich.» Auf zwei Hektaren Ackerland wachsen die weissen Spargeln, auf neun die grünen.
«Um den Weissen zu stechen, müsse man schön spitzfindig sein»
Beat Sätteli aus Ramsen produziert seit 30 Jahren Spargeln. «Der vollkommen weisse Bleichspargel wird mehr und mehr auch bei uns geschätzt. Wir bauen heute hauptsächlich grünen Spargel an», sagt er. «Beim weissen und grünen Spargel handelt sich dabei um dieselbe Pflanzensorte – der Unterschied liegt in der Art der Pflanzung. Um den Weissen zu stechen, muss man ganz schön spitzfindig sein. Denn er erblickt nie das Licht der Welt», weiss der der Ostschweizer Spargelpionier Sätteli aus Wilen. Der Weisse wächst unter der Erde und erhält kein Licht. Der grüne Spargel entfaltet an der Oberfläche und entwickelt Blattgrün (Chlorophyll) wie andere Pflanzen. Ihn lässt man in voller Länge (25 bis 30 Zentimeter) ans Tageslicht rücken. Der violette Spargel ist eine andere Sorte und gedeiht an der Oberfläche wie der Grünspargel, für uns sichtbar, über dem Boden. Diese produziert Sätteli nicht mehr. «Sie war mehr ein Gag ohne viel Ertrag und bei den Kunden so beliebt, weil sie beim Kochen grün wird.»
Bald 1'500 Kilo Spargeln pro Tag
Angefangen hat der ausgebildete Landwirt auf seinem Hof in Wilen im 1991 auf einer Fläche von fünfzig Aren, dann waren es 17 Hektaren, jetzt sind es noch elf. Markus Leumann, Amtsleiter und Rebbaukommissär, Landwirtschaftsamt des Kantons Schaffhausen in Neuhausen am Rheinfall: «Obwohl im Kanton Schaffhausen erst am 30. März die Datenerfassung offiziell geendet hat, können wir gewisse Angaben zur Spargelanbaufläche liefern: 2018 20.87 ha, 2019 20.37 ha, 2020 21.37 ha. Erfahrungsgemäss sind es vor allem Grünspargeln.» Im Kanton Thurgau sind es 42 Hektaren. Sätteli ist ein grösserer Spargelproduzenten im Land und Kanton. Zudem auch ein wichtiger Beerenproduzent. Führend sind Beat und Marketa Sätteli in der Produktion von Walderdbeeren (rund zwei Tonnen pro Jahr). Insgesamt gibt es in den Kantonen Schaffhausen (neun) und im Thurgau 36 Betriebe, die Grünspargeln anbauen – davon fünf mit weissen. Beat Sätteli: «Wir hoffen, an Ostern bis zu 1'500 Kilo Spargeln pro Tag ernten zu können. Wir verkaufen einen Teil der Ernte an die Landi in Hüttwilen TG und Umgebung, vermarkten viel selbst auf unserem Hof und haben einen Auslieferdienst für unsere Produkte aufgezogen.»Da wegen der Coronakrise alle Wochenmärkte geschlossen sind, kann er die Kunden in Dübendorf, Volketswil, Zollikon und Wald nicht direkt bedienen. Grünspargel kosten heuer 16 Franken das Kilo, die Weissen 18 bis 20 Franken. Der innovative Unternehmer importierte und verwendete 1999 die erste Schneidemaschine für Spargel in der Schweiz.
«Mit frischer Béarnaise oder an einer Hollandaise»
Geschätzt wird der Spargel auch in der Gastronomie: «Ich mag vor allem Ostschweizer Grünspargel und serviere ihn in der kurzen Saison mit frischer Béarnaise, Vinaigrette oder auch an einer Hollandaise», sagt etwa der gebürtige Steckborner Spitzenkoch Urs Wilhelm vom «Schäfli»in Altnau TG.
Der 58 Jahre alte Ramsener Landwirt bewirtschaftet insgesamt 20 Hektaren Land. Er baut seit fünf Jahren mit Erfolg auf einer Hektare auch Freilandrosen an (30 Sorten, 22'000 Sträucher). Und Sätteli betreibt auf seinem Hof eine Besenbeiz. Dabei helfen ihm seine Frau Marketa und hoffentlich rund 20 Erntehelferinnen und -helfer aus der Schweiz und Osteuropa.
Heuer ohne Pauken und Trompeten
Am 1. Mai wird normalerweise die saisonale Besenbeiz auf Sättelis Hof mit Pauken und Trompeten eröffnet. Heuer wird das wegen dem Coronavirus wohl nicht möglich sein. «Zehn bis zwanzig Gesellschaften mussten wir bereits absagen. Am Tag der Arbeit kamen manchmal bis zu1'000 Leute vorbei und es gab mehr als nur Spargeln zu geniessen», erzählt der Tausendsassa Beat Sätteli. Frischer kann man Spargel nicht essen. Wie er und seine Brigade das alles bewerkstelligen können, bleibt ein Rätsel. Vielleicht liegt des Rätsels Lösung in Marketa Sätteli, seiner engagierten Gattin. Sie lenkt umsichtig die Produktion und den «Hofstaat», so kann der «Spargelkönig»frei agieren.
Weder im Hinblick auf die Ernte noch auf den Umsatz werde es ein gewöhnliches Spargeljahr werden, sagte Beat Sätteli. Der Anteil, den normalerweise die Gastronomie und die Kunden auf seinen vier Märkten kaufen, sei «beachtlich»– und er falle in diesem Jahr fast komplett aus. Es sei deshalb auch damit zu rechnen, dass der Spargelpreis vergleichsweise niedrig ist.
Beat und Marketa Sätteli, Früchte und Gemüse, Wilen 14, 8262 Ramsen, Telefon 052 743 17 14, Telefax 052 743 19 22, besa@solnet.ch, www.spargelfarm.ch.
Fakten zum Spargelanbau in der Schweiz
Über 730 Tonnen Spargeln werden heuer erwartet
Es ist auch bei uns wieder Spargelzeit. In der Schweiz werden pro Jahr rund 10'500 Tonnen des beliebten Gemüses verspeist. Doch nach wie vor werden nur rund acht Prozent der verzehrten Spargeln auch in der Schweiz angebaut – obwohl die Bauern ihre Produktion laufend erweiterten. Die Anbaufläche für Spargel in der Schweiz beträgt insgesamt 411 Hektaren (davon 235 ha Grünspargeln). 2009 betrug die Fläche noch 189 Hektaren. Trotzdem wurden im vergangenen Jahr, 2019, «nur» rund 732 Tonnen Spargeln in der Schweiz produziert (415 Tonnen weisse, 317 Tonnen grüne Spargeln). Der Spargelimport beträgt in der Schweiz 9'686 Tonnen. Der jährliche Pro Kopf-Konsum liegt bei 1,4 Kilogramm pro Kopf. «Für die Saison 2020 gehen wir davon aus, dass die Ernte in einem ähnlichen Rahmen ausfällt, wobei die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie noch nicht vorausgesagt werden können. Wir hoffen, dass wir genügend Helfer auf den Betrieben haben, um die Spargeln aus dem Boden zu holen», sagt Markus Waber, Bereichsleiter Kommunikation beim Verband Schweizer Gemüseproduzenten(VSGP) in Bern.
Dieses Jahr werden wieder über 700 Tonnen Schweizer Spargeln erwartet. Die Anbaufläche ist mit insgesamt 411 Hektaren ziemlich konstant, hat sich aber innerhalb der vergangenen 30 Jahre verdreifacht. Heute belegt der Bleichspargel über 56 Prozent der Gesamt-Spargel-Anbaufläche. Wurde der Anbau von Grünspargel vor einigen Jahren stark forciert, bemerkt man heute eine klare Stagnation des Grünspargelanbaus.Es gibt etwa 180 Spargelbetriebe in der Schweiz. Unser Land ist ein guter Boden für den Spargel, Asparagus officinalis, dem nicht nur allerlei heilende, sondern auch liebesfördernde Kräfte nachgesagt werden. Er wächst hauptsächlich – und mengenmässig in dieser Reihenfolge – in den Kantonen Zürich, Wallis, St. Gallen und Thurgau. «Der weisse Bleichspargel wird auch bei uns geschätzt. Wir bauen auf unserer Spargelfarm aber heute mehr grünen als weissen Spargel an», sagt der Schaffhauser Spargelpionier Beat Sätteli, der 1991 mit der Kultivierung begann und heute elf Hektaren Spargel in Ramsen anbaut. (uok)
www.szg.ch, www.gemuese.ch