Das Kloster auf der Insel im Rhein war ein Sorgenkind des Kantons Zürich. Einerseits ein reiches Kultur- und Geschichtsgut, anderseits ein Fass ohne Boden, wenn es um die Restauration und den Unterhalt geht. Wie immer eben. 

Subtrahiert man das politische Tamtam, würden viele dem zujubeln, was hier geschaffen wurde. Ende der 2000er Jahre trat Christoph Blocher an den Kanton heran und schlug vor, eine Stiftung zu schaffen, die ein Grossteil des Klosters mietet und so zu einem vernünftigen Halt in der Finanzierung der Restauration Hand biete. Das Ja liess nicht lange auf sich warten. 2008 wurde mit den Bauarbeiten begonnen und 2014 wurde die Musikinsel Rheinau in Betrieb genommen. Entstanden war sozusagen ein Hotel für die Musik, in dem sich alle Arten von Musizierenden zurückziehen und sich mit der umgebenden Stille aufs wesentliche konzentrieren können – vom Notenstudium eines Dirigenten bis zur Chorprobe. Vom Raum für einen Musiker bis zum Saal, in dem ein 110-köpfiger Chor sich entfalten kann. «Das ist einzigartig in der Schweiz, manche sagen sogar in Europa», sagt die Geschäftsführerin Carmen Kalberer. Nur, dass vergleichbare Institutionen in Deutschland staatlich gefördert werden. Hier beginnt die Crux, zu der Rahel Blocher sagt: «Wir werden zum Opfer unseres eigenen Erfolges.» Die Stiftung Schweizer Musikinsel Rheinau ist zwar ein sozial-kulturelles Projekt, das aber marktwirtschaftlich funktionieren sollte, was es auch tat. Man war nah am Break-Even, als Corona kam. Doch auch die Pandemie konnte den Erfolg nicht dauerhaft brechen, 2022 könnte trotz allem noch ein Rekordjahr werden. Dass das ein Erfolg werde, hat man nicht wissen können, aber das Risiko sei man eingegangen, sagte Christoph Blocher dazu.

Die Risiken waren in der Tat gross. Alleine die Jahresmiete von CHF 350'000.- bei garantierten 15 Jahren birgt das Potential eines waghalsigen Abenteuers, ganz zu schweigen von den Unterhalts- und Betriebskosten eines 130-Zimmer-Hotels, was das ganze ja eigentlich auch ist.

Mit «wir werden Opfer unseres eigenen Erfolgs» meinte Rahel Blocher die totale Auslastung an den Wochenenden. Das ist eine Folge des schweizerischen Milizsystems, das auch in der Musik zum Tragen kommt. Die meisten Musiker arbeiten nebenher. Die Auslastung unter der Woche ist deshalb spärlich, nicht zum Leidwesen aller: Der Panflötenspieler Heinz Baur sagt: «Wenn ich unter der Woche hier bin, habe ich das Kloster für mich alleine.»

Jedenfalls gibt es da einen mittleren Trakt, der weder genutzt noch renoviert ist. 

Das wäre die Möglichkeit für die Stiftung, das Angebot an Musikräumen auszubauen. Passen würde das, denn niemand bestreitet, dass klösterliche Besinnlichkeit und Musik in wohltuender Weise kongruent sind.

Doch jetzt, wo die Stiftung Schweizer Musikinsel Rheinau die Grundlage legte und das Risiko schulterte, schwelt das allgemeine Crescendo der Begehrlichkeiten. Der Kanton möchte ein Museum KKK einrichten – Kelten, Kloster, Klinik. Einst war im Kloster Rheinau eine Psychiatrische Klinik untergebracht. Ein Museum, das über Steuergelder finanziert wird, würde der Musik-Stiftung also die Möglichkeit nehmen, sich so zu entfalten, um finanziell tragbar zu werden. Die zuständigen Stellen des Kantons lehnen dabei die allerdings Vorschläge zur Zusammenarbeit zwischen Museum und Musik-Stiftung offensichtlich ab. Näheres wollte man dazu nicht sagen.

Sicher ist die Musikinsel Rheinau für die Gastronomie und Hotellerie eines: Ein Paradebeispiel, wie spezialisierte Hotellerie und Gastronomie funktionieren kann. Besonders schön beschrieb Carmen Kalberer ihre Vorstellung von Gastfreundschaft: «Wenn ich Gäste barfuss durchs Haus laufen sehen, weiss ich, sie sind angekommen.»

 

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Nachfolgend die vollständige Pressemitteilung: 

Stiftung Schweizer Musikinsel Rheinau (MIR): Erfolgreich aber in Zukunft Platzsorgen, darum Ausbauwünsche.

Standortbestimmung Stiftung Schweizer Musikinsel Rheinau (MIR)

1)        Entstehungsgeschichte der Stiftung Schweizer Musikinsel Rheinau (MIR)

Ziel der MIR war, für das Kloster Rheinau einen langjährigen, passenden Mieter zu finden, der es dem Kanton Zürich ermöglicht, das wertvolle barocke Klostergebäude vor dem Zerfall zu retten und zu renovieren

Der Mietzins sollte die denkmalpflegerische einwandfreie Renovation rechtfertigen. Der Mieter sollte dem historischen Charakter des Klosters entsprechen.

Dies garantierte die Stiftung Schweizer Musikinsel Rheinau (MIR). Nur dank MIR als Ankermieter wurde die Renovation des Klostergebäudes erst ermöglicht.

2.)       Zweck der MIR und Zweckerfüllung

Die MIR bezweckt ein musikalisches Übungszentrum mit Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten zu betreiben, das selbstkostendeckend ist, und den zahlreichen Musikformationen die Gelegenheit bietet, ein paar Tage sich zurückzuziehen, um gemeinsam zu proben

Zu diesem Zweck wurde die Stiftung Schweizer Musikinsel Rheinau (MIR) mit einem einbezahlten Stiftungskapital von 20 Millionen CHF gegründet und die MIR betreibt die Musikübungsstätte MUSIKINSEL im achten Jahr, mit Erfolg. 

Obwohl der Betrieb infolge Covid während der Jahre 2020 und 2021 fast vollständig geschlossen werden musste, darf heute zusammenfassend festgestellt werden, dass die MUSIKINSEL auch in Zukunft erfolgreich sein wird. Die MUSIKINSEL hat sich als Übungsort für kleinere und grössere Formationen etabliert. Die meisten Gäste haben sich zu Stammgästen entwickelt, die zum Teil mehrmals pro Jahr und zum Teil in unterschiedlichen Formationen einen Aufenthalt auf der MUSIKINSEL in ihrem Jahresprogramm einplanen. Die meisten Gäste haben sich angewöhnt, beim Verlassen der MUSIKINSEL gleich den nächsten Aufenthalt zu buchen, das heisst mit einem Jahr Vorlaufzeit. Der MUSIKINSEL ist es gelungen, ein nationales und internationales Publikum zu finden, welche die hervorragende Infrastruktur, wie sie die MUSIKINSEL mit 16 verschiedenen Proberäumen, Übernachtung und Verpflegung unter einem Dach bietet, zu schätzen weiss. Die grosse Wertschätzung, die der MUSIKINSEL entgegengebracht wird, zeigt sich insbesondere in den Sozialen Medien, in denen die Gäste immer wieder stolz und begeistert mitteilen, dass sie die MUSIKINSEL besucht haben (https://www.facebook.com/Musikinsel.Rheinau/). Auch auf der Website der MUSIKINSEL sind verschiedene Musiker als Referenz aufgeführt, die begeisterte Besucher der MUSIKINSEL sind und teilweise schon seit der Eröffnung zu den treuen Stammgästen gehören (https://www.musikinsel.ch/de/musikinsel/stimmen-unserer-gaeste). Diese Referenzen zeigen auch, wie breitgefächert das Spektrum der Gäste der MUSIKINSEL sind. Es wird eine grosse Palette von verschiedenen Musikstilen abgedeckt, und es finden immer wieder verwandte Kurse wie Qigong und Yoga statt.

3.        Gefährdete Weiterentwicklung durch den Vermieter

Im Jahr 2022 sind nur noch an sechs Wochenenden Platz für grössere Gruppen verfügbar, die meisten Wochenenden sind komplett ausgebucht. Da die Belegung der Musiker sich in erster Linie auf die Wochenenden konzentriert (Laien) und Probewochenenden im Hinblick auf Auftritte geplant werden, ist die Flexibilität bei der Terminfindung stark eingeschränkt. Daher müssen leider vermehrt Anfragen von Kunden abgelehnt werden, weil nicht mehr genügend Räumlichkeiten unter einem Dach zur Verfügung stehen. Die MUSIKINSEL läuft aktuell Gefahr, das Opfer ihres eigenen Erfolgs zu werden. Nach mehreren Anfragen, welche auf Grund fehlender Verfügbarkeit abgelehnt werden müssen, besteht die Gefahr, dass die MUSIKINSEL nicht mehr angefragt wird, da diese «sowieso immer voll» ist. Es zeigt sich, dass die aktuell zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten, nicht ausreichen, um die Nachfrage zu decken. Es gilt daher die Kapazität der MUSIKINSEL mit Räumlichkeiten unter einem Dach zu erhöhen und ihrem Erfolg Rechnung zu tragen.

4.        Problemlösung

Voraussetzung ist, dass jetzt die Weiterentwicklung durch den Eigentümer und Vermieter des Klosters – den Kanton Zürich – nicht verhindert wird. Die Bedürfnisse einer langjährigen Nutzung (Übungssäle, Unterkunft und Verpflegung unter einem Dach) liegen vor. MIR hat bei ihrem Vermieter ein Gesuch gestellt, eine Erweiterung ihrer Fläche im aktuell noch leerstehenden Quertrakt, dem sogenannten Abttrakt, zu prüfen.

5.        Folgen bei Nicht-Berücksichtigung des Gesuchs

Der Kanton Zürich hat mit der MIR einen langjährigen zuverlässigen Mieter, der für die sachgerechte Nutzung des geschichtsträchtigen Gebäudes garantiert. Die bisherigen, heutigen und künftigen Betriebskosten inkl. Mietzins sind vollumfänglich gedeckt durch die MIR. Der Kanton Zürich hat mit der MIR einen 15-jährigen Mietvertrag – also bis 31. März 2029 – mit einem Mietzins von 330'000 Franken (zzgl. CHF 12'000.-- Nebenkostenpauschale) pro Jahr abgeschlossen, mit den Optionen, zweimal die Laufzeit um jeweils je fünf Jahre zu verlängern (bis 31. März 2034 bzw. 31. März 2039). Der Kanton kann mit dem Mietzins auch über 2029 hinaus rechnen.

Heute steht für die MIR fest:

  • Bereits ab 2022 wird die MUSIKINSEL nur noch marginale Verluste, die die Stiftung jeweils selbst trägt, aufweisen, trotz der praktisch vollständigen Schliessung 2020/2021 infolge Covid. Die finanziellen Folgen von Covid wurden durch die Unterstützung durch die Fachstelle Kultur und durch das Entgegenkommen der Baudirektion (Teilerlass des Mietzins) verringert.
  • Der Betrieb läuft heute zur Zufriedenheit aller Benutzer und der Umgebung. Die MUSIKINSEL wird heute international als Vorzeigeeinrichtung bewertet. Praktisch alle Benutzer, die auf der MUSIKINSEL geprobt haben, wollen auch für die Folgejahre wieder buchen. Dies macht jedoch eine erweiterte Nutzung des Klostergebäudes notwendig.
  • Ohne weiteren Ausbau in räumlicher Hinsicht ist das Projekt in Zukunft nicht lebensfähig, da an den Wochenenden die Kapazität fehlt. 
  • Wenn die Weiterentwicklung der MUSIKINSEL verunmöglicht wirdindem der freie Mitteltrakt vollständig einem neuen Museum zugewiesen wird, wie dies anscheinend die geplante Museumsvorlage vorsieht, sieht sich die MIR gezwungen, den Standort Rheinau zu schliessen und ab 2029 auf eine neue Lösung ausserhalb des Klosters Rheinau auszuweichen, womit die heutige sinnvolle Nutzung durch die MUSIKINSEL obsolet würde.
  • Für den Kanton Zürich als Eigentümer hätte dies zur Folge, dass die heutige sehr sinnvolle, allseits beliebte und wirtschaftlich interessante Nutzung, wie dies die MIR gewährleistet, wegfallen würde.