Urs Oskar Keller: Herr Waber, man kann sie heute zwar fast das ganze Jahr über kaufen – in Weiss, Grün und sogar Violett. Doch dem Einheimischen läuft kein Importierter den Rang ab. Was für eine Spargelernte erwarten Sie dieses Jahr in der Schweiz? 

Markus Waber:Wie viel erwartet wird, kann nicht vorausgesagt werden. Da beispielsweise Frostnächte die Erntemenge bei den Grünspargeln beeinträchtigen können. 

Keller: Das frühlingshafte Wetter in den vergangenen Wochen liess die Schweizer Spargeln gut gedeihen. Je nach Region unterschiedlich schnell. Nun sind in vielen Läden und bei den Grossverteilern Bleich- und Grünspargeln zu finden.

Waber:Das Wachstum der Spargeln ist sehr temperaturabhängig. Solange es unter acht Grad Celsius ist, treiben die Sprossen nicht aus. Ab zehn Grad beginnt langsam das Wachstum. Wenn die Temperaturen ansteigen, geht es plötzlich sehr schnell. Bei 13 Grad wachsen sie zwei bis drei Zentimenter, bei 17 Grand fünf Zentimenter pro Tag. Das Wetter in den vergangenen Tagen begünstige diese Entwicklung. 

Seit dem 10. April werden grössere Mengen erwartet, sodass dann auch diverse Grossverteiler mit Schweizer Spargeln beliefert werden können. Obwohl die Saison in diesem Jahr früh begann, endet sie traditionell mit dem Johannistag am 24. Juni. Diesen Genuss sollte man sich nicht entgehen lassen.

Keller: Welche traditionellen Spargelsorten sind auf dem Markt, und gibt es auch Neuzüchtungen, beispielsweise wilde Spargelsorten?

Waber:Die Spargelsorten sind weniger bekannt. Auch in den Läden wird nicht unterschieden. Primär sind Bleich- und Grünspargeln im Angebot. Die Sorte kann die gleiche sein. Die Anbaumethode macht den Unterschied. 

Keller: Lange führten die weissen Spargeln in der Schweiz ein Schattendasein, 2018 wurden 460 Tonnen geerntet, Grüne noch 320 Tonnen. Der Geschmack hat sich geändert und die Anbaufläche ist gewachsen. In Frankreich und Deutschland ist der «Bleichspargel» bedeutend, der Grünspargel eher marginal.

Waber:Die Erntemenge muss nicht zwingend etwas mit der Vorliebe oder dem Geschmack zu tun haben. In der Regel können die Bleichspargeln früher geerntet werden, da sie im Damm heranwachsen. Auch Frostnächte können ihnen wenig anhaben, was bei den Grünspargeln nicht der Fall ist. Dort kann es dann zu einem Einbruch der Erntemenge führen.

Keller: Bereits im Winter (ab Dezember) wurden die ersten Spargeln von Übersee für sieben Franken das Kilo bei Grossverteilern in der Schweiz angeboten. Verdienen unsere einheimischen Spargelproduzenten, die seit Jahren 15 bis 19 Franken pro Kilo erhalten, noch genug? Ist das nicht bald ruinös? Im Laden werden heute einheimischer Spargel, grün oder weiss, schon ab 14 Franken pro Kilo angeboten.                            

Waber:Zu welchem Preis der Gemüsegärtner seine Spargeln verkauft und über welchen Kanal er sie anbietet, ist ihm überlassen. Für ihn muss die Rechnung am Schluss aufgehen. Denn der Spargelanbau erfordert sehr viel Handarbeit und dieser Aufwand muss mit dem Preis gerechtfertigt sein. 

Keller: Wie sieht der Spargelanbau in Zukunft in unserem Land aus?

Waber:Der Anbau von Spargeln ist eine langfristige Investition für den Gemüsegärtner. Spargeln bleiben bis zu acht Jahren am selben Standort. Die Pflege erfordert viel Wissen und die Ernte viele Helfer. Deshalb ist auch eine gewisse Spezialisierung nötig für den Anbau. Somit muss der Einstieg ins Spargelbusiness gut überlegt sein. Doch die Spargeln erfreuen sich grosser Beliebtheit. Das wird wohl auch in Zukunft so bleiben.

Keller: Welche gesundheitlichen Aspekte sprechen für einen Spargelkonsum?

Waber:Der ernährungsphysiologische Wert liegt im hohen Gehalt an Rohfasern, Mineralstoffen, organischen Säuren, schwefelhaltigen Verbindungen und Aromastoffen. Neben Wasser, Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten enthält der Spargel auch sehr viele Vitamine. Spargeln gelten dank ihrer diuretischen Wirkung als Entschlackungspflanze. Die Spargelpflanze fördert die Salz- und Wasserausscheidung, hat lindernde Wirkung bei Nieren- und Harnentzündungen sowie eine positive Wirkung bei der Behandlung von Ödemen und Bluthochdruck.

Keller: Welches sind ideale Lagermethoden der frischen Spargeln eignen sie sich auch zum Tiefkühlen?

Waber:Spargeln sind ein vergängliches Vergnügen. Im Kühlschrank können Sie die Spargeln ein bis zwei Tage aufbewahren, indem Sie die Spargeln in ein feuchtes Tuch einwickeln oder indem Sie den Spargelbund aufrecht in eine Schale mit Wasser (2-3 cm) stellen. Sie lassen sich leicht tiefkühlen für den Genuss im Herbst oder Winter.

Keller: Regionale und saisonale Produkte liegen allgemein im Trend, davon profitieren auch die Schweizer Spargeln. 

Waber:Die Frische und Qualität verbunden mit kurzen Transportwegen und Transparenz schätzen die Schweizer Konsumenten sehr. Das kommt den Spargeln sicher zu Gute. 

Keller: Welche Qualitäten oder Handelsklassen werden heute angeboten?

Waber:In der Schweiz gibt es in den Läden häufig nur eine Qualitätsklasse. In der Direktvermarktung, beispielsweise Hofläden, gibt es gerade bei den Spargeln häufig auch Ware zweiter Klasse zu kaufen.