Hochseefische stinken schon lange zum Himmel. Das MSC Label mit dem blauen Fisch, das von Marine Stewardship Council für nachhaltige Fischerei verliehen wird, ist unglaubwürdig geworden. Der WWF zeichnet mittlerweile selbst die Produkte von Malefiz-Fischrereien aus, in der Hoffnung, diese an Bord zu holen.

Eingedenk dieser Entwicklung macht es Sinn, einheimische Fische wie Forellen in der Schweiz zu züchten, in regionalem Wasser zu mästen, über kurze Transportwege zum Wirt zu bringen, dort 1 bis 10 Tage im Becken zu halten, bis sie geschlachtet und direkt zubereitet werden. Frisch, ökologisch, ökonomisch. Tierfreundlich. Transparent. Einzigartig. Schmackhaft.

Genau das wollte Joseph Schüpfer tun. Doch der Wirt machte die Rechnung ohne das beflissene Basler Veterinäramt, das im Grossen hoffnungslos überfordert ist und deswegen im Kleinen absolute Kontrolle anwenden muss. Die Theorie dazu liefert uns Jochen Röpke in seiner «Die Strategie der Innovation, 1977:

«Büsst das Marktsystem seine Kontrollfunktion ein oder gerät seinerseits unter die Kontrolle inkompetenter Teilsysteme, entstehen Probleme, die das Marktsystem als Ganzes in Frage stellen und somit das Gesamtsystem Gesellschaft berühren».

Oder um es in die Worte des grossen Hans Stucki in seinem letzten Interview (Pauli Imhof, 1998) über die Ämter für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen zu fassen: «(...) der Phantasie dieser Leute sind keine Grenzen gesetzt».

Für 50 Forelle Blau pro Woche bedurfte es in Basel einer Anlage von phantasievollen 126'000.- Franken inklusive Elektrosterbebecken. Doch als der gelernte Metzger und Koch noch ein dreimonatiges Praktikum in einer Fischzucht besuchen sollte um das Töten einer Forelle zu erlernen, jagte es ihm das Kragenknöpfli ab.

Unten im Keller, Schüpfer lüpft den Deckel, nimmt das Netz und redet mit der Forelle, während er sie fängt: «Komm, kooooommm, put put put.» Dann hat er sie und lässt sie vorsichtig ins Elektrosterbebecken gleiten. Klappe zu, Forelle tot.

Er drückt mir die Forelle in die Hand: «Ausnehmen kannst du sie selber». Was Schüpfer sagt, tut man besser, bevor einem das Kragenknöpfli ins Auge geht. Ich also hoch in die Küche, Forelle aufschneiden ...

Schüfer: «Du musst mehr einschneiden...»

Brodmann: Gopferdelli, ich weiss doch wie...»

Schüfer: «Ich sag’s dir, mehr einschneiden!

Ich schneide also um des Friedens Willen mehr ein und putze die Forelle sauber. Das «Blaukochen» basiert auf der Grundzubereitungsart «Pochieren im Wasser» und das hebt die filigranen Aromen und Geschmäcker des Forellenfleisches hervor. Blau wird die Forelle durch den frischen, intakten Hautschleim, der sich beim Kochen verfärbt. Die Säure von Essig und Wein intensiviert und stabilisiert die Blaufärbung.

Schüpfer bereitet die Forelle zu. Er gibt Wasser, Salz und Gemüse in eine Fischpfanne und aromatisiert mit Weisswein und einem Schuss Essig. Aufkochen. Dann gibt er den Fisch hinein.

Brodmann: «Also, äh, entweder die Forelle ist zu gross oder die Poissoniere zu klein.»

Schüpfer: «Willst du jetzt ein Forelle Blau oder nicht?»

Brodmann: «Oui, Chef.»

Deckel drauf, einmal aufwallen lassen, dann zieht er die Pfanne vom Feuer und lässt den Fisch gut fünf Minuten ziehen.

Für Forelle Blau braucht es ultrafrische, also unmittelbar vor der Zubereitung getötete Fische. Das wäre fast nur in Restaurants möglich, es wäre also eine «Unique Selling Proposition». Der Konjunktiv Irrealis ist mit Absicht gewählt, da dieser durchsickern lässt, dass dieses Gericht durch die phantasievolle Verhinderungspolitik der Ämter verunmöglicht werden kann.

So ist die Walliserkanne dank Schüpfers dickem Schädel das einzige Restaurant Basels und Umgebung, welches Forelle Blau zubereitet und auch in den wundervollen Kupfer- und Silber Poissonnieren stilecht serviert. Und für eines kann ich garantieren, Forelle Blau ist in sich ein perfektes Gericht, da braucht es lediglich Respekt gegenüber dem Produkt, ein Paar Pommes fondantes oder natures, Beurre noisette, und Weissen aus Visperterminen dazu.