Das weltbekannte Unternehmen Felco wurde 1945 vom Appenzeller Félix Flisch (1914-2000) in Les Geneveys-sur-Coffrane im Kanton Neuenburg gegründet. Der Sitz des Unternehmens liegt im Jurabogen, im Herzen der Uhrenindustrie. Die Firma hat sich auf die Fertigung und den Vertrieb von professionellen Schneidewerkzeugen spezialisiert.
Vor dem ersten Baumschnitt brauchen Obst- und Rebbauern, Gartennovizen und Hobbygärtner auch das richtige Werkzeug. Einige sind nützlich und andere nur hinderlich oder gar nicht brauchbar. «Beim Schneiden ist eine gute Schere für den Schnitt wichtig. Felco-Scheren gehören zum besten auf dem Markt», sagt Peter Konrad (72), früherer Leiter Gemüse- und Beerenbau für die Kantone Thurgau und Schaffhausen am Berufsbildungszentrum BBZ Arenenberg in Salenstein TG. Konrad muss es wissen: Er hat während 31 Jahren über 1'500 jungen Bäuerinnen, Haushaltsschülerinnen und Hauslehrtöchtern nicht nur das «Häckerle» und Jäten beigebracht, sondern auch den Umgang mit Pflanzen und Geräten im Gartenbau. Und Daniel Brogle, Leiter Gärten am BBZ in Salenstein doppelt nach: «Die Marke Felco ist punkto Gartenscheren eine sehr gute Wahl. Für mich ist es einfach wichtig, dass die Schere gut in der Hand liegt. Persönlich verwende ich die Felco 6 wegen der kleinen Klinge. Ich verwende sie vor allem beim Schneiden von Rosen und Hortensien.» Man sollte nicht unbedingt auf den Preis achten, sondern vor allem schauen, ob die Gartenschere für einen persönlich passe, meint Guido Eigenmann (62), Obstbauer und Mitarbeiter der Landi in Wittenbach SG. «Die Felco Nummer 8 hat sich in meinen Augen als optimale Allzweckschere hervorgetan, da sie wirklich eine gute Kombi-Lösung ist.»
Die Felco-Schere kompostiert…
«Die Felco 2-Schere ist und bleibt für mich die beste Schere», sagt der aus Wattwil SG stammende Christian Rüegsegger (60). Seit 1989 ist er Gärtner im Schlosspark von Andelfingen im Zürcher Weinland. «Mein wichtigstes Gartenwerkzeug ist die Gartenschere.» Mit dem geeigneten Werkzeug zu arbeiten, sei das A und das O jeder Tätigkeit. Rüegsegger: «An erster Stelle kommt für mich meine Felco Garten- und Baumschere. Seit ich gärtnere, brauche ich sie. Habe schon andere Schneidutensilien probiert, aber keine kommt an die Felco 2 heran.» Vor 35 Jahren hatte er aus Versehen einmal seine Lieblingsschere kompostiert. Später, beim Kompost verteilen, kam sie wieder zum Vorschein. «Ich musste sie nur reinigen, die Klinge und die Feder wechseln und sie tut noch heute ihren Dienst», erzählt Rüegsegger. Felco-Ersatzteile sind tatsächlich über Jahrzehnte erhältlich.
Aus Walzenhausen AR
Gründer Felix Walter Flisch wurde am 30. April 1914 in Walzenhausen AR als Sohn von Johann Martin Flisch (Jahrgang 1883) und der Sophie Flisch-Kellenberger (Jahrgang 1887) geboren. Sein Vater war Lehrer und Bruder des engagierten Appenzeller Regierungs- und Nationalrats Johann Peter Flisch. Felix Walter Flisch war somit der Neffe des Politikers, der sich als Nationalrat für die SP im eidgenössischen Parlament unter anderem für die Bergbauern und die Anerkennung der rätoromanischen Sprache einsetzte. Der Bürgerort der Familie Flisch ist Tschappina im Kanton Graubünden.
Als 15-Jähriger ins Welschland
«Wie viele andere jungen Leute dieser Zeit, wurde auch mein Grossvater im Alter von 15 Jahren in die Romandie geschickt, um Französisch zu lernen», sagte Pierre-Yves Perrin, der mit seinem Bruder Laurent das Familienunternehmen in dritter Generation führt. Beide sind in der Flisch-Gruppe aktiv, der Muttergesellschaft von Felco. 1930 trat Félix Flisch – nun mit accent grave geschrieben – in die renommierte Maschinenfabrik Dubied in Couvet im Val de Travers (Kanton Neuenburg) ein, die Strickmaschinen herstellte. Er absolvierte dort eine Feinmechanikerlehre. 1934 schloss Félix Flisch seine Ausbildung ab. Drei Jahre später trat er in Nyon dem Grenzwachtkorps bei und heiratete 1939 die Westschweizerin Juliette Girod. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, 1945, kaufte er eine alte Uhrmacherfabrik in Les Geneveys-sur-Coffrane, um dort eine innovative Manufaktur für Präzisionsschneidwaren und -scheren mit dem Namen «Félix et Compagnie» zu etablieren. In der kleinen Werkstatt beschäftigte er vier Personen. Bereits 1948 entstand das berühmte Modell Felco 2. Erst 1978 wurde der Name und die Firmenstruktur (Aktiengesellschaft) in «Felco SA» umgewandelt.Félix Flisch-Girod starb am 11. August 2000 in Neuenburg. Wie kam Félix Flisch auf den Firmennamen Felco? «Felco setzt setzt sich zusammen aus Fel(ix) und Co(mpagnie)», sagt Regula Brast von Felco SA, Schweizer Markt.
Die Werkstätten im Zentrum von Geneveys-sur-Coffrane haben sich im Lauf der Zeit mit dem Wachstum der Firma ausgeweitet. Sie sind seit 75 Jahren ein fester Bestandteil des lokalen Lebens. Die meisten der 154 Angestellten leben im Dorf oder in benachbarten Orten, die sich vor einigen Jahren zur Gemeinde Val-de-Ruz zusammenschlossen.
Eine Million Scheren pro Jahr
Félix Flisch hatte damals die visionäre Idee, eine leichte, präzise und robuste Schere mit einer austauschbaren Klinge für den professionellen Gebrauch herzustellen und diese jenseits der Grenze zu vermarkten. Ein Dreivierteljahrhundert später erinnert bei Felco kaum noch etwas an die kleine Werkstatt der Anfänge, als vier Personen angestellt waren. Heute werden in den Neuenburger Werken jährlich mehr als eine Million Schneidwerkzeuge produziert und montiert.
Die bekannten Gartenscheren mit den roten Griffen werden über ein grosses Verteilnetz in mehr als 120 Länder exportiert. Trotz den Schwierigkeiten wegen des hohen Frankenkurses verzeichnete Felco 2019 einen Umsatz von rund 40 Millionen Franken (CHF). Bewusstsein ihrer sozialen Verantwortung bietet Felco auch 15 Menschen mit einer Beeinträchtigung einen Arbeitsplatz. Das Unternehmen exportiert zahlreiche Produkte in über 120 Länder – darunter auch die bekannten Gartenscheren mit den roten Griffen. Es gibt acht Vertriebsfilialen in der Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien, Südafrika, Australien, USA und Kanada. Etwa eine Million Schneidewerkzeuge von Felco werden pro Jahr weltweit verkauft, die Hälfte davon in Europa und der Schweiz. 2016 schliessen Felco, Felco Motion mit den Firmen Stihl und Viking einen Partnerschaftsvertrag ab. 2016 folgte die Markteinführung einer neuen Felcotronic: Felco 811. Im Oktober 2019 lancierte man die neuesten Modelle Felco 802, 812 und 822. Das erfolgreiche Unternehmen versteht seine Scheren als professionelle Werkzeuge mit den folgenden Eigenschaften: Qualität und Zuverlässigkeit, Ergonomie, Präzision sowie Detailpflege. Rund 10'000 Schnitte täglich müssen Baum-, Reb- und Gartenschere aushalten.
Über 90 Prozent wird exportiert
Obwohl dieses KMU auf den internationalen Markt ausgerichtet ist – Felco exportiert mehr als 90 Prozent seiner Produktion –, ist es in der Region stark verankert, und der Charakter eines Familienunternehmens ist erhalten geblieben. «Der paternalistische Führungsstil meines Grossvaters ist zwar Vergangenheit, aber es ist uns immer noch ein Anliegen, Probleme pragmatisch und menschlich zu lösen», sagte Pierre-Yves Perrin.Christophe Michel Nicolet leitet seit 2011 den Neuenburger Familienbetrieb.
Das mit «Swiss Made» verkuppelte und über Jahrzehnte hinweg gepflegte Markenimage von Felco bleibt das wichtigste Verkaufsargument, wenn Profis aber auch passionierte Gartenliebhaber zu überzeugen sind, für ein Qualitätswerkzeug das Doppelte oder ein Vielfaches zu bezahlen. Die Bekanntheit hat auch eine Kehrseite. Andere Firmen versuchen die Marke Felco zu kopieren, wenigstens beim Design.
Anders als viele andere Akteure der Schweizer Industrie stellt das Familienunternehmen Felco nicht hauptsächlich Artikel hoher Wertschöpfung her, sondern Basis-Werkzeuge, die für ein paar Dutzend oder ein paar Hundert Franken verkauft werden. Der Preis für das klassische Modell der Marke Felco 2, eine Gartenschere, von der weltweit mehr als 15 Millionen Stück verkauft wurden, kostet auf dem Schweizer Markt offiziell 65 Franken. Felco-Sprecherin Regula Brast: «In der Schweiz empfehlen wir für die Baumschere FELCO 2 einen Verkaufspreis von 65 Franken inklusiv Mehrwertsteuer.»
Der Wettbewerb ist auf allen nationalen Märkten hart. Um zu bestehen, investiert Felco viel in die Innovationen. Vor einigen Jahren hat die Schwestergesellschaft Felco Motion eine elektrische Gartenschere entwickelt. «Wir reagieren damit auf Wünsche unserer Kunden. Aber wir befürchten nicht, dass unsere traditionellen manuellen Werkzeuge verschwinden werden. Die beiden Produkte sind komplementär», versichert Marketingdirektor Stephan Kopietzki.
Felco-Jubiläum verschoben
Aufgrund der derzeitigen Gesundheitssituation weltweit in Zusammenhang mit dem COVID-19, verschiebt Felco Festivitäten des 75-jährigen Firmenjubiläums und der Internationalen Rebschnitt-Meisterschaft auf einen späteren Zeitpunkt. Felco hat zuvor auch die am 10. März 2020 geplante erste Internationale Rebschnitt-Meisterschaft in den Weinbergen des Schlosses Allaman VD verschoben.
Informationen: Felco SA, rue des Mélèzes 4, CH-2206 Les Geneveys-sur-Coffrane NE, Telefon 032 858 14 66, info@felco.com, www.felco.com.