Wo sind die Familienbetriebe mit Tradition geblieben? Das Verschwinden der kleinen Metzgereien und Käsereien ist beklagenswert. Seit Jahren sind Gastronomen und Feinschmecker und andere qualitätsbewusste KonsumentInnen auf der Suche nach Betrieben, in denen Lebensmittel in kleiner Serie in Handarbeit hergestellt werden.

Wir haben einen gefunden. In Parpan an der steilen Dorfstrasse zu erreichen, arbeitet Jörg Brügger, Metzger und Fleischveredler mit seiner Familie. Eine Institution für Bündnerfleisch und Würste im Kanton Graubünden.

Wer von Chur hinauf ins Wander- und Skigebiet Lenzerheide fährt, passiert auf der Hauptstrasse in Parpan ein altes Bauernhaus aus dunklem Holz mit einem kleinem «Lädali». Hier, auf 1'500 Metern Höhe, produzieren und verkaufen Jörg und Marlène Brügger-Kollegger rein naturluftgetrocknete Fleischspezialitäten und darunter vor allem jene, deren Name bei Gastronomen und Feinschmeckern Begeisterung auslösen: das Bündnerfleisch.

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Bündnerfleisch ist eine luftgetrocknete Rohpökelware, hergestellt aus Stotzenfleisch von Rind oder Kuh. Bündnerfleisch ist in der Regel rechteckig, von fester Konsistenz und tiefroter Farbe im Innern. Es ist sehr fettarm und reich an Proteinen. Je nach Pökelung schmeckt es mehr oder weniger salzig. Bündnerfleisch ist nie geräuchert. Hobelfleisch wird aus Muskelstücken der Schulter hergestellt, ist sehniger, geschmacklich aber nicht minder als Bündnerfleisch.

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Nur in Graubünden getrocknet 

Jörg Brügger (56) ist oft selbst im kleinen «Lädali», das es seit 25 Jahren gibt, anzutreffen. Er begrüsst die Kundinnen und Kunden in einem gepunkteten Hemd, farbigem Gilet, dunkler Hose und brauner Lederschürze. Neugierige Augen blicken durch seine schwarze Brille. Brügger, in Parpan aufgewachsen, ist gelernter Metzger und übernahm 1993 den elterlichen Familienbetrieb in vierter Generation. Seine wahre Leidenschaft ist das Bündnerfleisch, und so beginnt jeder längere Besuch (Führungen sind für Gruppen auf Anfrage möglich – mit Einführung, Besichtigung und Degustation) in Parpan mit einer Einführung ins Grundsätzliche.

Bündnerfleisch darf sich nur Rindfleisch nennen, das im Kanton Graubünden getrocknet wurde. Dafür verwendet man die vier besten Stücke des Stotzen (Keule): Unterspälte (Unterschale), runder Mocken (Fisch, Schlüsselriehmen), Eckstück (Oberschale) und Vorschlag (runde und flache Nuss), alles magere Muskelstücke.

Ob die Kuh aus Südamerika oder dem Kanton Thurgau stammt, spielt dagegen keine Rolle. Auch ob das Fleisch an der Luft oder in einer Klimakammer heranreift, ist egal. Bündnerfleisch heisst primär: Made in Graubünden. 2019 stellten noch zwanzig Firmen 1'000 Tonnen für die Schweiz und 1'800 Tonnen für den Export her (siehe Kasten). Rund vierzig Tonnen davon entfielen auf die Trockenfleisch-Manufaktur von Jörg Brügger. Eine Handvoll Betriebe produzieren heute noch manuell und trocknen ohne elektrisch steuerbare Trockenräume. Jörg Brügger ist der Einzige, der es in grösserem Massstab betreibt. Wie schon seine Vorfahren vor 128 Jahren arbeitet er ausschliesslich mit der natürlichsten, günstigsten, aber auch kompliziertesten aller Apparaturen: der Natur. Er verwendet auch nur das Fleisch von einheimischen Kühen.

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Sven Wassmer, Culinary Director Grand Hotel Quellenhof, Bad Ragaz SG: «Natürlichkeit ist in meiner Küche das A und O. Meine Schweizer Alpine Küche lebt von den Traditionen im Alpenbogen und Jörg Brügger trocknet sein Bündnerfleisch nach traditioneller Art und Weise und passt drum perfekt zu meiner Küche. Ein Produkt, das mich jedes Mal wieder aufs Neue fasziniert.»

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Bündnerfleisch: Wer hat's erfunden?

Schriftliche Erwähnungen des Bündnerfleisches finden sich ab dem 18. Jahrhundert in Berichten von deutschen Reiseschriftstellern, die in Graubünden unterwegs waren. So schreibt Johann Gottfried Ebel in seiner im Jahr 1793 erschienenen «Anleitung auf die nützlichste und genussvollste Art die Schweitz zu bereisen»: «Die Luft ist so trocken, dass von Sils bis St. Moritz hinab vom Monat October bis Merz alles Fleisch nicht im Rauch, sondern an der Luft gedörrt wird.» Im Alpenraum hängten früher die Bauern und Jäger Teile von Schwein, Gams oder Steinbock an die Luft und trockneten sie als Vorrat für die langen, harten Winter. Bindenfleisch nannten sie es, weil die Teile in Stoff gewickelt wurden.

1892 aber hatten der Parpaner Bauer Engelhard Brügger, Jörg Brüggers Urgrossvater, und der aus dem thurgauischen Basadingen stammende Metzger Reinhard-Laurenz Schmid von der Metzgerei «Zur Traube» aus Chur die Idee, statt Schweinefleisch, das Ganze mit Rindfleisch zu versuchen. «Es war ein grosses Wagnis, denn die fünfzig Kilo Versuchsfleisch hatten – umgerechnet auf heute – einen Wert von rund dreitausend Franken», erzählt Brügger. Doch alles ging gut, die Ware verkaufte sich bestens. Der St. Galler Jurist Hubertus Schmid, ein Enkel von Reinhard Schmid, der 2013 das Buch «Metzger, Bauern, Gastwirte: eine Spurensuche bei der Familie Schmid von Basadingen» veröffentlichte, sagt dazu: «Reinhard hat die Fleischtrocknerei Brügger initiiert und dessen vier Söhne –Metzgermeister in Chur, Luzern, St.Gallen und Weinfelden – hatten während vieler Jahre die Trocknerei praktisch allein ausgelastet. Die Auszeichnung der Schweizerischen Landesausstellung 1914 in Bern galt meinem Grossvater, dem ersten gewerblichen Hersteller von Bündnerfleisch im Kanton Graubünden. Brüggers Grossvater machte – neben seiner Möbelschreinerei – weiter mit der saisonalen Fleischtrocknung und auch Schmid war nachweislich der erste gewerbliche Vermarkter vom heutigen «Bündnerfleisch». Endgültig auf das Trockenfleischgeschäft konzentrierten sich Brüggers Eltern 1963. Jörg Brügger lernte neun lange Jahre bei ihnen und übernahm vor 27 Jahren mit seiner Frau Marlène den Betrieb mit heute drei Angestellten. Ihre jüngere Tochter Gianina (25) arbeitet seit drei Jahren – neben ihrem Marketing-und Wirtschaftspsychologie-Studium – zu 80 Prozent im Familienbetrieb und lernt alles von der Pike auf. 

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Bündnerfleisch besteht aus gepökelten und luftgetrockneten Stotzenstücken von Rind oder Kuh. Die Pökelstoff-Gewürzmischung enthält Gewürze wie Pfeffer, Knoblauch-Pulver, Wacholder, Lorbeer und Piment.

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Jede Woche 2'000 Kilo Fleisch

Gern folgt man Jörg Brügger auf einem Rundgang durch die zwei Trocknungsräume und seinen Erklärungen zum besonderen Handwerk. Kalt genug zum Trocknen sei es heute nur von Anfang September bis Ende März, in den Monaten mit «r» also. Während dieser Zeit bringen ihm jede Woche zwei Lieferanten die schon zugeschnittenen, von Fett und Sehnen befreiten, passenden Stücke von dreihundert Kühen. Je älter das Tier, desto besser und intensiver ist das Aroma und weniger Gewichtsverlust resultiert daraus. Brügger: «Das Rohprodukt ist das Allerwichtigste, denn nur aus etwas Gutem, kann man auch etwas Gutes herstellen»

Im Parterre des Hauses befindet sich ein grosser Salzraum. Die grossen  Kunststoffbottiche (früher wurden noch Holzzuber verwendet) sind mit zwei bis fünf Kilo schweren Fleischstücken gefüllt, die in weissen Baumwollnetzen stecken.

Brügger: «Wir salzen im Winter jede Woche 2'000 Kilo ein. Das sind rund 400 Stücke. Früher musste das Bündnerfleisch primär gut sein, heute muss es auch schön aussehen.» Jedes Teil, das ankommt, wird nach der Qualitätskontrolle von Hand mit Kochsalz und einer Mischung aus Pfeffer, wenig Knoblauchpulver und Wacholder eingerieben. «Zur Konservierung», sagt Brügger, «kommt auch noch Salpeter E252 dazu, aber, anders als in der Industrie, keine Zusatzstoffe wie  Milch- und Traubenzucker, Farbstabilisatoren oder Geschmacksverstärker.» Vier Tage lässt er sie bei 5 bis 6 Grad Raumtemperatur im Salz in Ruhe. In diesen Tagen passiert einiges: Das Fleisch nimmt Salz auf, entzieht ihm das Wasser und es bildet sich am Boden Fleischsaft. «Wir messen den genauen Salzgehalt im Bottich. Pro Kilo Frischfleisch verwenden wir zirka 18 Gramm Salz, so wenig als nötig», sagt Brügger. Je geringer der Salzgeschmack, desto subtiler die Würzung. In der sich bildenden Lake lagern die Stücke je nach Grösse zwischen 9 bis 26 Tagen. Dann werden sie mit Wasser abgewaschen, abgebürstet – damit auch alle Gewürze weg sind – und kommen für zwei bis vier Tage auf den Balkon zum Antrocknen, damit sie nicht schmierig sind, und ein paar Tage später in den Trockenraum. «Man will ja das Fleischaroma im Gaumen haben, nicht Lorbeerblätter und Pfefferkörner“. Innerhalb von einer Woche färbt der natürliche Edelschimmel sie ganz weiss. Er bildet sich aus kalter und warmer Luft sowie dem Salz, das sich herauskristallisiert. «Wenn das Fleischstück zu schnell antrocknet oder 1-2 Tage zu lange auf dem Balkon hängt, das falsche Fenster auf ist, hat man schnell einen Trockenrand, die Muskeln kapseln sich ab und man bringt das Wasser nicht mehr aus dem Fleischrand heraus. Das ist hoch diffizil.» Gibt es Korrekturmöglichkeit? «Wenn das Fleisch im Trocknungsprozess ist, so ist es darum geschehen. Ich muss jedes Stück immer wieder drücken, daran schmecken und extrem aufpassen. Ich brauche für meine Arbeit alle meine Sinne, vor allem viel Gespür. Man muss ein extrem feinfühliger Menschen sein, damit man das überhaupt hin kriegt. Und viel Herzblut muss man auch haben.»

Die wichtigsten Helfer des Trockners: Bach und Wald

Unter drei einfachen aber effektiven Spindelpressen reihen sich Fleischstück an Fleischstück, getrennt voneinander durch Edelstahlschienen, Holz- und Kunststoffbrettern. Drei Tage lang zieht Brügger und seine Angestellten die Schrauben alle zwei Stunden etwas an und erhöhen so den Druck auf eine Tonne. «Jedes Stück wird sechs Mal gepresst, damit es am Schluss die richtige rechteckige Form bekommt. Das ist viel Arbeit», sagt er.

Das bringt die Stücke zum einen in die charakteristische und vorgeschriebene viereckige Form, sorgt aber vor allem dafür, dass der Fleischsaft im Inneren gleichmässig verteilt wird und sich keine Trockenstellen bilden. Auch die Farbe wird schöner, wenn es gepresst wird. Rund drei Monate hängen die kleinen falschen Filets im Halbdunkel, bis zu sechseinhalb Monate die grossen Eckstücke. Dann sind sie fertig und haben inzwischen über die Hälfte ihres Ursprungsgewichts verloren. Jetzt werden sie eingeschweisst – jeder weitere Tag Trocknung wäre ein weiterer Gewichts- und damit Geldverlust. Industriebetriebe, wie es solche vor allem in Churwalden gibt, erledigen das in zwei bis drei Monaten, wofür Jörg Brügger den ganzen Winter benötigt.

Urbinden und Ochsen-Entrecôte

Wie schon sein Urgrossvater stellt Brügger noch das authentische Bindenfleisch her. Sein Produkt von Kuh und Rind nennt er «Urbinde». Die rund 30 Zentrimeter langen Fleischstücke, die ohne Netz luftgetrocknet werden, sehen nicht nur schön aus, sie sich auch vom Geschmack her anders. Brügger: «Man sieht wie die Natur arbeitet. Sie besitzen verschiedene Facetten, zarten Geschmack und das Fleisch ist noch dunkler. Zudem geben Urbinden weniger Arbeit, da das Pressen wegfällt.» Der Edelschimmel wird belassen und kann mitgegessen werden. «Alles ist aber schwieriger herzustellen. Man muss sehr genau hinschauen, dass es im Kern trocken ist und keinen harten Rand hat.» 

Eine weitere Brügger-Spezialität ist ein luftgetrocknetes, sehr zartes Ochsen-Entrecôte. «Das ist für die Spitzengastronomie und einfach unvergleichlich gut und sehr aromatisch. Eine unvergleichbare Delikatesse, geschmackvoll, zart und aromatisch. Die Marmorierung des Fettes sieht schön aus.», meint der Metzger.

Brügger trocknet auch Bindefleisch von Agusrindern von der Lenzerheide und Yakrindern aus Splügen für einen Spitzenkoch in der Region. Der Geschmack ist sehr verschieden, keines ist gleich. «Besonders Yak hat ein wirklich unglaubliches Aroma. Es ist ein wildes, uriges Tier und frisst die Kräuter fast wie eine Gams. Das schlägt sich auf kräftigen Geschmack des Fleisches nieder. Alles hat eben Einfluss», weiss Jörg Brügger.

Die Kunst des Trocknens mit der frischen Luft: Bei Jörg Brügger hängt der Himmel nicht nur voller Bündnerfleisch, sondern auch voller Würste in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Der Weg – durch das aromatisch duftende Bauernhaus – in den Bündner Fleischhimmel geht über etwa knarrende 40 Holzstufen und drei Stockwerke: Bis unter dem Estrichdach hängen Bündnerfleisch-Quader, an den Wänden baumeln Stränge weisser Salsiz-Würste, in Regalen lagern hellbraune Speckseiten von Turopolje-Schweinen. Letztere macht er als Lohnarbeit für den Spitzenkoch Hansjörg Ladurner vom Restaurant Scalottas auf der Lenzerheide. Derzeit trocknet Fleisch an zehntausend Haken im Haus. «Das ist ein Vermögen», so Brügger.Ein Teil in Bio Suisse Knospen-Qualität.

Von den Winden bestimmt…

Auf der offenen Veranda hört man den Stätzer-Dorfbach fliessen und den kleinen Tannenwald daneben rauschen, die beiden wichtigsten Helfer des Trockners. «Entscheidend für den Trocknungsprozess sind eine Temperatur zwischen null und zwölf Grad und eine Luftfeuchtigkeit von 75 bis 85 Prozent. Beides wird von den Winden bestimmt, die heftig durch unser Tal mit Nord-/Süd-Öffnung fegen, die kalte Brise aus dem Unterland und der trockene Föhn von Süden», erzählt Brügger. Im Sommer steht die Produktion still. «Warme Luft hat zuviel Feuchtigkeit und dann trocknet das Fleisch auf dem Balkon nicht.» 

Das Churwaldnertal eignet sich sehr gut zur Herstellung von Bündnerfleisch. Sein Grossvater habe das Haus nicht aus Zufall gerade hier gebaut: «Der Bach liefert Kühle und ist die Klimaanlage, der Wald sorgt für Feuchtigkeit. Ohne Bach und Wald geht es nicht. Die Aufgabe ist es, beides bestmöglich zu regulieren. Und dies erfolgt durch das Öffnen oder Schliessen bestimmter Fenster und durch das dauernde Umhängen von Fleischstücken, weil in jeder Ecke des Hauses unterschiedliche klimatische Bedingungen herrschen.» Deshalb das Wetter genau kennen und tägliches «Fitnesstraining»: Fenster auf, Fenster zu, Fleischstücke aufhängen, abhängen, umhängen, hunderte von Kilos stemmen, Fleisch von oben nach unten, von hinten nach vorn, vom Estrich auf die Veranda, wieder zurück, Fenster auf, Fenster zu – jedes Stück Fleisch nimmt Brügger bis zum Verkauft 60-70 Mal in die Hand. 

«Und wenn der Wettergott nachts etwas anderes plant, als unsere Wetterfee am Fernsehen abends erzählt hat, muss ich auch nachts heraus und tätig werden», schmunzelt Jörg Brügger. Sieben Tage die Woche, oft 13 bis 16 Stunden lang, sind er und seine Angestellten im Einsatz. Im August macht er und seine Frau zehn Tage Ferien in Italien. Aber auch aus der Toskana ruft Brügger jeden Morgen um fünf zu Hause an, erfährt die Wetterlage und gibt Anweisungen: Dieses Fenster auf, jenes andere zu. Arbeit ohne Ende.

Gefahren lauern überall. Jörg Brügger: «Ich bin ein absoluter Perfektionist. Eigentlich ist das falsch. Machen Sie ein perfektes Naturprodukt, als Perfektionist, das treibt Sie zum Wahnsinn! Deshalb versuche ich die Natur zu verstehen. Man kann es auch ruhiger nehmen. Und klug handeln, damit der der Rucksack nicht immer drückt.»

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Claudia Züllig-Landolt, Gastgeberin des Hotels Schweizerhof in Lenzerheide GR:«Jörg Brügger macht das beste Bündnerfleisch in der Region. Was aber das Wichtigste ist, dass es ‹Handmanufaktur› ist. Ausserdem haben wir eine enge Zusammenarbeit zwischen ihm und unserem Restaurant Scalottas. Für mich und meinen Mann ist es sehr wichtig, regional einzukaufen. Wir tun dies seit bald 30 Jahren aus Überzeugung und mit Leidenschaft.»

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«Die Natur wird sich uns nie anpassen»

Es sei kein einfaches Arbeiten mit der Natur, aber er verstehe heute vieles besser.  Hunderte von Unwägbarkeiten seien zu berücksichtigen. «Die Natur wird sich uns nie anpassen. Wir müssen bereit sein, uns der Natur anzupassen. Man muss es so akzeptieren», sagt Brügger. «Aufgrund der Klimaerwärmung fällt der April als Produktionsmonat inzwischen fast ganz aus. Die Klimaveränderung hat uns einen ganzen Monat Produktionszeit weggenommen. Wir hören mit dem Einsalzen Ende März auf.» In dieser Zeit stellen Brügger und sein Team die die Jahresproduktion her. «Es sind sehr viele Faktoren in unserem Metier, die man nicht beeinflussen kann. Das Handwerk ist eine Herausforderung. Der Druck ist enorm.»

Und wofür das alles? Damit nach drei oder sechs Monaten genau diese hauchdünnen, tiefrote, fein marmorierten und leicht mürben Trockenfleischscheiben auf Geniesserinnen und Geniesser warten. Mild schmecken sie mit einem Hauch von Hautgeschmack. «Zart, fast ein wenig cremig kommen sie am Gaumen an, Salz und Gewürze tragen nur einen leichten Aromahauch zum dunklen Fleischgeschmack bei. Besser geht nicht. Deswegen haben die handgearbeiteten natürlich auch einen stolzen Preis», berichtet die deutsche Zeitung FAZ.  

«Wir machen kaum Werbung. Wir verkaufen die ganze Jahresproduktion.» Brügger beliefert rund 60 der besten Gastronomiebetriebe in der Schweiz. «Wir haben einige ganz coole Spitzenköche. Namen möchte ich nicht sagen», gibt sich Brügger bescheiden. Der Gastronomiebereich macht rund 20 Prozent des Umsatzes aus. Hauptabnehmer sind Metzgereien und Comestibles-Fachgeschäfte. Wird man reich mit Bündnerfleisch? «Nein. Der Arbeitsaufwand ist derart hoch, die Margen mit Lebensmittel klein.