Was das im Grossen auslöste ist gelinde gesagt drastisch. In dem kleinen, ursprünglich eher ärmlichen und touristisch vom Schatten von Venedig und Triest verdeckten Gebiet Conegliano Valdobbiadene leben je nach Gesichtspunkt und Ausdehnung zwischen 100’000 und 200’000 Tausend Mensch. Die Region gewinnt seit gut 10 Jahren touristisch immer mehr an Bedeutung und nach neuesten Hochrechnungen werden alleine die 175 zentralen DOCG Weinkellereien von 300'000 ausländischen Touristen besucht.
Trotz des Erfolges bleiben Winzer nicht stehen, sondern versuchen sich weiter zu entwickeln. Der grosse Unterschied: Während Sekt mit der Méthode traditionelle bzw. Methodo classico, also der zweiten Gärung in der Flasche seine Blässchen erhält, findet das beim Prosecco im Tank statt. Eigentlich, denn vorgeschrieben ist das nicht. Für eine Prosecco Superiore muss einfach eine Zweitgärung durch Zugabe von Zucker und Hefe (Dosage) unter Druck stattfinden.
Wird der Grundwein im Drucktank zu Prosecco vergoren (wird als Italienische-, Martinotti- oder Charmat-Methode bezeichnet) ist das tatsächlich die Ideale Basis, um die sortentypischen filigranen Aromen der Trauben, insbesondere der Hauptsorte Glera, zu bewahren. Die Hefe kommt niemals in dem Ausmass zur Geltung wie bei der Flaschen Gärung. Doch die Italiener im Prosecco fangen an mit ihrem Produkt zu spielen. Nachfolgend drei Beispiele:
Beispielsweise arbeitet die Kellerei Valdo bereits mit kleineren Drucktanks aus Keramik aber auch mit der Methodo classico, also der Flaschengärung. Sie erzielen dabei erstaunliche Resultate. Der Prosecco «Nr. 10» lag 10 Monate in der Flasche auf der Hefe. Doch anstatt dem typischen mehr oder weniger brotigen und hefigen Aroma, welches die Flaschengärung mit sich bringt, entwickelte dieser Prosecco eine Geschmack, wie wenn Erdbeeren mitvergoren worden wären.
Die Festung Castello di San Salvatore, im Ort Susegna, ist ebenso in den Händen der echten Principessa Isabella Collato de Croÿ wie das gleichnamige Weingut. Hier gibt es etwas, das es sonst überhaupt nicht gibt, einen Rosé Prosecco der sich natürlich nicht Prosecco nennen darf. Weil: Bei 85 Prozent vorgeschriebenen weissen Glera-Trauben, ist es kaum möglich Farbei rein zubringen, auch wenn theoretisch 15 Prozent Pinot Nero zugesetzt werden dürfen.
So heisst dieser Rosé schlicht «Violetta» und hat interessanteste filigrane Noten und Säuren die auf herbe weise Fussball spielen. Interessant deshalb auch, weil die Traubenkreuzung ein Querschläger war. Einer Winzer der Familie kreuzte, in der Absicht ein weisse bis Rosarote Traube zu schaffen, Muscat d’Hambourg x Raposo Piave. Heraus kam aber eine Blaue Traube aus der per Süssdruck (vor dem Pressen kurzes Angären an der Maische um wenig Farbstoffe aus der Schale zu lösen) eben der «Violetta». Ein brillianter Prosecco der keiner sein darf.
Dann, last but noch least, das Weingut 2Castelli. Hier hat die Familie Zago Gasparini einen Nigel Nagel neuen Weinkeller in den Berg getrieben, Mit alten Materialien von alten abgerissenen Gebäuden gearbeitet. Im Weinkeller ist eine Wohnstube und Küche eingerichtet in der unter dem Rebberg gekocht und gefestet werden kann. Und etwas Oberhalb liegt in einem alten Winzerhaus das Gästehaus mit sieben Zimmern in dem es sich gut Ferien machen lässt. Auch dieses Weingut zeichnet sich mit einem mehr als interessanten Prosecco auf der Basis der Flaschengärung aus, der in Kombination mit Fruchtiger Säure deutliche Honigaromen bietet, die nach den brotigen Noten spielen.
Hier lässt sich für Köche einiges herausholen. Sei es im Anschauungsunterreicht, wie aus prägnanten Primärdüften filigrane Spielarten herausgearbeitet werden. Sei es, in dem die einfachem Primärdüfte in die Speisen eigearbeitet werden. Sehr interessant ist es, eine Flasche Prosecco einfach einmal auf 1/10 einzukochen um herauszufinden, wie das schmeckt. Das wäre dann Vin Cuit italianità.