Trüffeln werden seit dem 16. Jahrhundert mit Hunden gesucht, die eine gute Spürnase haben und einen nicht zu starken Jagdinstinkt zeigen. Da die Pilze bis zu 30 Zentimeter im Boden versteckt sind, würde man sie ohne Trüffelhunde gar nicht finden. «Schweine werden nur noch für Schauzwecke eingesetzt, da sie schwer zu kontrollieren sind und die Trüffel gerne selbst vertilgen», sagt Dr. Ulrich Stobbe. Er ist Forstbiologe und Mitbesitzer der Firma «Deutsche Trüffelbäume» in Bodman-Ludwigshafen am Bodensee. In Italien werden Trüffelschweine mit dem grossen Spürsinn schon seit 100 Jahren nicht mehr eingesetzt und sind verboten. Geschätzt werden heute die ausdauernden Jagdhunde.
Man kann sie kultivieren…
In den letzten Jahren ist die weltweite Nachfrage nach dem Luxusprodukt weiter angestiegen, aber die Ernte von wilden Trüffeln ist rückgängig. Trüffel-Farmen heisst die Alternative. Man kann sie zwar bis heute nicht züchten, alle Versuche sind bisher gescheitert. Trüffel kann man nur kultivieren, das heisst Bedingungen schaffen, damit sie wachsen. Zucht im engeren Sinne ist nicht möglich.
Auf der Suche nach innovativen, zukunftsweisenden Anbauprodukten, die krisenfest sind, haben sich auch in anderen Bergregionen Italiens Bauern gefunden, die mit wilden und kultivierten Trüffeln experimentieren. Köstlich duftende «Marken-Ware» bietet beispielsweise Emidio Angellozzi auf seiner über 50 Hektaren grossen Trüffelfarm im Ort Roccafluvione in der Gemeinde Ascoli Piceno an. Seit Dekaden ist seine Familie im Trüffelgeschäft, nun mit einer, mit hohen Zäunen geschützten «Tartuficoltura» (Zucht) ausserhalb des Dorfes. Versuche der Trüffelkultivierung begannen hier schon in den 1960er-Jahren. Boden dafür war vom Grossvater genügend vorhanden. Und der Boden schien nach eingehender Untersuchung für den Trüffelanbau im Waldgebiet wie geschaffen. Angellozzi pflanzte Bäume, zum Beispiel Eichen, Stechpalmen, Buchen, deren Wurzeln mit dem speziellen Trüffelpilz geimpft wurden. Sie werden jährlich auf etwa 3,5 Meter runtergeschnitten und tief gehalten. «Unsere Geduld hat sich ausbezahlt», freut sich der Produzent. Pro Hektar erntet Angellozzi mit seinen Trüffelhunden 60 bis 200 Kilo im Jahr. Dieser landwirtschaftliche Zweig wird durch die Europäische Union EU gefördert (Zäune, Pflanzen, Beiträge pro Hektar, Freibeträge beim Verkauf, etc.). Der ausländische Markt weiss, dass er sich auf einen zuverlässigen Partner in Italien verlassen kann. «Wir überzeugen seit Jahren mit hoher Trüffelqualität und fairen Geschäftspraktiken. Der Erfolg gibt uns recht», sagt Emidio Angellozzi.
«Help! I need somebody»
«Help! I need somebody», sang die englische Band «The Beatles» vor einem halben Jahrhundert. Und die Hilfe kam vor 14 Jahren aus Italien ins Königreich: Seine Königliche Hoheit Prinz Philip liess sich nach erfolglosen Eigenversuchen 2010 von Experten aus Acqualagna auf seinem Sandringham Estate in der englischen Grafschaft Norfolk zum Trüffelanbau beraten und hat nach ein paar Jahren endlich erste Funde feiern dürfen. Es dauert im Schnitt rund sieben Jahre vom Pflanzen der Bäume bis zur ersten Ernte.
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Trüffelhochburg Acqualagna:
70'000 Kilo Trüffel und ein faszinierendes Trüffelmuseum.
Im Herzen der Apenninen liegt der kleine und beschauliche Ort Acqualagna in den Provinzen Pesaro und Urbino, das eigentliche Trüffelzentrum Italiens. Das Dorf liegt in der Umgebung des imposanten Naturschutzgebietes «Gola del Furlo» (Furlo-Schlucht). Im November 2018 wurde ein 1,2 Kilo grosser Trüffel gefunden und verkauft. «Am 8. Dezember schneite es vor der Kirche tatsächlich aus einer Kanone Kunstschnee und zwischendrin waren Trüffel, die die Leute dann einsammelten», berichtet Sabine Thaler, Reiseleiterin in den Marken und Abruzzen.
Vier Sorten wachsen hier, eine für jede Jahreszeit: der weisse Trüffel («Tuber Magnatum Pico» vom 10. September bis zum 31. Dezember), der schwarze Trüffel («Tuber Melanosporum Vitt» vom 15. Dezember bis zum 31. März), der Bianchetto Trüffel («Tuber Borchii Vitt» vom 15. Januar bis zum 15. April) und der schwarze Sommertrüffel («Tuber Aestivum Vitt» vom Mai bis zum 31. August).
Heute ist Acqualagna ein Online-Referenzpunkt für die Schätzung und Kursnotierung der wertvollen Knolle auf nationaler Ebene. Die Daten werden täglich von einem «Preisbeobachtungsinstitut» gesammelt, das einen durchschnittlichen Verkaufswert festlegt, der sich auf die Qualität und Grösse der Trüffel im Bereich von 0-15 Gramm, 15-50 g und über 50 g bezieht.
250 Trüffel-Anbaugebiete
Das italienische Gesetz von 1985 erkennt die Sorte «Tuber Magnatum Pico», allgemein als weisser Trüffel aus Piemont oder Alba beziehungsweise weisser Trüffel aus Acqualagna an. Ein Gesetz, das zwei Pole der italienischen Produktion unterscheidet, darunter Acqualagna, das sich in der Welt als Wirtschaftsstandort des wertvollen hypogäischen (unterirdisch wachsenden) Pilzes hervorgetan hat. Hier werden jedes Jahr rund 70'000 Kilo Trüffel produziert. Rund 70 Prozent werden exportiert, vor allem nach Deutschland, in die Niederlande, nach Belgien, nach Frankreich, in die Schweiz, in die USA, in die Vereinigte Arabische Emirate und nach Japan.
«In der Gemeinde gibt es 250 Trüffel-Anbaugebiete für schwarzen Trüffel, ein Dutzend Versuchsanlagen für weissen Trüffel, zehn spezifische Trüffel-Verkaufsstellen und zehn Firmen, die sie verarbeiten und auf der ganzen Welt vermarkten», bestätigt Anuska Pambianchi, Sprecherin der Trüffelmesse.
Seit 59 Jahren findet in Acqualagna im November die nationale Messe für weissen Trüffel («Fiera Nazionale del Tartufo Bianco di Acqualagna») statt. Über 50'000 Personen besuchen dann den Ort mit 4'500 Einwohnern. Es ist – neben Alba im Piemont – eine der wichtigsten Veranstaltungen der Branche, und bietet ein breites Tüffelangebot. Ein Genuss für alle Sinne.
Interaktives Trüffelmuseum
2018 wurde ein Trüffelmuseum am Hauptplatz von Acqualagna eröffnet. Das modern gestaltete Museum über die besondere Welt der Trüffel ist faszinierend und didaktisch klug gemacht. Ein Trüffelerlebnis zwischen virtuellem Theater, digitaler Bibliothek und Kostproben. Der Trüffel ist ein wichtiger Teil des Dorfes Acqualagna und deshalb erzählt das Museum, die Geschichte der Identität des Gebietes und seiner Gemeinschaft. Es hebt die Komplexität der anthropologisch-kulturellen Beziehungen im Laufe der Jahrhunderte zwischen Mensch und Trüffel hervor: Die Instrumente und Techniken der Trüffelsuche, die Darlegung der mythologischen, literarischen und künstlerischen Aspekte und der reichen gastronomischen und kulturellen Tradition. Zudem befindet sich Enrico Matteis Geburtshaus (Museum) – das geistige Erbe des grossen italienischen Managers und Agip-ENI-Gründers im Ort. (uok)
www.acqualagna.com