Die Zürcher KV-Schulen gingen soweit, den Lehrpersonen zu verbieten, sich öffentlich zu äussern. Auch zu dem wenigen, was sie erfahren konnten. Die Reform «Kaufleute 2022» wird nämlich unter strengster Geheimhaltung von der privaten Zürcher Firma Ectaveo durchgeführt. Diese schreibt über sich selber: «Wir erbringen Dienstleistungen rund um den Komplex der Bildungs- und Organisationsgestaltung.(…) Wir von Ectaveo beschäftigen uns tagtäglich mit Fragen rund um die Kompetenzentwicklung und -überprüfung. Kompetenzorientierte Lerndesigns und innovative Bildungskonzeptionen (…)».

Diese private Firma hat offensichtlich einen grossen Pool an konzentriertem Wissen sowie ausgedehnte Praxiserfahrung in Bezug auf Bildungs- und Organisationsentwicklung. Dass Branchenverbände mit ihrer verschwindenden Berufskompentenz solche Entwicklungsfelder auslagern, macht Sinn. Dies kann also nicht der Stein des Anstosses sein, die von langer Hand geplante Geheimhaltung und Intransparenz dagegen schon. 

Möglicherweise soll die Intransparenz dafür sorgen, dass Ein- und Angriffe von wichtigen Kompetenzträgern, während die Transformation auf dem Reissbrett entsteht, möglichst lange in Schach gehalten werden können. Diese sollen sich offensichtlich nicht an der Diskussion beteiligen und in den Veränderungsprozess einbringen können.

So gesehen ist die Schweizerische Konferenz der kaufmännischen Ausbildungs- und Prüfungsbranchen SKKAB in Führungsstilfragen von den Kooperativen Modellen ins Steinzeitalter der autoritären Prinzipien von Befehl und Gehorsam zurückgefallen. Und ganz offensichtlich haben diese vom heutigen Wissensstand in Fragen der Führung von Veränderungsprozessen keinen blassen Schimmer. Wer hier verhindernde Kräfte mit Gewalt verhindert anstatt diese einzubinden wirft einen Boomerang. Das Ding kommt zurück. Garantiert.

Wie dem auch sei - eine der grossen Veränderungen ist die Abschaffung des Frontalunterrichts. Ersetzt wird dieser durch selbstständiges Lernen unter Begleitung von Lehrpersonen. Hinsichtlich der unglaublich dynamischen gesellschaftlichen und marktwirtschaftlichen Entwicklungen mit sich immer schneller drehenden Veränderungen dürfte in Zukunft ein laufender, immerwährender von Selbstmotivation angetriebener Lernprozess im Beruf unabdingbar sein. So gesehen kann eine solche Veränderung der Lernformen Sinn ergeben. 

Schwieriger wird es mit dem Umbau eigentlicher Kernkompetenzen der Kaufmännischen Angestellten: Unter anderem wird das KV-Steckenpferd Finanz- und Rechnungswesen fakultativ, Buchhaltung wird also zum Wahlfach.

Verglichen mit dem Beruf Koch wäre das in etwa dasselbe, wenn das Erlernen des Kochens auf der Basis der Grundzubereitungsarten nicht mehr Pflicht ist und stattdessen das begleitete Verstehen von Zubereitungs- und Handlungsanweisungen und Bedienungsanleitungen ins Zentrum gerückt wird. Das wäre möglich, weil schon heute digitale und vollautomatische Kochsysteme von den neuesten Kombisteamern bis Thermomix alles übernehmen können. In der heutigen Realität, und das ist Tatsache, braucht es niemanden mehr der weiss was Poelieren ist, geschweige denn jemanden der es in der Praxis anwenden kann. Ob ein Koch, der nach heutigem Verständnis nicht mehr kochen kann, Zukunft hat? Es ist zu befürchten. Fische aus dem Tiefkühler in ein Lochsieb drapieren, Programm 57 drücken und der Fisch ist GEGART.

Zurück zu «Kaufleute 2022», von den Veränderungen sind auch die Kaufleute der Gastronomie und Hotellerie betroffen. Wer sich informieren will, muss sich noch etwas gedulden, die real praktizierte Intransparenz hält noch an: die Informationsveranstaltung für vollendete Tatsachen ist auf Ende 2022 angesetzt, «da werden Sie geholfen».*

 

Hier finden Sie weitere Informationen zur Schweizerische Konferenz der kaufmännischen 
Ausbildungs- und Prüfungsbranchen und zu «Kaufleute 2022»

 

Inforveranstaltung «Kaufleute 2022»

Was verändert sich im Lehrbetrieb? Und was bedeutet das letztlich für uns Berufs- und Praxisbildner/innen? Diese Fragen versuchen wir, soweit dies zu diesem Zeitpunkt möglich ist, zu beantworten. Wir geben Ihnen einen Überblick, welche Ziele die Reform verfolgt, was sich verändern wird und wie sich Ihre Rolle als Berufsbildner/ in entwickelt. Nebst inhaltlichem Input wird genügend Zeit für den Austausch und für Ihre Fragen zur Verfügung stehen.

Datum: Montag, 23. 11. 2020 
Zeit: 18:00 – 21:00

Ort: Wirtschaftsschule KV Winterthur
Tösstalstrasse 37
8400 Winterthur

 

* «da werden Sie geholfen»: Zitat Verona Pooth bwz. Verona Feldbusch