Auch der Personalmangel hätte wie in allen Dienstleistungsbranchen zu immer größeren Problemen geführt. Zusammengefasst: Zu wenig Personal, zu viel Arbeit - bei Weitem kein Einzelschicksal. Das Gaststättensterben in Deutschland grassiert weiter.

Verkürzte Öffnungszeiten oder mehrere Ruhetage sind dabei nur die ersten Anzeichen einer drohenden Schließung. Was muss sich für die Menschen in der Gastronomie ändern, damit die Branche wieder attraktiver wird? Und wie können Restaurantbetreiber für bessere Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter sorgen?

Personalmangel vorbeugen: Gesundheitlichen Beschwerden entgegenwirken

Eine Studie der Hans Böckler Stiftung aus dem Jahr 2018 untersuchte die chronischen Belastungen und Erkrankungen im Gastgewerbe. Der Titel der Untersuchung offenbart zugleich deren trauriges Fazit: "Kellnern - das schafft keiner bis 67". Stundenlanges Stehen, Heben und Tragen, hohe Lärmbelästigung und Stress gehören zum Arbeitsalltag im Gastgewerbe. Der Beruf in der Gastronomie - für viele eine Zwischenstation. Den körperlichen Belastungen könne man ja ohnehin nicht auf Dauer standhalten. Laut Studie klagt jeder zweite Beschäftigte über Schulter-, Rücken- und Knieerkrankungen. Weit verbreitet sind zudem Schäden am Muskel-Skelett-System. Den Beschwerden, die entweder zur Umorientierung oder später zur Arbeitsunfähigkeit führen, kann jedoch vorgebeugt werden.

Spezielle Präventionsprogramme, die rücken- oder gelenkschonende Arbeitsweisen in den Alltag integrieren, sollten vom Bistro bis Tagungshotel überall entwickelt werden. Wissen die Mitarbeiter, wie sie Sehnenscheiden-schonend arbeiten? Sind körperlich beanspruchende Arbeiten gerecht verteilt? Prävention kann viele Gesichter haben. Zahlreiche Startups haben sich auf das Thema Corporate Health spezialisiert und bieten manuelle Therapien oder Massagen für die gesamte Belegschaft - eine Investition, die sich schnell rentieren kann.

Auch Kooperationen zwischen Sozialversicherungs- und Reha-Trägern und den Betrieben sind denkbar. Dass Geschäftsführer proaktiv über derartige Hilfsangebote informieren und im Team eine Atmosphäre schaffen, die es den Mitarbeitern erlaubt, über Beschwerden und Belastungen offen zu sprechen, gehört zum absoluten Muss.

Wertschätzung leben: Arbeitsbedingungen prüfen

Die Gastronomie bleibt ein hartes Pflaster. An langen Arbeitszeiten, Schichtdienst am Wochenende und Feiertagen und einem allgemein hohen Stresslevel können auch gut gemeinte Maßnahmen nichts ändern. Wie die Beschäftigten mit diesen Herausforderungen umgehen und planen können aber schon.

Die Frage, die sich Betreibende in Hinblick auf ihr Team am Tagesende stellen müssen: Fühlen sich meine Mitarbeiter wohl? Wenn nicht: Was kann ich tun, damit es ihnen besser geht? Zu oft leiden Fehler- und Feedback-Kultur unter dem hektischen Arbeitsalltag. Erreichen Rücksichtnahme und Gehaltswünsche schnell betriebswirtschaftliche Grenzen, kann eine wertschätzende Kommunikation hingegen nicht aktiv genug gelebt werden.

Langfristig führt die Frage nach dem Wohlbefinden der Mitarbeiter zu ganz anderen Optionen, die Arbeitsbedingungen zu überdenken. Wie können sich die Teammitglieder weiterentwickeln? Wünschen sich langjährige Mitarbeiter vielleicht einen Kurs zum Sommelier oder zur Sommelière? Möchte sich die Küchencrew in Form einer Kooperation mit Kollegen anderer Restaurants austauschen? Die Arbeit in der Gastronomie kann schnell zum Hamsterrad werden, wenn die Selbstverwirklichung und individuelle Weiterentwicklung der einzelnen Teammitglieder nicht auf der Agenda der Leitung zu finden ist.

Bessere Arbeitsbedingungen für Betreiber: Initiativen unterstützen

Zeit, Energie und Muße, diese Maßnahmen in den Alltag zu integrieren, ist allerdings nur vorhanden, wenn auf höherer Ebene Bewusstsein für die schwierigen Arbeitsbedingungen in der Gastronomie geschaffen wird. Die 80-Stunden-Woche, die auch die Betreiber des Rach & Ritchy in die Knie zwang, besteht nämlich zu einem erheblichen Teil aus Aufgaben, die vom Gesetzgeber im immer komplexeren Ausmaß gestellt werden.

Für Frust sorgen Überregulierungen und ein kaum noch zu bewältigendes Maß an Vorschriften, Regeln und Kontrollen: Buch führen über Schankanlage und Fettabschneider, Dokumentation über getrennte Müllentsorgung, Lüftungswartungen, Reinigungen, Anforderungen an Lärm- und Brandschutz - vor allem für kleinere Betriebe ist die Summe aller Regelungen tödlich. Wie können die Gastronomen beim Gastronom-Sein unterstützt werden?

Neben der Ausbildungsförderung muss es die Aufgabe von Land, Behörden und Verbänden sein, den Inhabern und Betreibenden Luft zum Atmen zu verschaffen. Im eigenen Laden Bewusstsein schaffen, Initiativen, wie des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) "fairdient" unterstützen, Netzwerke und Austausch gemeinsam mit Branchenkollegen schaffen - es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen. Für die Branche und sich selbst, für seine Mitarbeiter und am Ende natürlich für den Gast. 

 

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Zum Autor: Christian Bauer ist CEO von resmio und Experte für Digitalisierung in der Gastronomie. Der Mehrfach-Gründer startete seine Karriere in frühen Jahren als Hotelfachmann. Mit 30-jähriger Gastronomieerfahrung kreierte er aus dem als Reservierungstool gestarteten Unternehmen eine internationale Managementlösung für Restaurantbesitzer, die die Digitalisierung im eigenen Betrieb vorantreiben möchten. Wie diese zum entscheidenden Booster in jedem Business wird, lernte der 37-jährige in beratender und leitender Funktion bei Branchengrößen wie der hotel.de AG, Teradata oder als Co-Founder vom Social Network myinstrument. Heute übersetzt er mit resmio dieselbe Serviceorientiertheit, die er einst als HoFa-Azubi lernte, in verständliche SaaS-Modelle für Gastronomiebetreibende aller Art.