L O N G S T O R Y
1850 Nach Christus
Der Zuckerkonsum lag Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland pro Jahr und pro Kopf bei etwas 6 Kilogramm. Das war schon ein bedeutender Anstieg, denn vor dem Anbau von Zuckerrohr in den Europäischen Kolonien waren es je nach Quelle durchschnittlich 1.8 bis 2.2 Kilogramm Zucker pro Jahr und Kopf. Der aufgenommene Zucker stammte vorwiegend aus der täglichen Nahrung: Milch, Früchte, Honig etc..
Die Geschichte des Zuckers ab 1850 beginnt im Grunde mit einzigen Zeitgenössischen Feststellungen. Ende des 20. und Anfangs 21. Jahrhunderts war nicht mehr zu leugnen, dass Zucker die Ursache vieler Volks- uns Wohlstandserkrankungen war. So begann auch die Zeit der Studien. Über 150 Studien beschäftigen sich alleine mit dem System zwischen Zuckerkonsum und Sucht.
Das Vorhandensein einer expliziten Form der Zuckersucht ist umstritten. Auffällig ist jedoch, dass die Hirnforschungsstudien in Zusammenhang mit Zucker +/- alle dasselbe sagen:
Zucker aktiviert dieselben Hirnregionen und löst in etwa dieselben Reaktionen aus wie Nicotin, Kokain oder Heroin. Es folgt eine überproportionale Ausschüttung (z.B. gegenüber einer normalen Mahlzeit) des «Glückshormones» Dopamin und Opioid. Und Gegensatz zur normalen Ausschüttung bei einer Mahlzeit – verlangt der Körper schnell mehr Zucker.
Zwei Erkenntnisse sind gesichert. Zucker löst Fressanfälle aus und Substanzen, die bei Drogensüchtigen Entzugserscheinungen auslösen, lösen solche auch bei Menschen aus, die überproportional Zucker konsumieren.
Die Europäische Zuckerindustrie mit ihrer Zuckerproduktion aus Zuckerrüben etablierte sich und wuchs rasch. Dabei fiel der Zuckerpreis immer tiefer, so dass sich auch die ärmeren Gesellschaftsschichten Zucker leisten konnten.
Wie teuer und wertvoll Zucker bis dahin war, zeigte sich z.B. bei der Terminologie von Marzipan. Marzipanrohmasse besteht aus zwei Teilen Mandeln und einem Teil Zucker. Wenn auf 9 Teile Rohmarzipanmasse einen Teil Zucker zugegeben wird, wurde das in früheren Zeiten als eine Verfeinerung angesehen und «Rohmarzipan» wurde zur «Edelmarzipan». Heute ist es umgekehrt. Je geringer der Zuckergehalt, je besser wird sie empfunden. Deshalb ist die altehrwürdige Lübecker Mazipanmanufaktur Niederegger dazu übergegangen, in allen Produkten nur noch Marzipanrohmasse zu verwende und das auch so zu deklarieren.
In dieser Zeit also, in der Zucker immer günstiger wurde, begann auch der Aufstieg der Zuckerbäcker, Konditoreien und Patisserien. Kuchen, Torten, Gebäck, Desserts, Süssspeisen entstanden noch und nöcher. Und die dazugehörende, bis heute wegweisende Literatur entstand ebenfalls zu dieser Zeit. (z.B. Le Patissier royal Parisien von Antonin Carême)
1900 nach Christus
Zucker war neben Mehl eines der am meisten gekauften Haushaltswaren. Und Zucker wurde zunehmend Industriell verwendet. Zucker war beliebt. Einer der mächtigsten Industriezweige wuchs also ausgesprochen stark und blieb dabei gleichzeitig sehr unauffällig.
1950 nach Christus: Eine Entdeckung und eine Kränkung als Grundlage einer Katastrophe
Nach dem zweiten Weltkrieg, als in der westlichen Welt der Wohlstand ausbrach, war Zucker ein elementarer Zeitgenosse. 1945 lag der konsumierte Zucker bei ca. 25 Kg pro Kopf, 1950 bei 30 Kg und 1960 bei 35 Kg. Der Zuckerkonsum wuchs und wuchs.
Dann kam ein einschneidendes Ereignis. Der Amerikanische President Dwight D. Eisenhower erlebte 1955 einen Herzinfarkt. Erst ab diesem Zeitpunkt wurde thematisiert, was offensichtlich war. In den USA war die Herzinfarktrate innerhalb von 20 Jahren drastisch angestiegen. Die anschliessende Debatte sollte Jahrzehnte anhalten und eine der grössten Wissenschaftlichen Lügen hervorbringen.
Mitunter stand der angestiegene Zuckerkonsum im Verdacht. Die Zuckerindustrie reagierte. In den 50ern entstanden Weltweit pro-Zuckerkampagnen die aus heutiger Sicht unglaublich und unverantwortlich sind.
Einige Headlines der deutschen Zuckerindustrie der 50er:
Zucker ist gesund und macht schlank.
Zucker zaubert, nimm desshalb mehr.
Zucker macht Zähne weiss.
Und hier noch ein Reim aus einem Werbefilm zu Zeit, als der Fernseher die Stuben eroberte:
Ach wäre das Leben hässlich
gäbe es keine Zucker mehr.
Schauen Sie dieses Mädchen
ohne Zucker wäre es dicklich und schwer.
Dann kam Ancel Benjamin Keys, amerikanischer Biologe und Ernährungswissenschaftler. 1951 Nahm er sich eine Auszeit in Oxford, wo ihn ein italienischer Biologe darauf aufmerksam machte, dass Herzerkrankungen in Italien nicht vorkommen. Er richtete sich ein Labor in Neapel ein und merkte schnell, dass die Neapolitaner tatsächlich kaum an Herzkrankheiten litten. Er reiste in Länder, untersuchte Mensch und das entstandene Bild deutete darauf hin, dass Ernährung, die reich an gestättigten Fettsäuren ist, den Cholesterinspiegel erhöhe. Das betrachtete Keys als eine Hauptursache für die gestiegenen Herzinfarktsrate.
Als im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation seine These öffentlich in Frage gestellt und weitere Beweise geforderte wurden, zog Keys gekränkt ab. Ab 1956 forscht er für 15 Jahre, ehe er seine 7-Länder Studie vorlegte die ausleuchtete, wie der Anteil Tierischer Fette in der Ernährung mit der Erkrankung von Herzkranzgefässen zusammenhängt. Die Basis von 12'000 untersuchten Männer war nicht mehr zu widerlegen.
1960 nach Christus: Dine unheilige Allianz
Von Anfang an spielten Keys Ergebnisse der Zuckerindustrie in die Hände. Die American Heart Association war dankbar, dass jemand mit dem Finger auf den Bösen Feind zeigte. Gleichzeitig gewann die Margarine-Industrie an Fahrt, die gegen die Hersteller von tierischen Fetten antrat. Also gingen die Drei eine unheilige Allianz ein - Sie malten der Bevölkerung ein Bild, das sie als Heilige Dreifaltigkeit zeigte, die für die Volksgesundheit und gegen Butter und Tierische Fette einstand. Diese Wissensbeeinflussung schwappte auch nach Europa.
Gesichert ist heute, dass die Zuckerindustrie ab 1961 die drei Wissenschaftler Frederick Stare, Robert McGandy sowie Mark Hegsted der Harvard University School of Public Health bestochen haben, um mit Studien, den Zucker «unschuldig» und die Butter «schuldig» zu schreiben – Alle deren Ergebnisse demonstrierten, dass Fett und Cholesterin für Herz und Kreislaufleiden verantwortlich waren und nicht Zucker.
1970 nach Christus: Die Hetzjagt gegen Yudkin
Als in den Siebzigern die Höchstmarke des Zuckerkonsums von gut über 40 Kilogramm pro Kopf und Jahr erreicht wurden, trat John Yudkin auf den Plan. Der Englische Physiologe und Ernährungswissenschaftler behauptete öffentlich, dass nicht Fett sondern Zucker das Problem der stark zunehmen Fettleibigkeit sowie der damit einhergehend steigenden Herzinfarktrate sei.
Dann begann der Grosse Hetzjagt. Alles was John Yudkin an Studien und Beweisen vorlegt, wird von den – vorangehend beschriebenen - Zuckerabhängigen Harvard-Wissenschaftlern augenblicklich mit irgendwelchen Studien – im Auftrag der Zucker-Lobby unter dem Decknamen «Projekt 226» - widerlegt. Gegen Ende der Siebziger meldet sich auch Ancel Benjamin Keys mit seiner fast fertigen 7-Länder-Studie zurück und sagte: Die Aussage von John Yudkin sei unwissenschaftlich, Fett sei das Problem. Er kommt dafür auf die Titelseite der Times - was das die Zuckerindustrie kostete ist nicht geklärt.
Jedenfalls, Yudkin hielt dagegen: Geringerer Fettkonsum führe zu keinem Rückgang Koronarer Herzerkrankungen sagte er. Er wird nicht mehr gehört, der Lärm, die Lügen, die Kampagnen der Zuckerindustrie sind zu laut.
1980 nach Christus: Das Fett kommt auf den Scheiterhaufen.
Die Kampagne, losgetreten von der unheiligen Allianz von American Heart Asscociation, Zuckerindustrie und Margarineindustrie erreicht, dass die Bevölkerung tierische Fette weitgehend als Dick- und Krankmacher einstuft. Die Nahrungsmittelindustrie reagiert.
Es bricht die Zeit der «Low Kalories», «Light» und «Low Fat» Produkte an. Dabei ging es nicht um die Reduzierung der Kalorien an sich, sondern um die Reduzierung von tierisch Fetten. Das Problem dabei: Fette, gerade tierischen Ursprungs, sind explizite und exquisite Aroma und Geschmacksträger sowie über weite Strecken verantwortlich für Konsistenz und Viskosität.
Kompensiert wurde dieser Wegfall durch zwei Produkte, die denselben Effekt haben: Erstens Zucker und zweitens gehärtete Pflanzenöle der Margarineindustrie.
Das Problem war, dass mit der weltweit konsequenten Reduzierung der tierischen Fette die Herzerkrankungen und Herzinfarktraten nicht zurückging. John Yudkin, der beschuldigt wurde, in der Theorie falsch zu liegen, bekam in der Praxis recht.
1990 nach Christus: Booom und es wart Licht
Anfang der 90er kam der grosse Knall. Ancel Benjamin Keys räumte ein, seine 7-Länder Studie mindestens massiv manipuliert zu haben. Einzelne Quellen sprechen von Fälschung andere sogar von gross angelegtem Betrug – unter anderem wegen dem finanziellen Zutun der Zuckerindustrie (siehe Links nachfolgend / unten). Keys hatte nämlich nicht nur 7 Länder untersucht, sondern deren 22. Er verwendete jedoch ausschliesslich die Länderstudien, die zu seiner Theorie passten, die anderen 15 kehrte er unter den Teppich.
2000 nach Christus: Der Zuckerfall.
Nun ja. Welcher Artikel, welche Sendung auch immer: Die Zuckerindustrien sowie deren Lobbygebilde aller Länder bestreiten bis heute in allen Statements konsequent, dass Zucker direkt etwas mit der Bildung von Karies, mit dem vermehrten Auftreten von Herzerkrankungen oder mit den Progressiv ansteigenden Diabeteserkrankungen zu tun hat.
Die aufrechte Lügenhaltung der Zucker-Bosse ist bemerkenswert, denn die Titel und Kritiken in der Presse werden seit etwa 10 Jahren immer schärfer – und das berechtigter Weise: Die Zuckerverschwörung, Zuckerlobby täuschte die Welt, 1967 veröffentlichten Harvard-Forscher eine Studie – bis heute leiden Millionen unter den Folgen, Wie die Zuckerindustrie Fette gezielt schlecht machte, Industrie zahlte heimlich für Forschung – die Gefahr von Zucker vertuscht, Vorsicht Zucker: Die Verborgene Gefahr um nur einige wenige unter hunderten zu nennen.
Eine US Metastudien (Metastudie = Rund um den Globus mit verschiedenen Forschergruppen) legte 2010 offen, dass die Reduktion von Gesättigten Fettsäuren keine wohlwollende Wirkung auf die Blutgefässe habe, geschweige denn einen Rückgang von Herzerkrankungen entfesselte.
Oder anders Formuliert: Unsere Gesellschaft hat dem Ratschlag der Gesundheitsorganisationen, auf Tierische Fette zu verzichten, Folge geleistet und ist statt schlank irrsinnig Fett geworden.
Schliesslich, nach einer grossen Auswertung der Daten von 200 Ländern, von 1975 bis 2014 wird konstatiert, dass es erstmals in der Geschichte der Menschheit mehr über- als untergewichtige Menschen gibt und das bei reduziertem Fettkonsum.
Der Australische Regisseur Damon Gameau griff dieses Thema auf. Auf eine Meldung hin – die Australier hätten mit 40 Würfelzucker pro Tag den höchsten Zuckerkonsum – startete er ein Filmprojekt. Geameau – sportlich und schlank – wagte einen Selbstversuch und liess sich dabei filmen, was passiert, wenn man täglich 160 g Zucker isst und das bei gleichbleibender Kalorienzahl. Fett und Eiweisse wurden also durch Zucker ersetzt. Das Resultat des Filmes «That Sugar» oder «Voll verzuckert» das zur Geltung kommt ist schlimm. Fettbildung, schlechte Leberwerte, Übergewicht, verminderte Leistungsfähigkeit und so weiter. So viel zu den alten Werbeslogans der Zuckerindustrie: Zucker macht gesucht, Zucker macht schlank.
Viele Sendungen, machen auch die umgekehrte Variante des Selbstversuches: Industrie-Zucker-Entzug. Mal ernster, mal weniger Ernst. Das Resultat ist jedoch immer dasselbe. Zuerst Gereiztheit, Kopfschmerzen, Migräne, Schlappheit, Wut, Streitsucht. Dann Besserung, verstärkte Vitalität und ... immer Gewichtsverlust und das in der Regel ohne Kalorien zu reduzieren.
2015 brachte dann auch die Welt Gesundheits Organisation WHO die neuen Zuckerrichtlinien: «Sugar intake for adultes and children» heraus, mit der Empfehlung, nicht mehr als 6 Esslöffel Zucker pro Tag zu essen. Ebenfalls 2015 kam die US-Leitlinie mit derselben Empfehlung und – man höre und staune – mit der Aussage, tierische Fette und Cholesterin seien nicht das Problem, sondern Zucker. Unterlegt wurde dies mit einer lesenswerten kritischen Welternährungsstudie.
Im November 2016 dann, kam ein Bericht heraus, der alle Dokumente aufarbeitete die im Zusammenhang mit den Wissenschaftlichen Studien unter Beeinflussung der Zuckerindustrie standen:
In «Sugar Industry and Coronary Heart Disease Research: A Historical Analysis of Internal Industry Documents» von «The Jama Network» wird das gesamte Ausmass sichtbar.
6 Würfelzucker pro Tag als Empfehlung. Nun ja, das ist für den Zuckerabhängigen Durchschnittskonsumente etwas schwierig, wenn alleine schon 1 Glas handelsüblicher Orangensaft 10 Würfelzucker enthält. Da macht das Sprichtwort «dem Affen Zucker geben» durchaus Sinn. Unsere Gesellschaft ist das Tanzäffchen auf der Drehorgel, das mit dem weissen Gold bei Laune gehalten wird.