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Der Mythos Reichweite, oder warum Super-Influencer oft verpuffen – und Fachmedien die besseren Markenbotschafter sind.

Sie haben Millionen Follower, glänzende Haut und ein Rabattcode für jedes Lebensgefühl. Super-Influencer gelten als die neuen Werbeikonen – omnipräsent, klickstark, scheinbar unverzichtbar. Doch hinter der Fassade aus Likes und Lifestyle steckt ein System, das zunehmend an Wirkung verliert. Denn Reichweite ist nicht gleich Relevanz. Und Sichtbarkeit ohne Substanz ist nur Blendwerk.

Reichweite ohne Wirkung: Studien zeigen: Die Engagement-Rate sinkt drastisch mit steigender Followerzahl. Während Mikro-Influencer mit unter 10.000 Abonnenten durchschnittlich 6–8 % Interaktion erzielen, liegt sie bei Accounts mit über einer Million oft unter 1 %. Das bedeutet: Viel Sichtbarkeit, wenig Tiefe. Für Marken, die auf Vertrauen und Wiedererkennung setzen, ist das ein Problem.

Glaubwürdigkeit in der Krise: Je mehr Kooperationen, desto weniger Glaubwürdigkeit. Super-Influencer bewerben täglich neue Produkte – von Detox-Tee bis Luxusreise – und verlieren dabei ihre inhaltliche Kohärenz. Laut einer Umfrage von Statista vertrauen nur 18 % der Konsumenten Influencer-Empfehlungen uneingeschränkt. Besonders im Nachhaltigkeitsbereich ist die Diskrepanz zwischen Botschaft und Lebensstil oft frappierend.

Greenwashing durch Glamour: Influencer, die sich als grün inszenieren, ohne fundiertes Wissen oder echte Haltung, betreiben oft ungewolltes Greenwashing. Ein Beispiel: Avocado-Toast als Symbol für gesunden Lifestyle – ohne Hinweis auf Wasserverbrauch, Monokultur oder soziale Konflikte im Herkunftsland. Die Folge: Konsum ohne Kontext.

Kurzfristigkeit statt Markenbindung: Der Algorithmus verlangt Tempo. Posts verschwinden nach Stunden, Stories nach 24 Stunden. Was bleibt, ist ein Strom aus Reizen – aber keine nachhaltige Markenbindung. Für Produkte mit erklärungsbedürftiger Tiefe, regionaler Verwurzelung oder ethischem Anspruch ist das tödlich.

Mikro- und Sinnfluencer - die besseren Botschafter: Die Alternative? Mikro-Influencer, Sinnfluencer – und ja, auch Fachmedien. Sie haben kleinere, aber engagierte Communities. Sie sind thematisch fokussiert, glaubwürdig und oft redaktionell geschult. Ihre Inhalte sind nicht nur sichtbar, sondern wirksam. Laut HubSpot erzielen Mikro-Influencer bis zu 60 % höhere Conversion Rates als ihre prominenten Pendants.

Fachmedien – ob Print, digital oder hybrid – sind in diesem Sinne Sinnfluencer mit System. Sie kuratieren, kontextualisieren, kritisieren. Sie schaffen Vertrauen durch Tiefe, nicht durch Tempo. Und sie bieten Marken eine Bühne, die mehr ist als ein Bildschirm: eine Beziehung.

Haltung schlägt Hype: Werbung braucht heute mehr als Reichweite. Sie braucht Haltung, Kontext und Resonanz. Super-Influencer mögen laut sein – aber leise Medien wirken oft stärker. Glücklicherweise besitzt neben dem Mainstream noch immer Mövenpickgründer Ueli Pragers Weisheit gültigkeit: Das «Gut in kleinen Dingen».

Auch ohne hohe Conversion Rate ist die regelmässige Sichtbarkeit zum Beispiel in einem gedruckten Fachmagazin mit einer Auflage von 10'000 Ex. oder in einem Newsletter mit 15'000 Abonnenten und einer 39 % Öffnungsrate strategisch wertvoll. Das gilt im Besonderen für eingegrenzte Zielgruppen wie eine Branche. Die Gründe? 

Sichtbarkeit schafft Vertrautheit: Menschen kaufen nicht beim ersten Kontakt. Studien zeigen: Es braucht oft 5–7 Berührungspunkte, bis Vertrauen entsteht. Regelmässige Präsenz im Newsletter sorgt dafür, dass eine Marke, ein Produkt oder ein Name wiedererkannt wird – und das ist die Basis für spätere Entscheidungen.

Markenbildung funktioniert über Wiederholung: Selbst wenn niemand sofort klickt oder kauft, prägt sich die Botschaft ein. Das nennt man Brand Recall. Wer regelmässig sichtbar ist, wird Top of Mind, wenn der Bedarf entsteht – sei es nächste Woche oder in drei Monaten.

Kontext zählt mehr als Klick: Ein Newsletter mit 39 % Öffnungsrate ist hochqualitativ – weit über dem Branchendurchschnitt (meist 20–25 %). Das bedeutet: Die Leser sind interessiert, involviert, oft sogar loyal. Sichtbarkeit in diesem Umfeld ist mehr wert als ein flüchtiger Social-Media-Klick, weil sie im richtigen Kontext passiert.

Relevanz statt Reizüberflutung: Im Gegensatz zu algorithmisch getriebenen Plattformen bietet ein kuratierter Newsletter Fokus und Ruhe. Die Leser nehmen Inhalte bewusster wahr. Auch bei niedriger Conversion Rate bleibt die Werbebotschaft wertvoll, weil sie nicht untergeht.

Langfristige Wirkung statt kurzfristiger Hype: Nicht jede Sichtbarkeit muss sofort konvertieren. Gerade bei erklärungsbedürftigen Produkten, Dienstleistungen oder lokalen Angeboten zählt die langfristige Präsenz. Sie baut Beziehung auf – und das ist nachhaltiger als ein einmaliger Peak.

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Quellen:
Influencer Marketing Hub: Engagement Rate Benchmarks 2025
Statista: Vertrauen in Influencer-Empfehlungen weltweit
HubSpot: Micro vs. Macro Influencers – Conversion Study