GIFTSPRITZE: PFAS im Essen, Rauchverbot im Lokal und in der Werbe-Öffentlichkeit– Willkommen im Regulierungsparadoxon in der Ära selektiver Gesundheitspolitik.
Während PFAS-belastetes Fleisch weiterhin verkauft wird, wird ein Wirt bestraft, weil er in seinem eigenen geschlossenen Lokal rauchte. Willkommen in einer Welt, in der Lebensmittelsicherheit zweitrangig ist – solange die Verpackung dicht hält und die Moral gewahrt bleibt.
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Text: Romeo Brodmann | Bild: Unsplash, Robert Stump
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Wir leben in der Ära der öffentlichen Tugendwächter einer selektiven Gesundheitspolitik. Letzthin – wir sagen zu seinem Schutz nicht wer oder wo – wurde ein Wirt verdonnert, weil er in seinem eigenen geschlossenen Lokal rauchte.
Seit 2024 gelten Höchstgehalte für PFAS in Eiern, Fleisch, Fisch, Krebstieren und Muscheln. Trotz überhöhter PFAS-Werte bleibt belastetes Fleisch in St. Gallen im Verkauf, während Behörden und Politik über Regulierungen und Übergangsfristen streiten. Eine umfassende Analyse zur Belastung von Lebensmitteln in der Schweiz läuft seit diesem Jahr, und man arbeitet an neuen Grenzwerten – die natürlich nach oben verschoben werden sollen.
Ganz ehrlich, dieses ganze Politik- und Beamtengezänk rund um Regulierungschaos, wirtschaftliche Schadensbegrenzung zugunsten der Bauern und politische Risikominderung ist nicht mehr ernst zu nehmen. In Bezug auf Lebensmittelsicherheit am besten überprüft sind nämlich ziemlich sicher die Kühlschrankdichtungen in den Küchen der Gastronomie.
Denn, nicht wahr? Eindeutig nachgewiesene PFAS-Chemikalien in Trinkwasser, Luft und Lebensmitteln hin oder her – Hauptsache, das Schnitzel rutscht elegant über den Antihaftbelag und die Zahnseide gleitet gut zwischen den Zähnen, um die Schnitzelfasern herauszuklauben. Und die Ewigkeitschemikalien PFAS in Pflanzenschutzmitteln erhöhen deren Wirksamkeit. Diese werden von Bauern in der Schweiz, Deutschland und Österreich jährlich zu zehntausenden Tonnen ausgebracht.
Das Problem dabei? Diese PFAS zerfallen anschliessend zu so kleinen Teilchen (kurzkettige perfluorierte PFAS, Trifluoressigsäure TFA), dass auch der Boden sie nicht mehr herausfiltern kann. In der Schweiz, Deutschland und Österreich werden sie deshalb beinahe in allen Grundwasserproben nachgewiesen.
Aber PFAS beeinträchtigen ja nur die Immunreaktion, erhöhen die Cholesterinwerte und das Diabetesrisiko, vermindern die Fruchtbarkeit und erhöhen die Krebsgefahr. Wird alles schon nicht so schlimm sein, solange beschichtete Verpackungen und regensichere Kinderkleidung dicht halten.
Regulierungen? Dauern ewig, genau wie PFAS selbst. Also: Augen zu, Teflon drauf, und hoffen, dass das Immunsystem mitspielt. In der Zwischenzeit wird weiter am Rauchverbot, der Zuckerrestriktion und dem Werbebann rumgewerkelt.
Während der Bauer die Umwelt tonnenweise mit Gift verseuchen darf, wird der Wirt nebenan fürs Rauchen im eigenen geschlossenen Lokal bestraft. Für diese Ablenkungsregulierung gibt es einen Fachbegriff: Regulierungsparadoxon oder das Hilflose-Helfer-Syndrom.
Ceterum censeo Beamtentum esse delendum.