Urs Oskar Keller: Herr Hofmeier, wie ist der Stellenwert des lebenswichtigen Speisesalzes in der Schweiz heute?
Urs Christoph Hofmeier: Für Speisesalz gibt es keine Alternative. Es ist deshalb unverzichtbar und unersetzlich. Dazu kommt, dass es als Jod- und Fluorträger zur Volksgesundheit beiträgt.
Keller: Steinsalz (NaCl) ist einer der wenigen Bodenschätze der Schweiz, deren Vorräte in riesigen Mengen vorhanden sind. Wie lange reichen die Rohstoffe?
Hofmeier: Die Vorräte im Boden reichen noch für viele Hundert Jahre.
Keller: Die drei Standortkantone Baselland (Saline Schweizerhalle, Pratteln), Aargau (Saline Riburg, Rheinfelden AG) und Waadt (Saline de Bex, Bex VD) produzieren bis zu 600'000 Tonnen Salz, davon rund 40'000 Tonnen Speisesalz. Wie prognostizieren Sie den Verbrauch in zehn Jahren?
Hofmeier: Wir gehen von einem Verbrauch aus, der parallel zur Bevölkerung wächst. Wie viel Speisesalz in der Schweiz verkauft wird, hängt von verschieden Faktoren ab. So führt der vermehrte Konsum von Fertigprodukten wegen der Importe eher zu einer Reduktion des Salzverbrauches. Auch haben Produktionsverlagerungen der Lebensmittelindustrie einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Speisesalzverbrauch. Für die Schweizer Salinen AG sind die Schwankungen des Auftausalzes die grosse Herausforderung. Ein milder Winter mit 100'000 Tonnen wird von einem harten Winter mit 350'000 Tonnen abgelöst. Da fallen die Veränderungen im Speisesalz kaum ins Gewicht.
Keller: Laut einer Studie von 2012 beträgt der durchschnittliche Salzkonsum der Schweizer Bevölkerung pro Tag 9,1 Gramm und liegt damit deutlich über der Tagesdosis von maximal fünf Gramm, welche die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt. Schweizerinnen und Schweizer konsumieren zu viel Salz, sehr zulasten der Gesundheit. Einen hohen Salzgehalt haben traditionelle Spezialitäten wie Greyerzer Käse, Cervelats oder Silser-Brötchen. Wie sehen Sie das als Salzproduzent?
Hofmeier: Wir arbeiten sehr eng und gut mit dem Bundesamt für Gesundheit BAG zusammen und unterstützen zum Beispiel die Jod-Versorgung der Bevölkerung mit der kostenneutralen Jodierung des Salzes. Die individuelle Dosierung und den Konsum von Salz überlassen wir der Lebensmittelindustrie sowie Konsumentinnen und Konsumenten. Wie überall gilt, dass die Dosis entscheidet. Nicht zu viel und nicht zu wenig.
Keller: Fast alle Lebensmittel sind künstlich jodiert. Pro Kilo Kochsalz wird 25 Milligramm Jod beigemischt. Dies sind fünf Milligramm mehr als zuvor. Auch 250 Milligramm Fluor wird teilweise zugesetzt. Das Bundesamt für Gesundheit BAG hatte festgestellt, dass Schweizerinnen und Schweizer immer weniger Jod zu sich nehmen und hat die Erhöhung der Konzentration angeordnet. Jod kann in grösseren Mengen schlecht für die Gesundheit sein.
Hofmeier: In der Schweiz werden nicht viele Lebensmittel, sondern nur das Speisesalz, das Landwirtschaftssalz und ein Teil der Lecksteine jodiert. Dank der Jodierung des Speisesalzes sind Schilddrüsenerkrankungen in der Schweiz weitgehendst verschwunden.
Da insbesondere in ausländischen Fertigprodukten oft unjodiertes Salz eingesetzt wird und da deren Konsum zugenommen hat, kann die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Jod nicht mehr sichergestellt werden. Deshalb kam der Entscheid des BAG für die Erhöhung der Jodierung. Bei den geringen Mengen Jod, die über Lebensmittel und Salz eingenommen werden können, kann es nie zu einer Jodüberdosierung kommen. Hingegen stellt eine Jodunterversorgung ein ernstes gesundheitliches Problem dar.
Keller: Von den ursprünglichen 84 Elementen werden heute dem Salz/Natriumchlorid 82 Elemente herausraffiniert. Zusätzlich enthält Kochsalz oft nicht deklarierungspflichtige Konservierungsstoffe wie Kalziumcarbonat, Magnesiumcarbonat, E 535, E536, E550, E 551, E 552, E 553, E 570, E 572 sowie Aluminiumhydroxid, um die Streu- und Rieselfähigkeit zu verbessern. Ist das korrekt?
Hofmeier: Aus dem Schweizer Siedesalz sowohl JuraSel wie auch Sel des Alpes wird nichts herausraffiniert. Für den Kristallisationsprozess wird lediglich der sehr hohe Anteil von Magnesium und Kalzium ausgefällt, dies um die Verkalkung der Verdampferanlagen zu verhindern. Da Salz selber ein Konservierungsmittel ist, muss dem Salz auch kein Konservierungsmittel zugesetzt werden. Einzig die Rieselfähigkeit muss gewährleistet sein. Dazu wird je nach Anwendung eines der drei zugelassenen Antiklumpmittel E 536, E 341oder E 504 in sehr geringen Mengen beigegeben. Diese Hilfsstoffe sind natürlich auf der Verpackung deklariert. Unstabilisiertes Salz verbackt innert kurzer Zeit zu steinharten Brocken. Mit den beiden Hilfsstoffen gibt es jahrzehntelange Erfahrung und es sind keine Probleme bekannt.
Keller: Um die Rieselfähigkeit von Speisesalz zu erhalten und ein Verklumpen zu vermeiden, werden beispielsweise Calciumcarbonat (Kalk), Magnesiumcarbonat und aluminiumbasierte Stoffe dem Salz als Trennmittel beziehungsweise Rieselhilfe beigemischt. Eher bedenkliche Rieselhilfen im Salz sind Aluminiumsilikate, Aluminiumhydroxid E551 oder Siliziumdioxid E551. Verwenden die Schweizer Salinen AG vor allem Kaliumferrocyanid (E 536) als Trennmittel?
Hofmeier: Um zu vermeiden, dass feinkörniges Speisesalz zusammenbackt, muss dem Salz zwingend ein Antibackmittel beigefügt werden. Als Standardtrennmittel wird Kaliumferroxyanid in kleinster Dosierung verwendet. Kaliumferrocyanid wird als Antibackmittel für Speisesalz seit Jahrzehnten weltweit verwendet und ist sowohl nach schweizerischer wie auch europäischer Lebensmittelgesetzgebung zugelassen. Auch zur Herstellung von Bio Knospe-Produkten (Bio Suisse) darf Kaliumferrocyanid verwendet werden.
Keller: Schweizer Salz, nach alter Tradition in der Saline de Bex hergestellt (Sel à l'Ancienne – einfachste Methode, herausbrechen und mahlen), kostet 7.90 Franken für 85 Gramm im Glas. Salz, verarbeitet nach moderner Art (Sole, herausspülen, kristallisieren, mit Rieselhilfen versetzen, verpacken etc.), ist im Salzstreuer für 2.30 Franken für 250 Gramm ich Ihrem Shop zu haben. Warum kostet naturbelassenes Schweizer Salz rund 93 Franken pro Kilo und das mit Jod und Fluor behandelte JuraSel von Ihnen bei den Grossverteilern 0,95 Franken pro Kilo?
Hofmeier: Das Sel à l’Ancienne ist ein nach alter Tradition hergestelltes Salz. Die Sole wird in spezielle Holzbecken geleitet. Die zerbrechlichen Salzkristalle, die in der natürlichen Salzlake enthalten sind, werden von den Handwerkern von Hand vorsichtig gewonnen und auf Lärchenholz mit viel Geduld getrocknet. Anschliessend werden die wertvollen Salzkristalle in Glasdöschen abgefüllt. Von diesem einzigartigen Produkt können pro Jahr nur kleine Mengen hergestellt werden. Diese handwerkliche, sehr aufwändige Herstellmethode sowie die kleinen Produktionsmengen sind der Grund, dass diese hochwertige Salzspezialität Sel à l’Ancienne einen höheren Preis aufweist, wie das maschinell verarbeitete Kochsalz mit Jod und Fluor.
Keller: In der Saline in Schweizerhalle gibt es einen «Salzladen» mit Salzen aus aller Welt. Wie sieht es mit der Konkurrenz durch ausländische (Tafel-)Salze aus?
Hofmeier: In der Schweiz finden Sie eine grosse Vielfalt an verschiedenen Salzen. Wir haben das mit dem Sortiment im Ausland verglichen und keine Einschränkungen festgestellt. Die Vielfalt der oft handwerklich hergestellten Speisesalze ist erfreulich und wir sehen darin keine Konkurrenz. Sie sehen ja selber, dass wir diese in unserem Salzladen fördern und unterstützen.
Keller: Das Salz in der sprichwörtlichen Suppe wird immer extravaganter – und teurer (Fleur de Sel, Maldon Sea Salt aus England, Himalaya-Salz etc.). Statt zu dem herkömmlichen Kochsalz greifen viele Schweizerinnen und Schweizer inzwischen zu Salz-Spezialitäten. In den Regalen der Delikatessengeschäfte stapeln sich Gewürz-Exoten wie schwarzes Salz und Preise von 20 Franken für 100 Gramm sind dabei keine Seltenheit. Zum Vergleich: Ein Kilogramm Ihres Tafelsalzes JuraSel kostet einen Franken.
Hofmeier: Wir beobachten in den letzen Jahren einen wahren Boom. Dieser ist jedoch nicht auf Salz beschränkt. Die Regale der Spezialitätengeschäfte sind voll von Produkten aus aller Welt, bis hin zu Mineralwasser aus skandinavischen Gletschern. Da es sich oft um handwerklich hergestellte Produkte handelt, sind die Preise teilweise nachvollziehbar.
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« Der Import von exotischen Salzen ist mit einer einfachen Bewilligung möglich und von einer massiven Verteuerung kann keine Rede sein. Wir tun alles, um die Salzvielfalt im Schweizer Markt zu gewährleisten.»
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Keller: Die Geschichte der Schweizer Salinen ist mittlerweile über 450 Jahre alt. Die Reinsalinen wurden 1909 gegründet. Die Schweizer Salinen AG besitzen eine Monopolstellung in der Schweiz. Fürchten Sie um Ihr Monopol? Würde eine Aufhebung das Überleben des Unternehmens mit 200 Mitarbeitenden gefährden?
Hofmeier: Sinn und Zweck des Salzmonopols ist die Versorgungssicherheit mit Auftausalz. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass die Mobilität durch einen effizienten Winterdienst nur gewährleistet werden kann, wenn das Auftausalz in der Schweiz vorhanden ist. Dank den beiden Saldomen – das ist die offizielle Bezeichnung – in unserem Werk in Riburg und weitere Lagerräumlichkeiten, können wir die Schweiz jederzeit mit Auftausalz versorgen. Der Jahrhundertwinter 2012/13 hat dies gezeigt. Das jetzige System hat sich bewährt und ermöglicht eine sichere und solidarische Versorgung der Schweiz mit Auftausalz. Unsere Partner im Winterdienst bestätigen uns, dass sie mit dem jetzigen Versorgungssystem sehr zufrieden sind. Ohne Monopol müssten sich die Schweizer Salinen AG, aber auch unsere Kundinnen und Kunden anders orientieren. So müssten die Kantone und Gemeinden erheblich in zusätzliche Lagerkapazitäten investieren. Diese Aufgabe übernehmen heute die Schweizer Salinen AG zentral für alle.