Die Sauce? Salvitxada oder Romesco? Sie werden oft als Frühlingszwiebeln bezeichnet, die Calçots, sind aber keine. Wenn, dann sind es Winterzwiebeln, denn sie werden im Ursprungsort Valls ab Januar bis zum folgenden Ostermontag zubereitet und gegessen. Der letzte Sonntag im Januar ist dabei so etwas wie ein «heiliger» Höhepunkt und als solcher sozusagen das Fest, mit das Ende das Ende des Winters gefeiert wird. Vielleicht heissen Frühlingszwiebeln deshalb Frühlingszwiebeln.
Valls, die kleine Stadt in Katalonien, etwas oberhalb von Tarragona, ist nicht nur der Ursprung der sogenannten Castells, also der Menschentürme und Pyramiden, sondern auch der Calçotada.
Calçots? Was sind das überhaupt genau für Zwiebeln und wie werden sie angebaut?
Im Grunde handelt es sich um eine spezielle Sorte einer schneeweissen und besonders milden Gemüsezwiebel. Viele erliegen dem Missverständnis, aus einem Pflanzzwiebelchen wird eine Calçot bzw. eine Frühlingszwiebel und das sei wiederum eine nicht ganz ausgewachsene Zwiebel. Tatsächlich ist es wie folgt: Aus den Samen der Zwiebelpflanze wird ein Zwiebelpflänzchen gezogen, dieses wächst zu einer kleinen Pflanzwiebel heran, so wie sie im Frühling und im Herbst in den Gartenzentern für die Hobbygärtner angeboten werden. Im nächsten Schritt wird das Zwiebelchen wieder eingepflanzt und wächst dann zu einer reifen, küchenfertigen Zwiebel heran. Diese Zwiebel wird erneut und diesmal recht tief eingepflanzt. Dafür wird ein kleiner Graben ausgehoben, die Zwiebeln in Reih und Glied hineingesetzt und dann zugedeckt. Aus der Zwiebel spriessen dann ähnlich wie bei einem ganz gesetzten Knoblauch oder bei der Bestockung bei Getreide mehrere Triebe, also die Calçots, aus einer Pflanze. Während des Wachstums werden die grünen Stauden nach und nach immer wieder mit Erde angehäuft, damit die Zwiebeln möglichst hoch hinauf kein Licht abbekommen und so gebleicht, also weiss bleiben. Danach werden sie aus der Erde gezogen und auseinander gebüschelt – pro gesetzte Zwiebel entstehen um die fünf Calçots. Diese haben keine typische Zwiebelknolle mehr, sondern ähneln dem Lauch. So nah am Meer und im milden Klima Kataloniens wachsen die Zwiebeln wunderbar aus dem Herbst hinaus in den Winter hinein.
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Anbei drei Youtube-Links zum Anbau:
https://www.youtube.com/watch?v=Vndi5e7DHBQ
https://www.youtube.com/watch?v=N_bS-0kPuP8
https://www.youtube.com/watch?v=2hZiK-0Mrks
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Calçots? Und wie werden sie zubereitet?
Eine Regel: Calçots niemals mit Wasser waschen. Die Wurzel abschneiden und so mit der ganzen angetrockneten Erde dran auf einen Rost über offenes Feuer (Traditionellerweise ein Feuer aus altem Rebholz) legen. Die Calçots dürfen ruhig in der offenen Flamme liegen und sollen braun-schwarz werden. Anschliessend werden sie für fünf bis zehn Minuten in eine Zeitung oder Papier eingewickelt, damit sie im eigenen Dampf nachgaren. Anschliessend werden sie traditionell in einen gewärmten, hohlen Dachziegel gelegt und so serviert.
Calçots? Und wie werden sie gegessen?
Eine nicht mehr ganz heisse, sondern fingerwarme Zwiebel wird mit der einen Hand an der geschwärzten Schale/Hülle gehalten. Mit der anderen Hand wird das innere «Herz» herausgezogen. Jetzt wird die Zwiebel zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten, in der Sauce getunkt, den Kopf in den Nacken geschlagen und die Zwiebel in den offenen Mund hinabgelassen. Der tropfende Saft der Zwiebel und die tropfende Sauce sorgen für eine entsprechende Sauerei und ausgeprägtes Schlürfen, Saugen und Schmatzen in aussergewöhnlicher Lautstärke.
Die Sauce? Salvitxada oder Romesco?
Je nach Quelle wird sie Romesco, katalanisch Romescu, genannt. Überall, wo in der Schweiz Calçots zubereitet werden, ist nahezu ausschliesslich die Rede von Romesco. Rund um das Epizentrum der Calçots, also Valls, ist auch von Salvitxada die Rede. Tatsächlich gibt es in der Praxis eine derart starke Überschneidung der beiden Saucen, dass sie nur noch schwerlich auseinandergehalten werden können. Auch die Schreibweise variiert. Salvitxada wird auch mit einem b, also Salbitxada geschrieben. Eine Auffälligkeit bei den Zutaten: Die Romesco wird fast immer mit Brot als Zutat hergestellt, während dieses bei der Salvitxada meist fehlt. Zudem ist bei der Salvitxada weiter auffällig, dass der Anteil Tomaten reduziert und dafür mehr der Nyora-Chilli verwendet wird. Das gibt der Sauce ein stärkeres Röstaroma.
Aufgrund der Unklarheiten haben wir mit Hilfe von Bekannten in Tarragona bei Köchen und Wirten nachgefragt. Resultat: Der Begriff Salvitxada ist nahezu unbekannt, alle reden sie von Romesco respektive von der Salsa de Romescu. (Anm.: Ein der Teil der Redaktion wurde im Restaurant Casa Felix in Valls mit der Calçotada sozialisiert.)
Wie dem auch sei:
Beide Saucen basieren auf gestossenen Mandeln, Knoblauch, Pfefferschoten und Tomaten. Nachfolgend das Rezept:
Die Zutaten:
30 G: Die Mandeln, manchmal auch ergänzt mit Haselnüssen, werden zuerst in einer Pfanne leicht geröstet, anschliessend im Mörser fein zerstossen, bis eine Paste entstanden ist.
2 Stk.: Knoblauchzehen, geschält, zu den zerstossenen Mandeln geben und ebenfalls mörsern.
4 Stk: Nyora/Ñora-Chilis sind kleine runde Pfefferschoten, die ganz geröstet und getrocknet werden. Sie werden vor der Verwendung in lauwarmem Wasser eingeweicht. Anschliessend werden der Storzen und die Kerne entfernt, die Chilis gut abtropfen und leicht auspressen. Wenig Einweichwasser beiseitestellen. Chilis. In wenig Olivenöl zusammen mit der Paprika und anschliessend mit der Tomate leicht andünsten.
40 G: Weissbrot, kleingewürfelt, in wenig Olivenöl leicht geröstet.
1 Stk.: Rohe Paprikaschote, in der Regel die in Katalonien heimische Sorte Cuerno de Capra (Ziegenhorn). Diese wird über offenem Feuer so lange geröstet und geschwärzt, bis sich die Haut abziehen lässt. Anschliessend werden der Storzen und die Kerne entfernt.
1 Stk.: Tomate, schälen, entkernen und würfeln.
Brot, Chili, Paprika und Tomate zur Mandel-Knoblauchpaste geben und alles entweder im Cutter fein pürieren oder im Mörser zerstossen bis eine homogene, dickliche Masse entstanden ist. Nach Bedarf allenfalls mit wenig Einweichwasser der Nyora-Chilis verdünnen. Mit Salz, Pfeffer und etwas Rotweinessig würzen und abschmecken.
Calçotada? Und was wird dazu serviert?
Traditionell werden grillierte Rippchen und Bruststücke von Gitzi und Lamm sowie Schweinswürstchen dazu serviert.
Getrunken wird, und das dürfte die Sauerei vervollständigen, Rotwein aus dem traditionellen katalanischen Schnabelkrug, aus dem Porró (Spanisch Porrón). Daraus wird der Wein aus der Distanz einer Armeslänge in hohem Bogen in den Mund gegossen.
Calçotada? Zwiebeln und Sauce tropfen, der Wein geht daneben. Was zieht man also an?
Möglichst alte Kleidung, auf die kein Wert mehr gelegt wird. Im Restaurant gibt es jeweils einen überdimensionalen Latz. Am besten macht man es so wie viele Katalanen es spasseshalber machen. Ein Loch in einen Abfallsack schneiden und über den Kopf ziehen.