Seit ein Südtiroler den Hugo (Prosecco, Holunderblütensirup, frische Minze, Limette, Eiswürfel) erfand, wird man von dem Sommerdrink der 2010er-Jahre regelrecht verfolgt. Auch vor dem Aperol Spritz gibt es kein Entrinnen mehr – das Marketingwunder des Getränkegiganten Campari ist sozusagen die Querflöte des Rattenfängers und darf auf keiner Getränkekarte fehlen. Umsatz-und-Margen-technisch sind diese Mixgetränke super - hohe Preise, tiefe Kosten, geringer Aufwand.

Aber ja, was ein Sommerdrink ist, ist auch eine geokulturelle Ansichtssache. Die Inder stehen vermutlich auf heissen Tee und Punsch. Und ja, Punsch ist ein traditionelles indisches Getränk. Für mehr Infos nach unten scrollen.

Wie dem auch sein, voll out ist selbstredend der Moscow Mule (Wodka, Gingerbeer, Crashed Ice), obwohl der eigentlich als wunderbarer Sommerdrink taugt, taufen wir ihn um in Vodka Mule. Der Drink entsprang der Werbetätigkeit von Smirnoff (Smirnov) Anfang der 1940er Jahre. Die Destillerie konnte damit ihren erstmals durch Holzkohle gefilterten Wodka in den USA etablieren. Die Marke lösen wir jetzt solidarisch mit dem Vodka Zelensky von vodka4peace ab – Gewinne kommen der Ukraine zugute.

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Auf etwas, das man in Zukunft vermutlich vermehrt bauen kann, ist der im Hamburger Bar-Milieu entstandene, oftmals unscheinbare Gin Basil Smash (Gin, Zitrone, Zuckersirup und Basilikum), der ursprünglich Gin Pesto hiess. Der bringt zusammen mit seinem Pendant aus den USA, dem Raspberry Thyme Smash (Gin, Limette, Himbeere, Thymian, Zuckersirup), definitiv drei Cocktail-Genres zurück ins Bewusstsein, die er miteinander verbindet, den (Whisky) Sour, den (Gin) Fizz und den (Torrino) Smash. Beide Drinks sollen 2008 erstmals publiziert worden sein. Dazu inspiriert haben könnte beispielsweise der im 18. Jahrhundert populäre Mint Julep (Bourbon Whiskey, Minze, Zuckersirup).

Smash: Eine oder mehrere Zutaten werden im Glas mit einem Holzstössel zerstossen (Smash = zertrümmern, zerschlagen, zerschmettern) oder im Shaker mit Eiswürfeln zertrümmert und dann mit der Spirituose und anderen Zutaten aufgefüllt. Der gute alte Mojito ist z.B. auch ein Smash.

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Hier bereitet Wolfgang Bogner seinen Cherry Mint Smash zu.
60 ml Bitter Apiririf
30 ml Limetensaft Frisch
20 ml Läuterzucker
10 Blätter frische Minze
Richtige stark und ausgiebig mit Eiswürfeln shaken, damit die Minze zertrümmert wird. Abseihen in ein Weinglas mit Eiswürfeln. Wer möchte, füllt mit Schaumwein auf. Garnitur: Frische Minze.
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Fizz: Ein im wörtlichen Sinne zischender und aufbrausender Cocktail. Für den Klassiker wird eine Grundspirituose mit Soda versetzt. Meist kommen auch Zuckersirup und Fruchtsaft (Zitrone, Orange) dazu. Wird flüssiges Eiweiss dazu gegeben, heisst es Silver Fizz, mit Eigelb Golden Fizz und mit ganzem Ei Royal Fizz. In Verbindung mit allen Ei-Formen bildet sich ein dekorativer Schaum.

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Hier bereitet Wolfgang Bogner den klassischen Gin Fizz zu.
50 ml Gin
30 ml Zitronensaft frisch
20 ml Läuterzucker 
Shaken mit viel Eis. Abseihen in eine Glas mit Eis. Mit Sodawasser auffüllen. Garnitur: Zitronenzeste.
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Sour: Der Sour ist, was er vorzugeben scheint: Spirituose, Zitronensaft und Zucker, der oftmals auch in Form einer dekorativen Zuckerkruste am Glasrand mitgegeben wird.

Collins: Verbindet den klassischen Sour mit dem Fizz.

Auf dieser Basis lassen sich auf jeden Fall alle möglichen, erfrischenden Sommerdrinks kreieren, die bei den Gästen gut ankommen.

 

Cocktail, Cock Tail oder Cock Ale?

Eine der ältesten Bezeichnungen dieses Genres von Mixgetränken geht auf Mitte des 17. Jahrhunderts zurück. Cock Ale: Basis dafür sollen klein gehackte Knochen eines gekochten Huhnes oder eben eines Hahnes gewesen sein, die zusammen mit Rosinen sowie Gewürzen wie Muskat, Nelken und Pfeffer etc. in einem Leinensäcklein eingebunden in Ale eingelegt wurde. Solcherlei Mixgetränke (damals als «Cups» bezeichnet) auf der Basis von Bier sollen dann in Grossbritannien im 18. Jahrhundert «in» gewesen sein.

Als deutsche Ableitung des 20. Jahrhunderts kann wohl das U-Boot bezeichnet werden, hierbei wird ein Shot-Glas Kornschnaps im Bier versenkt. Das Atom-U-Boot ist dann die Steigerungsform. Im mit Kornschnaps gefüllten Bierglas wird ein Shot-Glas mit Fanta versenkt.

Zurück ins 18. Jahrhundert: Humty Dumty zum Beispiel war ein heissgemachter Brandy mit Ale und hat nichts mit dem Humty Dumty (buckliger Plumpsiger) von heute zu tun, der mit Vodka, Ei, Orangensaft, Vanillelikör und Angostura ein Eggnogg ist und dem süssen britischen Kinderreim entspricht.

Anfang des 19. Jahrhunderts war dann der Cocktail eher ein Morgengetränk, das einem auf Trab bringen und Männer in der Männlichkeit unterstützen soll. In den USA grassierte damals das «Kentucky-Breakfast», welches aus drei Cocktails und Kautabak bestand.

Apropos Morning Drinks, Corpse Reviver, also die Leichenerwecker, ist ein älteres Semester unter den Cocktail-Genres: Dazu gehören Bloody Mary, Prairie Oyster genauso wie Morning Glory Fizzes. Diese sind auch als pick-me-up-Cocktails, Hangover-Drinks oder Katerfrühstück bzw. Katerdrinks bekannt.

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Hier bereitet Wolfgang Bogner den Corpse Reviver No. 2 zu.
20 ml Orangenlikör
20 ml Gin (klassisch, Wacholder-dominant wie z.B. Breil)
20 ml Weinaperitif (Wermuth)
20 ml Zitronensaft frisch
05 ml Absinth
Shaken mit viel Eis. Abseihen in eine Cocktailschale ohne Eis. Garnitur: Zitronenzeste

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Cock (Hahn) Tail (Schwanz) wird in einigen Quellen auch mit der bunten Federpracht des Hahns mit den ersten Verwendungen von farbigen Spirituosen und Likören in Verbindung gebracht.

Wie dem auch sei, die Begrifflichkeiten der Mixgetränke, auch wenn das hier und dort suggeriert wird, sind nicht klar abzugrenzen. 

Cocktail: Typischerweise ein alkoholisches Mischgetränk aus mehreren Zutaten mit mindestens einer Spirituose, die im Shaker, Rührglas oder direkt im Cocktailglas gemixt werden. Im Prinzip könnten nahezu alle Mixdrinks auf der Basis von alkoholischen Getränken, von Longdrink bis Shortdrink, als Cocktails bezeichnet werden.

Longdrink: «Lang» bzw. «verlängert» ist das Stichwort, denn auch ein Longdrink ist ein Cocktail. Es bezeichnet eine eher einfache Variante des Cocktails mit grösserem Volumen. Üblicherweise werden Eis und die Spirituose(n) in das Glas gegeben und aufgefüllt mit Saft, Limonade, Soda etc. Dazu gehören Mojito, der auch ein Smash ist), Cuba Libre, Tequila Sunrise, Screw-Driver, Whisky-Cola und last but not least der antiprohibitive Superbörner aus den USA: Long Island Iced Tea. Eine Legende besagt, er soll während der Prohibition 1919 bis 1932 entstanden sein und durch den Schuss Cola wie ein alkoholfreier Iced Tea aussehen. Hinein kommen so ungefähr je zwei Fingerhoch von den klaren «big four» - weisser Rum, Wodka, Gin und Tequila. Dazu kommt noch ein je Fingerhoch Triple Sec Curaçao (Orangen-Likör und Limettensaft, klassischerweise ein Schuss Zuckersirup, welcher in modernen Varianten eher nicht mehr hineinkommt. Aufgegossen wird in einem mit Eiswürfel gefüllten Longdrink- bzw. Iced-Tea-Glas, der verbleibende Rest Luft nach oben, ca. ein Fingerhoch, wird aufgefüllt mit Cola. Okay, den Tequila Sunrise (Tequila, Orangensaft, Grenadinesiurp) als Londrink nicht zu nennen, wäre fahrlässig.

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Highball: Die Abgrenzung zum Longdrink ist nicht eindeutig und oft umstritten. Eine Spirituose wird mit einem kohlsäurehaltigen Getränk aufgefüllt. Scotch an Soda aus der US-Bar-Szene der 1950er Jahre ist wohl als Ursprung zu werten. Heute sind Chartreuse Tonic, Paloma (Tequila, Grapefruit-Limonade, Limettensaft) und natürlich Gin Tonic die Highball-Super-Klassiker … hier zeigen sich dann die Abgrenzungsschwierigkeiten: Whiskey Cola wäre ja auch ein Highball und Gin Tonic ein Longdrink.

Shortdrink: Bezieht sich auf die Begrenzung des Volumens eines Cocktails von maximal 7 cl, meist aber etwa 5 cl. Im Grunde sind die meisten klassischen Cocktails Shortdrinks. Das Paradigma des Shortdrinks ist der Margarita (Tequila, Zitronensaft, Zuckersirup, der Rand des Cocktailglases wird angefeuchtet und in Kristallzucker getaucht) oder Tequila Daisy, wie er früher hiess. Soll er als Sour durchgehen, wird der Zuckersirup alternativ durch Triple Sec und/oder Orangenlikör ersetzt.

Kurze, Shooter, Shot, Stamperl: Alkoholhaltiges Getränk vom 2 bis 4 cl, die in der Regel «ge-ext», also in einem Zug getrunken wird. Es kann sich um ein Mixgetränk handeln, z.B. Mexikaner (Tequila, Tomatensaft, Tabasco, Salz, Pfeffer, Sangrita), B52 (im Glas drei optisch abgegrenzte Spirituosen-Schichten – abgeleitet vom der US-Langstreckenbomber B52), Orgasmus (auch Screaming Orgasm, Oberbegriff für Shots auf der Basis von Sahne und/oder Sahnelikör, Spirituose). Als Shots werden unter anderem aber auch sortenreine Spirituosen und Liköre bezeichnet.

Sling: Damit wurde partiell im 18. und 19. Jahrhundert eine Spirituose bezeichnet, die mit Wasser verdünnt und mit Zucker gesüsst wurde. Das hatte seinen Ursprung im Umstande, dass damals gelagerte Spirituosen kaum geniessbar waren – Brenntechnik, absichtlich oder unabsichtliches nicht Abtrennen des Vorlaufs oder mutwilliges Zusetzten von Methanol, um das Ethanol zu strecken sowie der oft generell unwissende und/oder unsorgfältige Umgang mit den Produkten war ein unablässiger Quell des Fusels. 

Aperitif: Alkoholisches Getränk, das den Appetit anregen soll. Oftmals Süssweine wie z.B. Portwein oder Sherry aber auch Anis-Getränke oder Absinth und Cocktails auf deren Basis.

Digestif: Alkoholisches Getränk, das die Verdauung fördern soll. Oftmals Bitter- und Kräuterschnäpse.

Flipps und Eggnogs: Alkoholhaltige Getränke auf der Basis von Brandwein und Ei. Flipps enthalten nur Ei und sind oft aufgeschäumt und weisen oft den Touch einer Weinschaumsauce (Sabayon) auf. Eggnogs sind wie Eiercognac mit Milch und/oder Sahne aufgemixt und homogen.

Bowle: Mischgetränk auf der Basis von Weisswein, Perlwein oder Schaumwein in Verbindung mit verschiedensten Zutaten wie Waldmeister, Erdbeeren etc., die im Wein für eine gewisse Zeit eingelegt werden.

Cobbler: Kleingeschnittene Früchte, die mit Fruchtsaft, Mineralwasser, Wein oder Schaumwein aufgegossen werden.

Colada: Weisser und/oder brauner Rum in Verbindung mit Kokosnusscreme, der mit einer Frucht aufgemixt wird.

Punsch: Kommt aus Indien. Jawoll. Und dort wird das auch im Sommer gern getrunken, allerdings ohne Alkohol. Wie Curry und Mulligatawny wurde Punsch von den Engländern geklaut. Das heisse Mischgetränk beinhaltet traditionellerweise fünf Zutaten (Punsch auf Hindi = fünf): Zitrone, Tee, Zucker, Wasser, Gewürze. Es waren angehörige der British East India Company, die das Rezept nach England mitnahmen, adaptierten und an die hiesigen Bedingungen anpassten. Damit es nach dem Zufügen des Alkohols, meist der Zuckerrohrschnaps Arrak, immer noch fünf Zutaten sind, werden Wasser + Gewürze zu einer Zutat zusammengewürgt.

Tropicals: Farbenfrohe Mixgetränke, reich garniert mit tropischen Früchten.

Die Aufzählungen, Einteilungen und Abgrenzungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sind in willkürlicher Reihenfolge aufgeführt.