Was Studierte über Studierende an Universitäten herausfinden, interessiert bedauerlicherweise Bildungsverantwortliche aus dem Handwerklichen Umfeld meist herzlich wenig. Das gegenseitige Nasenrümpfen konnte auch «Bologna» nicht beseitigen.
Es ist ein oft zu beobachtender Umstand, dass Verantworltiche im Bereich der Berufsbildung und Weiterbildung auf Biegen und Brechen eine Form der Digitalisierung, nämlich das digitale Ersetzen analoger Lehrmittel, durchzusetzen wollen. Der vielfach gepredigte grosse Nutzen dieses Ersetztens ist eine mehrheitlich herbeigeredete also fiktive Wirklichkeit, die nicht nur jeder Grundlage entbehrt, sondern die längst mehrfach repräsentativ und qualitativ widerlegt wurden.
Aber warum ist das so? Hierbei lassen sich lediglich nicht untersuchte Thesen zu den «Digitalen Dränglern» aufstellen. Sie …
… sehen in der Digitalisierung, eine Möglichkeit, sich selbst ein Denkmal zu setzen.
… verstehen Digitalisierung nicht bzw. die missverstehen sie grundlegend.
… hegen eine Grundlegende Aversion gegen das Analoge-Lesen oder gegen Bücher.
… blenden andere Meinungen, gesammelte Erfahrungen und repräsentative Studien aus.
… hoffen, aktives lernen durch passive digitale Berieselung ersetzen zu können.
… etc.
Da nützt aber alles nichts
Keine der bekannten Studien kommt zum Schluss, dass digitales Lernen und Lesen besser, effektiver und schon gar nicht beliebter ist, als analoges Lernen und Lesen – weder bei Kindergärtnern noch bei Studierenden an Universitäten.
Eine Vielzitierte Studie ist die Interventionsstudie mit 147 Kindergartenkindern.
Ein Forschungsteam um den Ulmer Psychologen Professor Markus Kiefer und die Biologin Dr. Petra Arndt hat untersucht, wie sich Schreibwerkzeuge auf den Lernerfolg bei der Alphabetisierung von Vorschulkindern auswirkt. Verglichen und untersucht wurden drei Gruppen:
Eine Gruppe hat mit Papier und Bleistift gearbeitet.
Eine Gruppe hat auf einem Tablet einen Digitalen Stift benutzt.
Eine Gruppe hat auf einem Tablet mit einer virtuellen Tastatur gearbietet.
Auf IDW – Informationsdienst Wissenschaft die Zusammenfassung der Ergebnisse:
Welches Schreibzeug würde in der Ulmer Vorschul-Studie den Lernerfolg beim Lesen und Schreiben Lernen am besten unterstützen? „Die Ergebnisse haben uns in Teilen auf jeden Fall überrascht“, sagt Carmen Mayer, Erstautorin der jüngst im Fachmagazin Frontiers in Psychology veröffentlichten Studie. (…) Für die Studie wurden die Jungen und Mädchen der drei Vergleichsgruppen spielerisch trainiert, 16 Buchstaben zu lernen und daraus gebildete kurze Wörter zu lesen und schreiben. Während die Stift & Papier-Gruppe insbesondere bei der Buchstabenerkennung vorne lag und die visuell-räumlichen Fähigkeiten stärker verbesserte, schnitt die Tastatur-Gruppe beim Lesen und Schreiben ganzer Worte besser ab, vor allem im Vergleich zu dem Training mit dem digitalen Stift auf dem Tablet Touchscreen. Was den Einsatz des digitalen Stiftes angeht, hätten die Ulmer Forscher erwartet, dass diese Gruppe besser abschneidet, als dies faktisch der Fall war. „Wir vermuten, dass die rutschige Bildschirmoberfläche den Kindern zu viel Aufmerksamkeit abverlangte und damit den Lernerfolg geschmälert hat“, so Kiefer. Und auch wenn die Studie klare Unterschiede zwischen den Gruppen finden konnte, waren diese klein und nicht immer statistisch signifikant. Das Fazit: „Man kann auf jeden Fall sagen, dass das Schreiben mit Stift und Papier mit den meisten Vorteilen und den wenigstens Nachteilen verbunden ist. Außerdem ist dieses klassische Schreibwerkzeug im Vergleich zu digitalen Schreibgeräten günstiger und technisch weniger störanfällig“, stellt Professor Markus Kiefer fest.
Deutlich ist die Studie mit über 10'000 Stundierenden «Vorlieben und Verhalten von Universitätsstudenten weltweit in Bezug auf akademische Leseformate: Eine vergleichende Umfrageanalyse» zu der auf dem Blog der PHZH unter vielen geschrieben wird:
E-Reader, Smartphones und Laptops sind längst zu einer Alternative für das Lesen gedruckter, analoger Texte geworden – sollte man meinen. Aber ist das wirklich so? Eine Befragung von mehr als 10‘000 Studierenden, denen man eine gewisse Affinität zum digitalen Lesen unterstellen sollte, lässt Zweifel aufkommen. Der Grundtenor der internationalen Befragung lautet nämlich: Im Zweifelsfall tendiert die deutliche Mehrheit dazu, Texte in Lernsituationen lieber analog zu lesen statt digital.
Das lässt sich mit einem Fazit unterstreichen, das sich ebenfalls aus der Studie ergibt: Analoge Texte sind verständlicher.
Verschafft man sich einen Überblick über alle Studien, wird eines mehr als deutlich. Es ist die Mischform, die es ausmacht und dabei geht es um die Digitalen Wege wie digital unersetzbar analoge Inhalte transportiert werden. Die heutige Form der Digitalisierung macht Analoge Inhalte und das Lernen dieser mobil. Nicht mehr und nicht weniger. Wer wissen und verstehen will, muss lesen. So oder so.
Zu den Lernerfolgen gibt es einen Sachdienlichen Kommentar/Artikel in der Neuen Züricher Zeitung - «Die Wichtigkeit von Wiederholungsschleifen – das Tablet ist eine zweischneidige Bildungsrevolution.» hier wird mit Verweis auf zahlreiche Studien überdeutlich: «In mittlerweile unzähligen Studien konnte gezeigt werden, dass die Mitschrift von Lerninhalten mit Papier und Bleistift allen Formen digitaler Notizen in vielfacher Hinsicht überlegen ist – egal, ob das Keyboard, das Tablet oder das Smartphone zum Einsatz kommt.»
Für Bildungsbeauftrage wäre es eine grundlegende Voraussetzung, all diese Studien, die auf handfesten Erfahrungswerten beruhen, gelesen zu haben, um dieses Wissen in die Weiterentwicklung der Ausbildungsformen zu integrieren. Allerdings scheitert diese Tatsache am Paradoxon, dass digitale Analphabeten die Digitalisierung unbedingt vorantreiben und mit ihrer Lautstärke die dienliche Sachbezogenheit übertönen.
Doch wie sagt der Volksmund so treffend: Lautstärke ist kein Argument.
Das was heute unter Digitalisierung verstanden wird, ist, besehende Inhalte Online zugänglich zu machen. Nicht mehr und nicht weniger. Im Grunde verhält es sich ähnlich mit der künstlichen Intelligenz KI. Alles was heute als KI bezeichnet wird ist keine KI, da diese in den heutigen Formen mehr oder weniger vom Menschen beeinflusst wird. Erst wenn ein Digitales System vollständig ohne Menschliches Zutun lernen, entscheiden und handeln kann, wird es sich um echte künstliche Intelligenz handeln. Und dann wird KI wie jede Intelligenz sein, sie will immer mehr wissen und immer mehr verstehen.
Aus dieser Perspektive betrachtete wird der einzige wirkliche Sprung zu digitalem Lernen dann erreicht sein, wenn die technischen Möglichkeiten derart entwickelt sind, dass ein menschliches Hirn Content und sogar Fähigkeiten uploaden kann. Davon sind wir glücklicherweise noch weit entfernt.