Mirepoix? Ja, ja. Was das ist, wissen alle: Ein in grobe Würfel geschnittenes Gemüse. Vornehmlich Wurzel- und Knollengemüse. Zwiebeln, Karotten, Knollensellerie, Petersilienwurzel etc. Knoblauch darf auch dazu, wenn erwünscht. Lauch eher nicht und wenn, dann erst nach einem allfälligen Röstprozess da Lauch beim Anbraten unerwünschte Bitterstoffe entwickelt.
Mirepoix ist heute eine Röstgemüsemischung. Die Schnittgrösse der Würfel richtet sich nach der Zubereitung bzw. nach der Garzeit. Eine behelfsmässige Richtgrösse kann beispielsweise der Daumennagel sein.
Je nach Zubereitungsart soll das Mirepoix die Aromen unterschiedlich entwickeln. Bei schwacher Hitze andünsten, im Fett anrösten oder trocken rösten, so dass vorher die Oberflächen austrocknen bevor sich Farbe bildet: Jedes Verfahren lässt ein Mirepoix anders schmecken und für jede Art gibt es eine Verwendung.
Das ist ein Mirepoix? Echt? Ganz sicher? Heute ja, aber nicht ausschliesslich...
Das oben beschriebene Mirepoix entspricht der Praxis unserer Gegenwart. Wiederspiegelt allerdings nur geringfügig, was es einmal war.
Die oft kolportierte Geschichte hinter dem Mirepoix betrifft den Herzog von Mirepoix Gaston Pierre de Lévis (1699 bis 1757). Er soll das Röstgemüse gerne aufgegessen haben sagen die einen, dessen Koch soll die Methode des Mirepoix angewendet haben, sagen die einen, z.B. Wikipedia (Maison de Lévis, Mirepoix) sagt:
«Die Röstgemüsemischung trägt den Namen von Gaston Pierre de Lévis, Herzog von Mirepoix (1699–1757), Marschall von Frankreich 1757 unter Ludwig XV., dessen Koch diese Methode erstmals dokumentiert anwandte.»
Geht man dann diesem Begriff DOKUMENTIERT ANWANDTE nach, führt Wikipedia als Quelle «Anna Maria Wehinger (Verf.), Susanne Neier (Hrsg.): Dornbirner Kochbuch. Köstlichkeiten der Vorarlberger Küche. BoD, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8370-4716-5, S. 285, 296 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche)» auf. Hä? Ein Dornbirner Kochbuch als Quelle für den Koch des Herzogs von Mirewpoix? Das ist der Nachteil von Wikipedia, wenn Stümper einen solchen Schmarren verfassen.
Zu finden sind allenfalls noch Aussagen vom grossen Lexikographen Pierre Larousse (1817 bis 1845), allerdings gibt er selbst auch keine Quellen an, als er zum Thema zu seinen Lebzeiten zu Protokoll gab dass der Koch des Herzogs das sautierte Gemüse sozusagen als Grundlage für seine Kochkunst verwendete.
Tatsächlich ist vorderhand Nichts von alledem dem Nachweisbar. Vielleicht schon, doch dafür müssten man beispielsweise in ein Staatsarchiv in Mirepoix hinuntersteigen und in ziemlich viel altem Papier blättern und das nur in dem, was die Revolution übrig liess, als der französische Adel zwischen 1789 und 1799 nieder gemacht wurde.
Wie dem auch sei, man kann sich zum Beispiel die hypothetische Frage stellen, wieso der Herzog von Mirepoix allenfalls das Mirepoix gerne gegessen haben könnte oder wieso sein Koch das so zubereitet haben könnte. Das lässt sich eigentlich ganz gut zurück verfolgen. Das tun wir mal mit den zwei berühmtesten Köchen chronologisch rückwärts: Auguste Escoffier (1846 bis 1935) und Marie-Antoine Carême (1784 bis 1833). Für Escoffier war da Mirepoix einerseits bereits im heutigen Sinne ein Aroma gebendes, grob gewürfeltes Röstgemüse das allerdings je nach Verwendung immer noch mit Schinken oder Brustspeck versetzt war. Andererseits bereitete er ein ausgesprochen feinwürfeliges gedünstetes und ausgedünstetes Mirepoix zu, das er trocken dazu verwendete, Saucen und Gerichten Geschmack zu geben.
Bei Carême sind die ersten Aufzeichnungen zu mire-poix (seine Schreibweise) zu finden. Er bereitet diese mit Kalbfleisch, Schinken und Gemüsen zu und nimmt letztentlich die durch aus und einkochen entstandene Essenz, um Saucen und Gerichte «à la mire-poix» zur aromatisieren und fertig zu machen. Bei Carême kommt, und das ist ebenfalls eine dominante Eigenheit, Fleisch von Zitronen in alle seine mire-poix.
Hier lässt sich erahnen, weshalb der Herzog von Mirepoix allenfalls das, was vom mire-poix übrig blieb, gerne gegessen haben könnte: geröstetes Kalbleisch und Speck mit Gemüse in Weisswein und Brühe ausgekocht und das mit einer zitronigen Note.
Wir haben ihnen die Rezepte von Escoffier (Kochkunstführer, dt. Ausgabe) und Carême (L’art de la cuisine française du 19e Siecle, fr. Ausgabe nachfolgend aufgeführt. Die Übertragungen vom Französischen ins Deutsche sind dabei ausdrücklich eine Interpretation von Romeo Brodmann. Wer damit nicht einverstanden ist, kann es ja selber übersetzen.
August Escoffier schreibt im Kochkunstführer (1903), dt. Ausgabe:
MIREPOIX - RÖSTGEMÜSE
«Die Bestandteile sind gleich wie bei der Matignon (Anm.: Mit Schinken und den Gemüsen) mit dem Unterschied, dass man sie in mehr oder weniger kleine Brunoise (würfelig) schneidet, je nach ihrer Bestimmung, und dass der Schinken durch mageren in Würfel geschnittenen blanchierten Brustspeck ersetzt werden kann. Das Gemüse wird mit Butter angeschwitzt.»
FEINE MIREPOIX (BORDELAISER MIREPOIX)
«Die Grosse Mirepoix, die man gewissen Zubereitungen hinzufügt, um ihnen den nötigen aromatischen Ton zu geben, wird gewöhnlich im letzten Augenblick bereitet. Das gilt jedoch nicht für die Bordelaiser Mirepoix, deren man sich für Krebse und Hummer bedient und die folgendermassen zubereitet wird: Man schneidet so feinwürfelig wie möglich 125 g Karottenrot, ebensoviel Zwiebel, 30 g Petersilienwurzel und fügt etwas pulverisierten Thymian und Lorbeerblatt hinzu. Dann wird alles in einer kleinen Kasserolle mit 50 g Butter langsam gedünstet, bis es vollständig weich isst, in eine Schüssel gegeben, mit einer Gabel festgedrückt und mit gebuttertem Papier zugedeckt. Anmerkung: Um eine noch feinere Mirepoix zu erhalten, kann man die Bestandteile feinhacken. Es ist jedoch dann nötig, dass man sie in einem Tuch stark ausdrückt, um das Wasser zu entfernen, das während der kurzen Zubereitung nicht ausdünsten kann. Wenn dieses Wasser in der Mirepoix bliebe, würde es sie bei längeren Aufbewahren zum Schimmeln und Gären bringen.
Marie-Antoin Carême schreibt in L’art de la cuisine française du 19e Siecle (1833):
MIRE-POIX
Fleisch aus der Unterspälte des Kalbsstotzens, mageren Bayonner Schinken, Karotten, Zwiebeln in grosse Würfel schneiden und in einem Topf in Butter anschwitzen. Petersilienstängel, Champigons, Schalotten, etwas Knoblauch, Lorbeerblatt, Thymian, Basilikum, Gewürznelken und Muskatblüten und etwas grob zerstossenen Pfeffer (Mignonnette) zugeben und mitdünsten. Nachdem alles auf kleinere Flamme leicht angeröstet wurde, wird das filetierte und entkernte Fleisch von Zitronen, Fleischbrühe oder Consommé sowie etwas guten Weisswein zugegeben, so, dass alles Zutaten knapp bedeckt sind. Sodann lässt man das Mirepoix zwei Stunden lang köcheln, giesst es dann durch ein Passierttuch unter grossem Druck ab. Diese Flüssigkeit, bei der sich sich im Grunde um eine Essenz handelt, wurde von Carême zum Würzen von Vorspeisen für à la mire-poix verwendet.
Coupez en gros dés deux livres de ruelle de veau, une livre de lard gras, une de maigre de jambon de Bayonne , quartre carottes et quatre gros oignons coupés aussi en dés ; passez le tout dans une casserole avec une livre de beurre dîsigny , du persil en branches , un maniveau de champignons , deux échalottes àmincées , un rien d’ail , une feuille de laurier , un peu de thym et de basilic , deux clous de girofle , unpeu de macis et de mignonnette ; le tout étant à peine roussi sur un feu doux , vous y joignez la chair de deux citrons épépinés et coupés minces , trois grandes cuillerées de bouillons on de consommé , et un verre de bon vin blanc ; faites mijoter la mire-poix pendant deux heures et la passez avec pression par l’étamine. Servez-vous de cet assaisonnement pour les entrées susceptibles d’être préparées é la mire-poix.
MIRE-POIX A LA LAGUIPIERRE
Mageren Schinken, weisser Rückenspeck in kleine Würfel schneiden und in einem Topf in viel Butter anschwitzen. Wenig Basilikum, Thymian, Lorbeer und Muskatblüte, zwei Gewürnelken, etwas zerstossener Pfeffer, gehackte Schalotten, wenig Knoblauch zugeben und mitdünsten. Das filetierte und entkernte Fleisch von Zitronen, gehackte Champigons ebenfalls zugeben und mitdünsten. Sobald es etwas angeröstet ist, mit Weisswein ablöschen und auffüllen, so dass alle Zutaten gerade so bedeckt sind. Zwei Stunden lang auf kleinem Feuer köcheln lassen. Anschliessend unter Druck durch ein Passiertuch abpassieren un die Essenz auffangen.
Coupez en petits dés douze onces de maigre de jambon et douze onces de lard gras ; passez-les dans une casserole sur un feu doux , en y joignant huit onces de beurre fin , un fragment de basilic , de thym , de Laurier , de macis , deux clous girofle , un peu de mignonette , deux échalottes émincées , un rien d’ail , la chair de deux citrons épépinés et un maniveau de champignon émincéees ; remuez la mire-poix avec la cuillère ; dès qu’elle commence à vouloir se roussir , vous y joignez un verre de bon vin blanc , mijoter pendant deux heures ; puis vous la passez avec pression par l’étamine , afin d’en obtenir la quin tessence.
OBSERVATION
Dieses Mirepoix wird für Vorspeisen von Tauben, Putenflügeln, Ballotinen von Geflügelkeulen, kleinen Kaninchen und anderen Vorspeisen verwendet, manchmal auch für Poularden und Hühner, je nach den Soßen, die man dafür bestimmt hat.
Die beiden oben genannten Verfahren zur Zubereitung von Mire-Poix unterscheiden sich von der Zubereitung in der Pfanne nur durch die Zugabe von Champigons und Weißwein, der manchmal Champagner, Madeira, Malaga oder sauterne sein kann, je nachdem, wofür das Mirepoix verwendet wird.
Cette mire-poix sert pour les entrées de pigeons innocents, les ailerons de dindon , les cuisses de volaille en ballotine , les petits cannetons et autres entrées , et quelquefois aussi pour les poulardes et poulets , suivant les sauces auxquelles on les destine.
Les deux procédés énoncés si dessus pour la preparation de la mire-poix ne different de celle de la poêle que par l’adition des Champigons et du vin blanc , qui quelquefois est du champagne , du madère , du malaga ou du sauterne , selon l’emploi auquel nous la destinons.
BLANC (mire-poix)
Fett vom Rind und Speckwürfel in kleine Würfel schneiden und bei schwacher Hitze in einem Topf in Butter andünsten. etwas Lorbeer, Thymian, Basilikum, Muskatblüte, zerstossener Pfeffer, Salz und das kleingeschnittene Fruchtfleisch von enkernten Zitronen zugeben und mitdünsten. Das Mirepoix darf keine Farbe annehmen. Mit soviel Wasser auffüllen, dass die Zutaten knapp bedeckt sind, zwei Stunden kochen, anschliessend durch ein Passiertuch unter Druck abpassieren. Carême merkt an, dass einige Köche etwas Weissmehl in das mire-poix blanc geben, was er allerdings als unnötig und nich angemessen bezeichnet, das es nicht den Grundsätzen enspricht.
Eminceez une livre de graisse de boeuf et une de parures de bardes de lard ; passez-les sur un feu doux dans une casserole , en y joignant quatre onces de beurre fin , un bouquet assaisonné d’une demi feulle de laureier , un peu de thym , de basislic , de macis , et deus clous de girofle , ajoutez une pincée de mignonette, un peu de sel , et la chair de deux citrons émincés don’t vous avez extrait les pépins. Passez cet assaisonnement sur un fourneau modéré sans le faire roussir , puis vous y joignez de lêau en quantité suffisante pour en masquer les objets destines à cuire dedans. Quelques cuisiniers ajoutent un peu de farine dans le blanc : cela est inutile et ne convient point , n’étant pas dans les principes.
MIREPOIX, DAS STÄDTCHEN UND DIE REGION
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Mirepoix ist auch eine malerische Gemeinde im Département Ariège in der Region Okzitanien. Sie liegt im Pyrenäenvorland und hat etwa 3.120 Einwohner. Die Stadt blickt auf eine reiche Geschichte zurück, die bis ins 13. Jahrhundert reicht. Heute ist Mirepoix ein regionales Handels-, Handwerks- und Dienstleistungszentrum.
Kulinarisch liegt Mirepoix sowohl in der Hauptregionen der Foie Gras Produktion Midi-Pyrénées als auch noch knapp im Hoheitsbereich des Cassoulet Languedocien, dem herzaften Eintopf aus weissen Bohnen, Wurst, Schweinefleisch oder Ente. Wirklich bekannt ist Mirepoix für seine tourte de Mirepoix, einer mir Fleisch und Gemüse gefüllten Pastete.