KOCHKUNDE: Der Kardonengratin zu Weihnachten. Oder doch als Ceviche mit Lakritze?
Die Kardone ist festtagsbezogen in Genf, weil sie historisch mit den Hugenotten verknüpft, saisonal im Winter verfügbar und kulturell mit Weihnachten und der Escalade verbunden ist. Sie ist nicht nur ein Gemüse, sondern ein Symbol für Genfer Eigenart und Festkultur.»
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Text: Romeo Brodmann | Bild: Unsplash, Tomoyo S
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1 kg Genfer Cardon argenté épineux de Plainpalais, wie bei der Rhabarber die Haut von oben nach unten abziehen. Idealerweise besorgen Sie sich ein paar dornenfeste Gartenhandschuhe. Verzweifeln Sie nicht und bedenken Sie, dass ein geübter Arbeiter in einer Stunde etwa sieben Kilogramm schafft. Haben Sie die Stängel geschält, schneiden Sie sie so in Stücke, wie diese benötigt werden (Rechtecke, Rhomben etc.), und geben Sie die Stücke in zuvor bereitgestelltes Eiswasser: zwei Drittel Eis, ein Drittel Wasser. Wenn alle Stängel gerüstet, geschnitten und im Eiswasser sind, zwei- bis dreimal wild durchmischen und stehen lassen, damit allfällig mitgewanderte Dornen sich absenken können. Die Kardonen herausnehmen, gut abtropfen, in einen garfesten Vakuumbeutel geben, wenig salzen, 1 dl Milch zugeben, vakuumieren, verschweissen und bei 85 °C im Wasserbad 2,5 Stunden garen. In Eiswasser abschrecken und abkühlen.
Für die Sauce den Beutel aufschneiden und den Saft auffangen, Milch auf 2,5 dl ergänzen. 15 g Butter schmelzen, 10 g Mehl zugeben und schwitzen lassen. Die Mehlschwitze muss weiss bleiben. Den Milch-Kardonensaft zugeben, verrühren und langsam zum Kochen bringen. Mit wenig weissem Pfeffer aus der Mühle würzen. 1,5 dl Vollrahm zugeben und mitkochen. Alles zusammen mindestens 10 Minuten köcheln lassen, damit das Mehl vollständig aufquellen, die volle Bindungskraft entfalten kann und sich der Mehlgeschmack verliert. Zum Schluss 1 dl Vollrahm sehr steif schlagen, unterziehen, mit Salz abschmecken und mit 20 g Butter aufmontieren.
Die abgetropften Kardonen in wenig Butter kurz sautieren und leicht salzen – Achtung, den Salzgehalt mit der Sauce abstimmen. Die Kardonenstücke in einer Gratinform anordnen. Ich empfehle eine flache Schicht mit wenig Sauce zu überdecken, anstatt eine Gratinform dick zu füllen und mit viel Sauce zu übergiessen. Wobei Portionenweise mit der Sauce und wenig Käse verheiratet und einem klein wenig Thymian auch nicht falsch ist. So oder so, anschliessend bei 220 °C unter dem Grill/Salamander gratinieren und Farbe nehmen lassen.
Ich empfehle vorderhand keinen Käse und keinen Muskat, sondern nur Salz und wenig weissen Pfeffer, damit die Kardonen nicht überdeckt werden und zur Geltung kommen.
Wenn es ein bisschen mutiger sein soll, hier einige andere Ansätze:
- Sous-vide-Kardone in Milch mit Matchaschaum auf der Basis eines Milchaufgusses. Mit einer Espuma, aromatisiert mit Parmesan oder weissem Trüffel, ist das dann schon fast banal – aber irre gut.
- Kardonen-Tatar → roh, fein gehackt, entweder säurebetont, z. B. ganz dezent mit Yuzu, oder dann umamibetonend mit Miso und Sesamöl.
- Kardonen-Ceviche → blanchiert, in Limettensaft und Chili mariniert. Funktioniert natürlich hervorragend mit einem klassischen Ceviche.
- Und sonst so? Kardonen und Granatapfelkerne? Oder ein Versuch in Kombination mit dunklem, dickem Bier (Guinness)? Oder mit Lakritze?
