Bild: rb | Rehrücken
Wie welche Stücke beispielsweise verwendet bzw. zubereitet werden können:
Kurzbraten, Grillieren, Braten im Ofen oder am Rost, Hellbraundünsten:
Rücken, ganz oder in Teilstücken
Keule, (alle vier, ohne Hachsen, ganz oder in Teilstücken
Niere
Leber
Schmoren:
Hachse (alle vier)
Hals
Pochieren, Kurzbraten oder frittieren:
Hoden
Hirn
Sieden, Schmoren:
Zunge
Herz
Kutteln, Pansen
Gehacktes, Hack oder als Ragout (Pfeffer)
Schulter, Fleischabschnitte
Fonds (z.B. Brauner Rehfond) und Saucen (z.B. Demiglace vom Reh):
Knochen, Sehnen, Parüren
Blut (binden der Sauce)
Beilagen:
Blutspätzle, Blutklösse
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Geht es um den Jamón Iberico de Bellota ist es für Alle scheinbar klar wie Klossbrühe. Die Iberischen Schweine in Spanien leben in freier Weidehaltung in den lichten Eichen- und Korkwäldern (Dehesas). Ihr Futter suchen sie weitgehend selber. Wenn gefüttert wird sind Eicheln angesagt. Die Eichelmast (Montanera) findet vor allem im Herbst und Winter statt. Diese Art der Haltung führt zu einem wohlschmeckenden Fleisch mit nussigen Nuancen. Das weniger fette und kompakte Muskelfleisch bildet sich mit dem Pökeln und Trocknen letztendlich zu dieser sagenhaften Textur aus. Beim Reh interessiert es die wenigsten, ob es ein im Wald geschossenes, wildlebendes Reh ist oder ob das Tier aus der Zucht stammt und geschlachtet wurde.
Rehfleisch ist im Herbst eine Massenwahre aus der Zucht, denn die hiesige Jagd kann den Bedarf längst nicht mehr decken. So geht es überhaupt nicht um die Frage, was ist gut und was ist schlecht, sondern um Bewusstsein. Es interessieren sich schlichtweg immer weniger Köche für Wildfleisch aus hiesiger Jage, auch weil der Pfeffer im 10 Lt Eimer oder der Rehrücken Tk so easy zu bestellen sind.
So würde es sich also lohnen, den Versucht zu starten, bei einem Jäger ein Reh zu bestellen. Es ist nicht selbstverständlich, diesen Zugang zu erhalten. Es setzt voraus, dass man sich dafür interessiert und engagiert. Man weiss schon, dass es sich gelohnt hat, wenn das Reh in der Decke (im Fell) im Kühlraum hängt. Wer dann das Tier aus der Decke schlägt (abhäuten), zerwirkt (zerlegen) und alles zu verwerten beginnt, wird den Respekt gegenüber dem Tier unweigerlich entwickeln und die Verwertung und Zubereitung mit anderen Augen betrachten. Das hat auch mit dem Nachdenken an sich zu tun, was man mit welchem Teil tut, wie die verschiedenen Teile als Menu-Komponenten zubereitet und in Speisen miteingebaut werden können.
Bedauerlicherweise weiss heute kaum mehr ein Koch, wie man ein Reh aus der Decke schlägt und zerlegt. Aber man könnte ja den Metzger um Hilfe bitten, sofern man noch einen aus dieser aussterbenden Berufsgattung kennt.
Doch was hat es mit der Konsistenz des Fleisches auf sich?
Nahrung und Bewegung
Wildlebende Rehe ernähren sich im Wald von Kräutern, Tannenknospen, Rinde, Moos, Flechten, Wald- und Magergräsern. Und natürlich grasen sie auch schon mal auf einer fetten Wiese. Doch insgesamt ist die Ernährung wildlebender Tiere arm an Fetten und reich an Nährstoffen, was zu einem mageren Fleisch führt. Zudem sind wildlebende Rehe als sogenannte Fluchttiere ständig in Bewegung und auf der Hut vor Fressfeinden, was ihre Muskeln stärkt.
Im Gegensatz dazu grasen Zuchtrehe auf Wiesen mit fettem Gras, bekommen Heu und manchmal sogar Nahrungsergänzungsmittel. Tatsächlich enthalten Fette Gräser (z.B. Rotschwingel, Wiesenrispengras, Wiesenschwingel und auf stark gedüngten Wiesen sehr viel Löwenzahn) mehr Fette bzw. Triglyceride. Deshalb führt diese Ernährung zu einem fetterem Fleisch. Zuchtrehe sind auch weniger aktiv, was zu mehr Fettgehalt und teilweise einer etwas weniger kompakten Muskelmasse führt.
Wissenschaftliche Untersuchungen
Verschiedene Studien und Betrachtungen (nachfolgend unter Quellen) zeigen, dass Wildfleisch im Durchschnitt einen höheren Eisengehalt und mehr Omega-3-Fettsäuren enthält als Zuchtfleisch. Dies liegt daran, dass Wildtiere mehr Bewegung haben und sich von natürlicher Nahrung ernähren. Ein Artikel von Wildlieb beschreibt, dass Wildfleisch umweltschonender und gesünder ist als Fleisch von Zuchttieren. Die Bewegung in freier Wildbahn führt zu mehr Muskelmasse und einem höheren Eisengehalt, was das Fleisch zarter und geschmackvoller macht.
Apropos Eisen. Wer ein Reh bestellt, bittet darum (nicht fordern, bitten, denn der Aufbruch also die Innereien gehört oft dem Jäger bzw. werden diesem von den Jagdgesellschaften überlassen), Leber, Niere und das aufgefangene Blut ebenfalls zu erhalten. Das alles lässt sich sehr gut eingeschweisst vakuumieren und einfrieren, besser noch schockgefrieren. Es gibt nichts besserer, als die Demiglace für das Reh aus den Rehknochen zu ziehen und mit dem Blut des Rehs zu binden.
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Quellen:
Zur Reproduktion der Rehwildpopulation Capreolus c. capreolus: Eine wissenschaftliche Arbeit aus dem Wildforschungsgebiet Hakel, die die Fortpflanzung und Ernährung von Rehwild untersucht.
https://www.opendata.uni-halle.de/bitstream/1981185920/94852/1/hercynia_volume_19_2423.pdf
https://www.srf.ch/wissen/gesundheit/ist-fleisch-aus-dem-wald-gesuender-als-fleisch-aus-dem-stall